Mehrere Reisen kreuz und quer durch Deutschland mit meinem alten Dieselauto. Die Termine mussten zuvor per Brief und Telefon abgestimmt werden, da war es von Vorteil, private Kontaktadressen der Professor*innen zu haben. Die Recherchen für die DGPh-Publikation Fotografie-Studium in Deutschland waren im Vor-Internet-Zeitalter aufwendig, boten aber sehr interessante Einblicke und Begegnungen. Unvergesslich das Treffen mit Prof. Floris M. Neusüß (1937–2020) an der Gesamthochschule Kassel. Er wollte partout nicht, dass das Gespräch aufgezeichnet wird, erzählte dann aber sehr ausführlich vom Fotoforum an der Hochschule, seinem Forschungsschwerpunkt Photogramm und dass er keinesfalls von Studierenden „nachgeahmt“ werden möchte. An der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig waren gerade sechs Photographie-Professuren neu besetzt worden, die Atmosphäre geprägt von Umbruch und Neubeginn. 1993 feierte die HGB „100 Jahre Fotografie“ an der Hochschule, zu den illustren Gästen zählte der Photograph und Filmemacher Robert Frank (1924–2019). An der Kunstakademie Düsseldorf klappte es nicht mit einer persönlichen Begegnung mit Prof. Bernd Becher (1931–2007), wir telefonierten ausführlich und die Studierenden zeigten mir den schlichten Raum der Klasse Becher. Der damalige Tutor Matthias Koch organisierte im Anschluss ein Treffen in einem benachbarten Lokal. Auf offene Türen stieß ich an der Fachhochschule Bielefeld; vor allem Prof. Gottfried Jäger (*1937) unterstützte die Publikation maßgeblich, hatte er doch 1969 für die DGPh die Broschüre Ausbildungswege zur Fotografie realisiert. An der Gesamthochschule Universität Essen hielt mich Prof. Jürgen Klauke (*1943) für eine Studienanwärterin und begrüßte mich auf dem Flur mit „Haste ‘nen Termin?“
Anfang der 1990er-Jahre waren die meisten Photo-Professuren männlich besetzt, zu den eindrücklichen Ausnahmen zählten Angela Neuke (1943–97) und Inge Osswald (*1938), beide an der GHS Essen. In der Summe der Begegnungen wurde klar, wie sehr ein Studium von der Persönlichkeit der Lehrenden geprägt ist. Und wie unterschiedlich das Medium Photographie verstanden werden kann.
Immer häufiger war von „Kunst“ die Rede, aber es gab auch klar „angewandte“ Studiengänge. Grenzen fließend. Die Wahl des Studienortes ist seit jeher entscheidend und mit der bald ausverkauften Publikation Fotografie-Studium in Deutschland hat die DGPh wie schon 1969 und 1984 Orientierung geboten. Heute gibt es diese Informationen auf der Website: https://dgph.de/foto-studium
Anna Gripp