DGPh Initiative in der Eröffnungswoche des Fotofestivals in Arles
„Eine wunderbare Idee der DGPh diesen Treffpunkt zu organisieren!“ kommentierte Eckart Bartnik im Gästebuch der DGPhxLeica-Galerie in Arles. Und Juliane Rückriem fand es „eine schöne Bereicherung des Festivals“. Die Rencontres d‘Arles hatten in dieser Eröffnungswoche vom 3. bis 9. Juli 2023 sensationelle 19 500 Besucher. Das Festival mit über vierzig Ausstellungen läuft noch bis in den September, viele zusätzliche Präsentationen, wie auch die der DGPh in Kooperation mit Leica, sind nur Anfang Juli zu sehen. Mit dem Ferienbeginn in Frankreich und der Sommerhitze über der Camargue eigentlich nicht die ideale Reisezeit, aber eben Tradition seit mehr als fünfzig Jahren.
Die meistdiskutierten Ausstellungen sind jene auf dem Luma-Gelände: „Diane Arbus: Constellation“ und „Gregory Crewdson: Eveningside“. Mit enormem Aufwand produziert Crewdson Varianten des Motivs von einer Frau ohne Unterhose depressiv in den Wald oder wahlweise in ein Ambiente starrend. Den „Crewdson-Gaze“ sah man auf Socialmedia sogleich als Parodie.
Gar nicht im Programm der Rencontres aufgeführt ist übrigens die auf dem Luma-Gelände befindliche Ausstellung von Carrie Mae Weems.
Große Erwartungen weckt sicherlich eine Wim Wenders-Ausstellung, die sich dann umso enttäuschender als klein und wenig aussagekräftig erweist. Immer ein optischer Leckerbissen ist Saul Leiter, dem im Palais de L’Archeveché mehrere Räume gewidmet sind. Sein Mut, zu Zeiten als Farbfotografie noch richtig aufwändig und teuer war, zwei Drittel des Bildes eine schwarze Fläche abzubilden, macht einfach gute Laune.
Nicht unwitzig und ungeheuer selbstreferentiell: die Arbeiten der Finnin Emma Sarpaniemi in der Eglise Saint-Anne „Selbstporträts als Cindy“, von denen eines auch das Festival-Erkennungsmotiv wurde. Eine passende Bildmarke auch, weil gerade die jüngeren Positionen vielfach doch sehr verkopft daherkommen, was durch die Begleittexte dann noch getoppt wird.
Fotografie als Investment ist der Hintergrund der Diane Arbus-Ausstellung. Da wurden alle 454 Proof-Prints, die Neil Selkirk nach Arbus Tod 1971 für den Arbus Estate gefertigt hat, aufgekauft, ohne sichtbare Logik durchnummeriert und an Metallstreben montiert. Wichtiges Ausstellungselement sind die Spiegel: Besucher sehen sich selbst als Teil der Welt von Diane Arbus – dürfen aber diesen perfekten Insta-Moment nicht festhalten, denn das Fotografieren ist in der Ausstellung streng verboten. Ein guter Effekt der weder chronologischen noch thematischen Präsentation: Arbus wird hier nicht, wie in den ersten Bildbandpublikationen, auf eine Freak-Show festgelegt, sondern es spiegeln sich ihr Interesse, ihre Neugier. Im Begleitheft hätte man sich gleichwohl etwas mehr Aufarbeitung gewünscht als einen beschreibenden Bildtitel mit Jahreszahl.
Klassische, noch dazu preisgekrönte Dokumentarfotografie in der DGPhxLeica-Galerie war dazu dann durchaus ein Gegengewicht, das immerhin von über 500 Besuchern gerne angesehen und gelobt wurde. Kuratiert hatte die Ausstellung Karin Rehn-Kaufmann (Leica) mit Inas Fayed (LFI). Für die Produktion und Organisation sorgte DGPh-Vorstand Daniel Oschatz (Oschatz Visuelle Medien), der das ganze wagemutige Projekt eines DGPh-Treffpunktes in Arles angeregt und perfekt organisiert hat, inklusive seiner Werkstudentin Lotta Bingel. Deren Aufgabe war es unter anderem, Besucher*innen vor der steilen Treppe ins Untergeschoss des historischen Gebäudes zu warnen.
Es ließ sich jedoch niemand abhalten, die dortigen Arbeiten von Herlinde Koelbl und Rafael Heygster anzusehen – oder sich einfach etwas abzukühlen. Ganze Studentenklassen kamen in die kleine Galerie in absoluter Toplage zwischen dem Eisladen mit den längsten Warteschlangen und dem Festivalzentrum. Viele internationale Gäste, zum Beispiel aus Südamerika, sahen die Exponate von Pepa Hristova und Ana Maria Arévalo Gosen.
Der abendliche Umtrunk war speziell für DGPh-Mitglieder eine geschätzte Einrichtung, um die Eindrücke des Tages zu besprechen und sich zu einer der zahlreichen weiteren Events oder zum Essen zu verabreden. „Katakomben und Rosé“ fand Fotograf Thomas Sandberg eine gute Kombination. Manfred Linke hofft auf eine Fortsetzung der DGPh-Präsenz im nächsten Jahr.