Das Schriftstück, datiert auf den 18. Juni 1963, verweist auf Aktivitäten und Vorgänge rund um die DGPh aus dieser Zeit. Zwei davon sind besonders beachtenswert, zeigen sie doch die Akzeptanz und Möglichkeiten der Photographie im kulturellen Kontext ihrer Zeit an. L. Fritz Gruber, der seinerzeit Schriftführer sowie Vorsitzender der Sektion Bild war, schlägt der Gesellschaft einen bemerkenswerten Ankauf vor: 34 Originale der Photographin Julia Margaret Cameron sind angeboten, zu einem Gesamtpreis von 1.500 Pfund. Aktuell entspricht dies rund 1.700 Euro, was einen damaligen Preis von um die 100 D-Mark pro Abzug ergibt. Da sich in der Sammlung der DGPh (Bestand Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur) keine Arbeiten von Cameron befinden, scheint der Ankauf nicht zustande gekommen zu sein.

Schriftstück von L. Fritz Gruber vom 18. Juni 1963 Archiv der Deutschen Gesellschaft für Photographie, Köln
Schriftstück von L. Fritz Gruber vom 18. Juni 1963 Archiv der Deutschen Gesellschaft für Photographie, Köln

Im Schriftstück erwähnt sind des Weiteren Beaumont Newhall und Fritz Kempe, die beide ebenfalls Interesse an einem Erwerb zeigten. Newhall – Kulturpreisträger 1970 – war Anfang der 1960er Jahre Direktor des International Museum of Photography im George Eastman House in Rochester, USA, in dessen Sammlung sich tatsächlich ein umfangreiches Konvolut von Photographien Julia Margaret Camerons recherchieren lässt (collection.eastman.org). Eine Anfrage beim dortigen Department of Photography im Juli 2021 hat ergeben, dass sich im Cameron-Bestand keine entsprechende Provenienz feststellen lässt.

Kempe – Kulturpreisträger 1964 –, für den wohl nur einzelne Motive in Frage gekommen wären, war für das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe tätig. Auch in der dortigen Sammlung sind Photographien von Cameron ausgewiesen, allerdings mit anderer Provenienz (Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg).

Eine weitere für die Rezeption des Mediums Photographie in der bildenden Kunst interessante Information bezieht sich auf die Documenta III, 1964. Der künstlerische Leiter Arnold Bode plante für sie eine photographische Abteilung, angelehnt an die Schau „Große Photographen dieses Jahrhunderts“ auf der Photokina 1963. Diese Präsentation war von einer internationalen Jury zusammengestellt worden, der u.a. auch L. Fritz Gruber angehörte.
 

Schriftstück von L. Fritz Gruber vom 18. Juni 1963 Archiv der Deutschen Gesellschaft für Photographie, Köln
Schriftstück von L. Fritz Gruber vom 18. Juni 1963 Archiv der Deutschen Gesellschaft für Photographie, Köln

Wie das nebenstehende Dokument ausweist, sollte Gruber für die Documenta III ein entsprechendes Ausstellungskonzept erarbeiten. Er ist dem wohl nachgekommen, allerdings hat sich das Vorhaben schlussendlich nicht realisieren lassen (vgl. Ulrich Pohlmann: Kultur, Technik und Kommerz. Die photokina-Bilderschauen 1950–1960, Köln 1990, S. 107). Erst die Documenta V (1972) und VI (1977) haben die Photographie auch mit Blick in deren Geschichte als eigenständiges künstlerisches Medium gewürdigt.

Claudia Schubert