„Lieber Herr Koshofer“, schreibt im November 1987 L. Fritz Gruber in einer Notiz an den Generalsekretär der DGPh, „ich würde mich sehr freuen, wenn Sie meine kleine Ansprache zu ‚25 Jahre Deutscher Jugendfotopreis‘ im nächsten DGPh-Intern wiedergeben könnten. Nachdem nun auch der ‚photokina‘-Jugendfotopreis still eingegangen ist, dürfte der von dem Jugendministerium ausgeschriebene doppelt wichtig werden.“ Im Mitteilungsblatt der DGPh bleibt die „kleine Ansprache“ allerdings unerwähnt. Ob sie vielleicht doch zu lang war? Schwer zu sagen. Indessen: das Archiv verliert nichts, und so findet sich darin die Rede, sorgsam abgeheftet.
L. Fritz Gruber, der 1961 den Deutschen Jugendfotopreis mit-initiierte, bis 1987 für die DGPh in der Jury mitwirkte, und auch danach mit seiner Frau Renate regelmäßig die Preisverleihungen besuchte, die ab den 1990er-Jahren auch wieder auf der photokina stattfanden – was war für ihn das Besondere an diesem Wettbewerb, das er in seiner Rede hervorhebt?
„Dreierlei: Anstatt sich passiv von den visuellen Medien berieseln zu lassen, veranlaßt er junge Menschen, sich selbst aktiv dokumentarisch und schöpferische zu betätigen; er lehrt sie, ihre Umwelt bewußt wahrzunehmen und sich mit ihr zu beschäftigen, indem sie diese anvisieren und fixieren; er befähigt sie, die vielen Photographien, von denen sie täglich angesprochen werden, aus Kenntnis der photographischen Praxis kritisch zu bewerten und hinter ihre sichtbare Fassade sehen zu können.“
Mit seinem Photofilm „Wir zwei“, einer artifiziellen Bild-Ton-Collage, gestaltet Gruber aus den Einsendungen der ersten Wettbewerbsjahre ein besonderes Zeitdokument. Als eine Reminiszenz und Wertschätzung seiner Zugewandtheit zur jungen Photographie und zum Deutschen Jugendfotopreis versteht sich das 2021 in Kooperation mit der DGPh ausgeschriebene Wettbewerbsthema „Wir – Was uns verbindet“. Zugleich wird es spannend sein zu sehen, wie sich die Darstellung von Beziehungen zwischen Jugendlichen in den letzten Jahrzenten verändert haben.
Die kulturelle Bedeutung der Photographie bietet vielfältige Perspektiven für die weitere Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kinder- und Jugendfilmzentrum, das den Wettbewerb konzipiert und veranstaltet. Dieser Wettbewerb ist „mit keinen fremden Absichten belastet. Er ist allein der Förderung des bildhaften Ausdrucksvermögens junger Menschen gewidmet“, so L. Fritz Gruber in seiner damaligen Ansprache. Daran hat sich im Grundsatz bis heute nichts geändert.
Jan Schmolling