True love wall, Gateshead, Tyneside | Chris Killip
True love wall, Gateshead, Tyneside | Chris Killip

Mit dem renommierten Dr. Erich Salomon-Preis zeichnet die Deutsche Gesellschaft für Photographie (DGPh) in diesem Jahr den britischen Photographen Chris Killip aus. Damit würdigt die Gesellschaft eine herausragende Photographenpersönlichkeit ebenso wie ein bedeutendes Werk in der Tradition der großen humanistisch dokumentarischen Photographie. 50 Jahre lang setzte er sich als erstklassiger Photograph, als Kurator und Kritiker sowie von 1991 bis 2017 im Rahmen seiner Lehrtätigkeit an der Harvard University Cambridge Massachusetts, USA, nachhaltig für die Emanzipation und die Vermittlung der Photographie ein. Seine Publikationen, entstanden zwischen 1980 und 2020, gehören zu den beeindruckendsten der Photographie-Literatur. Ohne Killip wäre ein großes Stück britischer Kultur- und Mentalitätsgeschichte unentdeckt geblieben. Seine Photographien und Bildreihen sind kostbare Berichte und Sinnbilder, die den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel von Großbritannien beleuchten. Sie reihen sich in der Geschichte der Photographie neben jene der großen, unverzichtbaren Meister ein und erweisen sich für viele weitere Photograph*innen und Künstler*innengenerationen als inspirierende Vorbilder.

Chris Killip, 1946 in Douglas auf der Isle of Man geboren, nahm 1969 seinen Weg in die Tätigkeit als freiberuflicher Photograph auf. Seine frühesten Bilder haben seine Heimat, die Isle of Man, zum Thema. Sie dokumentieren bereits in aller Dichte die photographische Stilsicherheit Killips und seine respektvolle Neugier, seine Feinfühligkeit und seine Aufmerksamkeit, die er den Menschen in ihrem Alltag entgegenbringt und umgekehrt die selbstverständliche Akzeptanz der Porträtierten gegenüber dem Photographen, der mit ihnen direkt oder indirekt in Dialog tritt. Dabei ist Chris Killip die Darstellung des gesamten Lebensraums wichtig: das komplette Gefüge aus Landschaft, Ortschaften, Klima, letztlich den grundsätzlichen und vitalen Rahmenbedingungen, die die Existenz der Menschen betreffen. Diese Bildsprache applizierte Killip auch auf zukünftige Bildzyklen.

Bemerkenswert sind entsprechend Killips zahlreiche Buchpublikationen wie Isle of Man (1980), In Flagrante (1988), Pirelli Work (2003), Here comes Everybody (2009), Seacoal (2011), Arbeit/Work (2012), Isle of Man Revisited (2015), In Flagrante Two (2016) und The Station (2020). Diese entstanden oftmals erst mehrere Jahre nach Beendigung der photographischen Arbeit nach einem intensiven Reifungsprozess. Chris Killip appelliert nachdrücklich, dass seine Bilder – die bei allem Realitätsbezug auch eine übergreifende allgemeingültige Aussage beinhalten - immer wieder neu und individuell gelesen werden sollen.

Chris Killip erhielt seit den 1970er-Jahren bedeutende Preise, darunter 1977 den Arts Council of Great Britain Major Bursary Award, 1989 den HCB Award der Fondation Henri Cartier-Bresson und 2020 den Dr. Erich Salomon-Preis der DGPh.

Werke finden sich in internationalen Sammlungen u. a. im Center for Creative Photography, Tucson; Fine Arts Museum of San Francisco; George Eastman House, Rochester; J. Paul Getty Museum, Los Angeles; Museum Folkwang, Essen; Museum of Fine Art, Houston; Museum of Modern Art, New York; National Gallery of Art, Washington; National Gallery of Australia, Canberra; Reina Sofia Museum, Madrid; Tate Gallery Collection, London; The Stedelijk Museum, Amsterdam; Victoria & Albert Museum, London.

Die Preisverleihung wird aufgrund der derzeitigen Pandemie online stattfinden. Weitere Informationen folgen.

Der Dr. Erich Salomon-Preis der Deutschen Gesellschaft für Photographie wird seit 1971 als Auszeichnung einer "vorbildlichen Anwendung der Photographie in der Publizistik" verliehen. Er dient zugleich dem Andenken an den großen Photographen der Weimarer Republik, Dr. Erich Salomon, dem der moderne Bildjournalismus starke Anregungen verdankt. Der Preis besteht aus einer Urkunde sowie einer Leica-Kamera mit Namensgravur und wird jährlich verliehen. Unter den Preisträgern befinden sich Printmedien, Organisationen und Fernsehschaffende sowie Persönlichkeiten, die sich um die Photographie in der Publizistik verdient gemacht oder im Bildjournalismus Herausragendes geleistet haben, wie der Stern (1971), Robert Frank (1985), Barbara Klemm (1989), Reporters sans Frontières (2002), Letizia Battaglia (2007) oder Josef Koudelka (2015).

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