Am 10. November 1985 erhielten Bernd und Hilla Becher den Kulturpreis der DGPh. Die überreichte Urkunde bezeugt: „Durch diese Auszeichnung ehrt die Deutsche Gesellschaft für Photographie sie für ihr gemeinsames Werk, die Architekturen des Industriezeitalters fotografisch dokumentiert zu haben.“

Dr. Hans Scheurer hielt die Laudatio zum Festakt und betont die enorme Schaffenskraft des seit 1959 gemeinsam arbeitenden Künstlerpaars: „Aus Leidenschaft wurde ein Lebenswerk, das künstlerisch und enzyklopädisch beispiellos ist.“ Und dabei sei hinzugefügt, dass beide 1985 ihr Werk längst noch nicht abgeschlossen hatten, sondern es noch gut zwei Jahrzehnte fortsetzen konnten – Bernd Becher verstarb 2007, Hilla Becher, geb. Wobeser, 2015.

Unzweifelhaft besticht das Werk durch seine vielseitig konsequente Umsetzung eines sich früh abzeichnenden methodischen Konzepts und eines Motivspektrums, das sie schrittweise auf nationaler und internationaler Ebene weiterentwickelten. Bechers Ansichten aus der Bergbau- und Montanindustrie – Förder-, Wasser- und Kühltürme, Gasbehälter und Kalköfen – erhielten durch ihre sachlich aufzeichnende Dokumentation und typologische Bildzusammenstellungen eine bedeutende ästhetische Wirkung.

Braunschweiger Zeitung, 5. November 1985, Archiv der DGPh
Braunschweiger Zeitung, 5. November 1985, Archiv der DGPh

Als die erste retrospektive Ausstellung 1967 ausgehend  von der Neuen Sammlung, München bis in die USA tourte, berichtete Hilla Becher bereits von 2.500 Negativen, die sie erarbeitet hätten und führte die Grundideen und Vorgehensweise ihrer photographischen Arbeit in der Zeitschrift Industrial Archaeology – The Journal of the History of Industry and Technology (Bd. 5, Nr. 4, Nov. 1968) aus: „Fördertürme, Aufbereitungsanlagen, Kühltürme, Maschinenhäuser, Ansichten vollständiger Bergwerksanlagen“ usw. werden als zu erarbeitende Klassifizierungen angegeben. Die photographische Tätigkeit mit der Großbildkamera war dabei weniger auf gestalterische Eingriffe der beiden Bildautor*innen konzentriert als auf die optimalen Bedingungen, die die Aufnahme der bildbestimmenden, sich auf die Filmschicht projizierenden Formensprache der Motive ermöglicht. Eine ganz eigene Art der „schöpferisch-unschöpferischen“ Photographie sollte daraus hervorgehen, eine Photographie, der das Sammeln und Vergleichen der Motive inhärent ist und die für zahlreiche Blickrichtungen, sei es aus der Geschichte, der Technik, der Wissenschaft oder der Kunst, ein hohes Potential bietet.

Als Bernd und Hilla Becher im Winter 1985 den Kulturpreis erhielten, war dies eine Krönung ihrer vielen beispielhaft aktiven Arbeitsjahre, die im fast pausenlosen Wechsel ihrer Tätigkeiten verliefen: zwischen Reisen auf den Spuren industrieller Bauten, Dunkelkammerarbeit und der Vorbereitung von Publikationen und Ausstellungen, einbedacht auch die Lehrtätigkeit von Bernd Becher an der Kunstakademie Düsseldorf zwischen 1976 und 1996. Im speziellen Jahr lagen u.a. drei Stationen ihrer Museumsausstellung „Fördertürme, Chevalements, Mineheads“ in Essen, Paris und Lüttich hinter ihnen sowie mehrere Galerien- und Gruppenpräsentationen in Marburg, Lüttich und New York. Photographische Arbeiten führten sie in speziellem Jahr in Belgien, Frankreich und Luxemburg aus.

Gabriele Conrath-Scholl