Das Medium ist relativ neu; die Fragen, die dort verhandelt werden, sind es erst einmal nicht. In einem Brief, der vermutlich am 11. Januar 1964 gesendet wurde, weist L. Fritz Gruber den Geschäftsführer der DGPh auf eine Diskussionsrunde hin, die wenige Tage später in der ARD ausgestrahlt werden soll. Das Thema: „Kann Photographie Kunst sein?“; die Teilnehmer: fünf Herren, zu denen neben Gruber ein Kulturdezernent, ein Ordinarius für Kunstgeschichte, der Art Director Willy Fleckhaus und ein Hochschuldozent gehören.

Brief von L. Fritz Gruber an Marian Schwabik
Brief von L. Fritz Gruber an Marian Schwabik

Über den Status der Photographie zu debattieren, ist Männersache. In dieser Hinsicht gibt es keine Veränderungen seit dem 19. Jahrhundert, als entsprechende Fragen immer wieder Gegenstand von Umfragen und Stellungnahmen sind und die Antworten von prominenten Künstlern oder Publizisten zu Protokoll genommen werden. Frauen machen Photos, einige von ihnen jedenfalls, aber sie werden bis auf weiteres nicht zu den Diskussionen gebeten, auch nicht, als ab 1950 mit dem Ersten Deutschen Fernsehen eine neue Öffentlichkeit etabliert wird.

Programm der Tagung „Photographie und Fernsehen“, 1.–3. Juni 1967 im Stadtmuseum München
Programm der Tagung „Photographie und Fernsehen“, 1.–3. Juni 1967 im Stadtmuseum München

Dass sich ein paar Jahre später (noch) nicht die Geschlechterverhältnisse, immerhin aber die Fragen verschoben haben, dokumentiert ein Programm zur Eröffnung dreier Ausstellungen am 1. Juni 1967, von denen eine den Titel „Photographie und Fernsehen“ trägt und durch ein Programm der „Vorführung ausgewählter Filme und Fernsehsendungen“ sowie die Vorstellung einschlägiger Anwendungsfelder ergänzt wird. Der Blick, so viel ist dem Programm zu entnehmen, ist pragmatischer grundiert, das heißt: mit der Verwendung von Photos im televisuellen Kontext befasst – als „Bildnachricht und Beleg“, als „Dekoration und Bühnenbild“ oder, mit „Photos als gestalterisches Mittel der Programm-Vorankündigung und Programm-Verbindung.“

Karl Stankiewitz: „Oma warnt von Schockfarben. Fernsehen und Fotografie“, in: Kölner Stadtanzeiger, 3./4. Juni 1967
Karl Stankiewitz: „Oma warnt von Schockfarben. Fernsehen und Fotografie“, in: Kölner Stadtanzeiger, 3./4. Juni 1967

Kurz: An der Photographie interessiert hier, wozu man sie gebrauchen kann. Nicht mehr ihr Status als Kunst oder Nicht-Kunst oder als „art moyen“, wie sie beinahe zeitgleich in einer Studie von Pierre Bourdieu genannt wird. Und wenn es doch einmal um ästhetische Fragen geht, richtet sich das Interesse vor allem auf den Umgang mit Farbe, die im Fernsehen dieser Zeit als eine zwiespältige Attraktion erscheint: technisch innovativ, aber auch der allzu plakativen Wirkung verdächtig, weshalb die Photographen, so berichtet es eine Rezension im Kölner Stadtanzeiger, auf einmal als Farbexperten entdeckt werden, von denen für die Gestaltung von TV-Bildern noch viel zu lernen sein könnte.

Stefanie Diekmann