Der Göttinger Verleger Gerhard Steidl wurde mit dem Photographic Publishing Award 2021 der Royal Photographic Society ausgezeichnet. Die Jury würdigt mit diesem Preis die "bedeutende Leistung als Verleger zeitgenössischer Fotobücher und eines umfangreichen deutschen Literaturprogramms, und als Kurator internationaler Ausstellungen."
Die Feier zur Verleihung konnte pandemiebedingt in diesem Jahr nicht stattfinden. In seiner Videobotschaft sagte Gerhard Steidl: "Diesen Preis zu bekommen, war eine kleine Überraschung. Ich fühle mich geehrt und freue mich sehr über diese Auszeichnung. Die Preise werden von Experten vergeben, nominiert werden die Kandidaten vom Publikum – und das macht mich besonders stolz. Denn es zeigt, dass die Menschen, die Steidl Bücher kaufen und lesen, ihnen einen Platz in ihren Buchregalen geben, glücklich sind mit dem was wir tun. Der Preis ist ein Ansporn auch weiter Bücher zu machen und sie in alle Ecken dieser Welt zu liefern!"
Der Royal Photographic Society Award wird seit 143 Jahren verliehen und ist nicht nur der älteste sondern auch einer der renommiertesten Fotografie-Preise. Die 18 Preiskategorien umfassen verschiedenste Bereiche von klassischer Fotografie bis zu Neuen Medien, Wissensvermittlung und Kuratierung. Unter den Preisträgern in diesem Jahr sind: Katie Bouman, Bruce Davidson, Zelda Cheatle, Vanley Burke, Mitra Tabrizian, Phoebe Boswell, Tyler Mitchell und Gerhard Steidl. In der Jurybegründung heißt es: "Die Preisträger des Jahres 2021 erzählen bemerkenswerte Geschichten und ihr Werk bezeugt die Kraft der Fotografie, Veränderungen zu anzuregen, anzustoßen und voranzutreiben, sei es im persönlichen, sozialen und kulturellen Bereich.
Die Royal Photographic Society, die Ihren Sitz heute in Bristol hat, wurde 1853 in Großbritannien gegründet, mit dem Ziel "die Kunst und Wissenschaft der Fotografie zu fördern". Schirmherrin der Wohltätigkeitsorganisation ist in der Nachfolge von Königin Elisabeth II seit 2019 Catherine, Herzogin von Cambridge. Die Gesellschaft hat seit Beginn Fotografien gesammelt und verfügt heute über eine er wichtigsten fotografischen Sammlungen der Welt. Seit 1853 gibt die RPS eine eigene Zeitschrift heraus The Photographic Journal.
Gerhard Steidl legte mit 17 das Abitur ab und gründete kurz darauf, 1968, seinen eigenen Verlag. Er richtete in Göttingen eine Siebdruckwerkstatt für Druckgrafik und Plakate ein. 1970 begann die Zusammenarbeit mit Klaus Staeck.
1972 erschien das erste Buch im Steidl Verlag: "Befragung der documenta". 1974 wird Gerhard Steidl als Siebdruckmeister in die Handwerksrolle eingetragen. Die ersten politischen Sachbücher erscheinen. Anfang der achtziger Jahre folgen Literatur, Kunst- und Fotografiebände, seit 1989 gibt es ein Taschenbuchprogramm. 1986 erscheint das erste Buch von Günter Grass im Steidl Verlag ("In Kupfer, auf Stein"), und seit 1993 hält Steidl die Weltrechte am Werk des Nobelpreisträgers. 1993 beginnt auch die Zusammenarbeit mit Karl Lagerfeld, die im Jahr 2000 zur Gründung des Imprint-Verlags Edition 7L und im Jahr 2010 zur Gründung von L.S.D. (Lagerfeld Steidl Druckerei) führt.
1996 hat Steidl sich entschieden, sein Gespür und seine Leidenschaft für Fotografie in einem eigenen Fotobuchprogramm umzusetzen – mit internationaler Zielrichtung. Der Verlag hält die Weltrechte an den Büchern und vertreibt sie in mehr als 40 Ländern. Inzwischen veröffentlicht Steidl das größte Buchprogramm zeitgenössischer Fotografie und ein ambitioniertes Literaturprogramm.
Darüber hinaus konzipiert und kuratiert Gerhard Steidl, der 2019 von Architectural Digest in die Liste der 200 most influential designers of the world aufgenommen wurde, Fotografieausstellungen weltweit. Als erstem Nicht-Fotografen wurde Gerhard Steidl 2020 der Preis für „Herausragende Leistungen für Fotografie” der Sony World Photography Awards verliehen. Im selben Jahr erhielt er den Gutenberg-Preis der Internationalen Gutenberg-Gesellschaft in Mainz e.V. und der Stadt Mainz. 2021 wurde Steidl mit dem Großen Verdienstkreuz des Landes Niedersachsen ausgezeichnet. Der Verlag erhielt im selben Jahr den "Deutschen Verlagspreis" der Bundesregierung Deutschland.
Steidl ist außerdem Initiator und Gründungsdirektor des Kunsthaus Göttingen, das im Frühjahr 2021 eröffnet wurde.