DGPh Foto-Gala am 12.10.2024 im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg © Finn Jahnke
DGPh Foto-Gala am 12.10.2024 im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg © Finn Jahnke

Am Samstag, den 12. Oktober 2024, fand im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg die zweite DGPh Foto-Gala statt. Mit dem renommierten Kulturpreis 2024 ausgezeichnet wurde der Gestalter, Drucker und Verleger Gerhard Steidl, die Fotografin und Professorin Andrea Diefenbach erhielt für die empathische Darstellung prekärer Lebenssituationen in östlichen Ländern im Rahmen von persönlichen Fotoprojekten den Dr. Erich Salomon-Preis.

Außerdem ausgezeichnet wurden: Mit dem DGPh-Bildungspreis 2024: Das NEXT! Festival der Jungen Photographie sowie mit dem Otto-Steinert-Preis. DGPh-Förderpreis für Fotografie die Dokumentarfotografin Aliona Kardash. Zwei Anerkennungen erhielten die norwegische Fotografin Andrea Gjestvang sowie die Fotografin Shirin Abedi.

Die Verkündung der Preisträger*innen des Kulturpreises und des Dr. Erich Salomon-Preises fand erst am Abend der Verleihung statt. Charmant, klug und unterhaltsam moderiert wurde die Foto-Gala von von dem Kulturredaktuer Ulf Pape, Stefanie Hempel, Singer Songwriterin und Erfinderin der musikalischen Beatles Tour aus Hamburg, sorgte für eine wunderbare musikalische Begleitung des Abends.

Wir danken dem Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg für die Gastfreundschaft.

Dr. Erich Salomon-Preis an Andrea Diefenbach © Finn Jahnke
Dr. Erich Salomon-Preis an Andrea Diefenbach © Finn Jahnke
Dr. Erich Salomon-Preis an Andrea Diefenbach

Mit dem renommierten Dr. Erich Salomon-Preis zeichnet die Deutsche Gesellschaft für Photographie (DGPh) 2024 die Dokumentarfotografin Andrea Diefenbach aus. Damit würdigt sie die besondere Hinwendung der Fotografin zu wenig beachteten prekären Lebenssituationen in östlichen Ländern, speziell in dem kleinen Land Moldawien, und deren Vermittlung in unaufgeregten Bildern.  

„Diefenbach zeichnet sich durch einen empathischen Blick auf die Welt aus. Sie erzählt ruhig und unaufgeregt Geschichten von Menschen und ihren Schicksalen, ohne modische Effekte zu bemühen. Es gelingt ihr, ein tiefgründiges, humanistisches Werk zu erschaffen“. (Michael Biedowicz)  

Andrea Diefenbach, 1974 in Wiesbaden geboren, wurde bekannt durch ihr 2008 erschienenes Buch „Aids in Odessa“, basierend auf ihrer Diplomarbeit an der Fachhochschule Bielefeld. Im Frühjahr 2006 hatte sie einzelne HIV-positive Frauen und Männer in Odessa begleitet und die Besorgnis erregende Aids-Epidemie in der ukrainischen Millionenstadt dokumentiert, die in der westlichen Öffentlichkeit bis heute kaum wahrgenommen wird. „Es sind Bilder, die sichtbar machen, wie sehr Leid und Schmerz im gesamten Land um sich greifen. Um so zu fotografieren, muss man diesen Schmerz mitfühlen – und das spürt man in jedem einzelnen Bild“, anerkennt der 1938 in Charkiw, Ukraine, geborene Boris Mikhailov das Werk der jungen Kollegin.

In zwei weiteren Fotobüchern, „Land ohne Eltern“ (2012) und „Realitatea“ (2022), geht es um Moldawien. „Auf der Suche nach der sozialen Identität der Republik Moldau bin ich für beinahe zehn Jahre immer wieder durch die ländlichen Regionen des kleinen Landes gereist, das seit seiner Unabhängigkeit vor 30 Jahren in einer Identitätskrise steckt. Es ist ein zwischen EU und Russland, Stillstand und Fortschritt, Korruption und Rechtsstaatlichkeit hin- und hergerissenes Land“, erläutert die Fotografin.

In ihrer Serie „Land ohne Eltern“ beschreibt sie die Lebenssituation von Arbeitsmigranten. Ihre Fotografien verdeutlichen geradezu schmerzhaft die Distanz zwischen den in der Heimat zurückgelassenen, auf sich gestellten Kindern und den Eltern in der Ferne.

Die Publikation „Realitatea“ versammelt nicht nur fotografische Vignetten aus einem Land im Schwebezustand, sondern verbindet diese durch Faksimiles moldauischer Zeitungen und Texte mit den politischen Ereignissen der vergangenen zehn Jahre.

Andrea Diefenbachs Arbeiten wurden vielfach ausgezeichnet und international ausgestellt. Von 2016 bis 2022 war sie Senior Lecturer an der Hochschule Luzern. Seit 2022 ist sie Professorin für Fotografie an der Hochschule für Künste in Bremen.

 

Kulturpreis 2024 der DGPh an Gerhard Steidl © Finn Jahnke
Kulturpreis 2024 der DGPh an Gerhard Steidl © Finn Jahnke
Kulturpreis der DGPh an Gerhard Steidl

Mit dem Kulturpreis 2024 der Deutschen Gesellschaft für Photographie ausgezeichent wurde Gerhard Steidl für sein Engagement als Gestalter, Drucker und Verleger 

Bei der Fotografie als Ausdrucksmedium kommt der Reproduktion im Druck eine besondere Bedeutung zu. Die Gestaltung eines Buches wiederum formt aus einzelnen Bildern ein kohärentes Werk. Mit Gerhard Steidl als Gestalter, Drucker und Verleger in Personalunion entsteht ‒ vorzugsweise in der engen Zusammenarbeit mit den Fotokünstlern ‒ international gefragte Buchkunst. 

Bereits 1969 begann Gerhard Steidl (geb. 1950 in Göttingen) als Drucker und Gestalter zu arbeiteten. Zu den Kunden seiner Siebdruckwerkstatt zählten Joseph Beuys, Marcel Broodthaers und Nam June Paik. 1972 erschien das erste Steidl Buch, 1994 folgte ein eigenes Fotobuchprogramm mit internationaler Zielrichtung. Es versammelt viele der renommiertesten zeitgenössischen Fotografen und Künstler, darunter Joel Sternfeld, Bruce Davidson, Robert Frank, Robert Adams, William Eggleston, Lewis Baltz, Dayanita Singh, Fazal Sheikh, Ed Ruscha, Roni Horn und Juergen Teller.

 

DGPh-Bildungspreis an NEXT! Das Festival der Jungen Photographie. © Finn Jahnke
DGPh-Bildungspreis an NEXT! Das Festival der Jungen Photographie. © Finn Jahnke
DGPh-Bildungspreis an NEXT! Das Festival der Jungen Photographie.

Perspektivwechsel durch Partizipation. 
Mit dem DGPh-Bildungspreis zeichnet die Deutsche Gesellschaft für Photographie das „NEXT! Festival der Jungen Photoszene“ aus. Das Fotofestival ist das bundesweit erste und einzige, das sich an Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene richtet. Das Credo des Festivals ist es, mit künstlerischen Mitteln die fotografische Alltagspraxis von jungen Menschen zu aktivieren und zu zeigen. Mit der Einrichtung eines Jugendboards sind Kinder und Jugendliche unmittelbar in die Planung und Umsetzung sowie in die kuratorischen Entscheidungen des Festivals eingebunden. 

Die Jury lobt ausdrücklich den partizipativen Ansatz des Formats sowie den reflexiven Charakter auf konzeptueller Ebene, der zeitgemäße Bildungsarbeit für und mit jungen Menschen gestaltet.  Das Festival fördert damit besonders das soziale und künstlerische Entwicklungspotenzial von Jugendlichen sowie einen reflektierten Umgang mit dem Medium Fotografie.

„NEXT!“ wird von der Jury als dynamisches und interaktives Festival wahrgenommen, das sich auf jugendkulturelle Phänomene und Themen fokussiert. Mit der Einbettung in die Kölner Photoszene entsteht ein Synergieeffekt – ein neues und junges Publikum wird angesprochen. „NEXT!“ hat damit das Potenzial, bei Jugendlichen abseits von Social Media ein ernsthaftes Interesse an Fotografie zu wecken.

 

Otto Steinert-Preis. DGPh-Förderpreis für Fotografie an Aliona Kardash © Finn Jahnke
Otto Steinert-Preis. DGPh-Förderpreis für Fotografie an Aliona Kardash © Finn Jahnke
Otto Steinert-Preis. DGPh-Förderpreis für Fotografie an Aliona Kardash (1. Preis) 

Andrea Gjestvang und Shirin Abedi (2. und 3. Preis)

Mit dem Otto-Steinert-Preis. DGPh-Förderpreis für Fotografie 2024 wurden Aliona Kardash (1. Preis), Andrea Gjestvang (2. Preis) und Shirin Abedi (3. Preis) ausgezeichnet.

Die von den drei Preisträgerinnen geplanten Projekte befassen sich ‒ jeweils durch einen eigenen sehr persönlichen Zugang ‒ mit gesellschaftlich aktuellen und relevanten Themen. Sie lassen wichtige Aspekte sichtbar werden, die gemeinhin eher im Hintergrund bleiben.

Für ihr Projekt „Zu Hause riecht es nach Rauch“ wurde Aliona Kardash, Dokumentarfotografin aus Tomsk/Sibirien, Masterstudentin an der FH Dortmund und Mitglied des DOCKS-Kollektivs, mit dem 1. Preis des DGPh-Förderpreises ausgezeichnet und auf der Gala geehrt. Sie erhält für die Umsetzung des Projekts, das als Buchveröffentlichung konzipiert ist, ein Stipendium in Höhe von 5.000,00 €. 

Die Aktualität und die globale Relevanz des Themas überzeugten die Jury. Aliona Kardash wird mit einem sehr persönlichen Zugang den Folgen von Heimat- und Identitätsverlust nachspüren und damit ein wichtiges gesellschaftliches Thema anstoßen. 

Mit einer Anerkennung (2. Preis) würdigt die Jury das geplante Fotoprojekt "Frauen im Alltag des Krieges" der Fotojournalistin Andrea Gjestvang (Studium an der Oslo Met Universität in Norwegen). Ebenfalls mit einer Anerkennung (3. Preis) wurde die Fotografin Shirin Abedi für ihre Projektidee „Der Fuchs schwört, der Hahn zappelt“ ausgezeichnet.

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