Barbara Klemm ist in einem künstlerischen Umfeld aufgewachsen, der Vater Fritz Klemm war Maler und lehrte als Professor an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe. Auch ihre Mutter Antonia, Gräfin von Westphalen war Künstlerin. Mit 15 Jahren begann Barbara Klemm eine Photographenlehre im Karlsruher Porträtatelier von Julie Bauer. Nach ihrer Gesellenprüfung ging sie nach Frankfurt am Main und arbeitete in der Klischeeherstellung und im Photolabor der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Ihr Kollege Wolfgang Haut war für Klemm Vorbild und inspirierte sie, photojournalistisch tätig zu werden. Mit ihrem Mann Leo Hilbert ging sie auf die Studenten-Demonstrationen der späten 1960er-Jahre und entdeckte am Puls der Zeit ihr Talent zu photographieren. Um gute Bilder zu machen, müsse man sich ein Stück weit aus dem Geschehen zurücknehmen, so beschreibt Klemm ihre Arbeitsweise in einem Interview von FotoTV 2014. Sie wurde zu einer genauen Beobachterin, die diskret im Hintergrund zu bleiben schien, um im Vordergrund agieren zu können. Ein Photo Klemms, das in das kollektive Gedächtnis der deutschen Nachkriegszeit eingegangen ist, zeigt Leonid Breschnew und Willy Brandt 1973 bei Gesprächen in Bonn. Es geht um eine Annäherung im Kalten Krieges und die Photographin ist außergewöhnlich dicht am Geschehen.
Neben Aufträgen in Deutschland reiste Klemm für die FAZ um die Welt. Als die Mauer fällt, ist sie glücklicherweise im Land. Am 4. November 1989 macht sie Aufnahmen von der Demonstration auf dem Alexanderplatz. Am 10. November fliegt sie morgens mit der ersten Maschine von Frankfurt nach Berlin und photographiert den ganzen Tag bis in die Nacht. Sie ist mitten im Getümmel, schafft es über die einzige Leiter weit und breit auf die Mauer zu kommen und hält die ausgelassene Stimmung fest. Es entstehen beeindruckende Bilder. So erfasst sie z.B. Willy Brandt aus der Vogelperspektive in der Menge. Es ist der Tag, an dem sich für den Kanzler der Ost-West-Verständigung der Kreis seines Einsatzes für die Deutsche Einheit schließt. Für Brandt wie auch für Klemm begann dieser Prozess 1973 mit den Gesprächen mit Breschnew und endete 1989 an der offenen Mauer. Im gleichen Jahr erhielt die Photographin den Dr. Erich Salomon-Preis der DGPh – ein Preis, der den Namen eines Mannes trägt, der gleichermaßen nahe am Geschehen einzigartige Augenblicke verewigte.
Sandra Abend