Dr. Pia Parolin © Heike Hahn
Dr. Pia Parolin © Heike Hahn
Wie sind Sie zur Fotografie gekommen?

Durch die Begeisterung meines Vaters, der mir nicht nur die Technik, die Freude, sondern auch den speziellen Blick durch den Sucher beigebracht hat. Seit meiner Erstkommunion und ersten Kamera hat mich die Fotografie nie mehr losgelassen. Zunächst jahrzehntelang zur wissenschaftlichen Dokumentation eingesetzt, fokussiere ich heute meine Fotografie auf die künstlerische und konzeptionelle Visualisierung mir wichtiger Themen.

Welcher Bereich der Fotografie ist aktuell am wichtigsten für Sie?

Ich verbringe viel Zeit mit Streetfotografie und mit dem speziellen Blick durch den Sucher und der ewigen Frage: was schließe ich im Bild mit ein, was klammere ich aus? Das dient der Freude, dem Austausch und als Grundlage für die Bücher, die ich über Softskills in der Fotografie schreibe.

Als habilitierte Biologin und Wissenschaftlerin beschäftige ich mich damit, wie ich die Möglichkeit nutze, durch Fotografie Emotionen zu transportieren, um auf bestimmte Themen und Missstände aufmerksam zu machen. Drei Jahrzehnte Forschung in Amazonien und vielen anderen spannenden Gebieten der Erde bringen eine gewisse Ernüchterung mit sich. Was tragen meine 200+ wissenschaftlichen Publikationen und Bücher wirklich dazu bei, dass Ökosysteme geschützt, Zerstörung und Ausbeutung vermindert werden, der Klimakrise entgegengewirkt wird und Menschen ein besseres Leben haben? In der Biologie finde ich keine Antworten mehr. Die künstlerische und konzeptionelle Fotografie hingegen hält noch viele Ansichten und Antworten bereit, die ich auf effizientere Weise zur Bevölkerung weiter leiten kann, als durch wissenschaftliche Studien, die in geschlossenen Kreisen verbleiben.

Welches fotografische Projekt würden Sie in Zukunft gerne umsetzen?

Ich arbeite am Thema Süßwasser und Menschen. Damit bringe ich meine beiden Berufe zusammen, Biologie und Fotografie. Als Ökologin mit Schwerpunkt auf Süßwasser-Systemen und der Nutzung von Überschwemmungsgebieten durch den Menschen beobachte ich Anpassungen und Veränderungen, Übernutzung und Resilienz. Speziell mit Frauen habe ich bereits begonnen, Interviews zu führen, Fotoreportagen zu machen, die speziell Positives wie Resilienz und Lösungen hervorheben. Das Projekt reift weiter in meinem Kopf und ich freue mich über Austausch.

Nennen Sie uns zwei bis drei Fotobücher oder fotografische Arbeiten, die Sie besonders beeindruckt haben.

1.   Anastasia Samoylova und ihr Projekt FloodZone, Deutsche Börse Photography Foundation Prize 2022
2.   Alec Soth – Sleeping by the Mississippi
3.  Fred Pearce – Water Lands: A vision of the world’s wetlands and their people

Welche historische Persönlichkeit der Fotogeschichte hätten Sie gerne kennen gelernt?

Susan Sontag. Zu gerne hätte ich mich mit ihr darüber auseinandergesetzt, was Fotografie heute bedeutet, in Zeiten von Instagram, Snapchat und Tiktok. Überhaupt finde ich, dass Philosophie und Fotografie eng miteinander verbunden sind und ihre Synergie neue Sichtweisen eröffnen.
 

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