Vielschichtiges Symposium der Sektion Bild an der Hochschule Magdeburg-Stendal Mitte Oktober
Überallbilder
Das von Michael Ebert, dem alten und neuen Vorsitzenden der Sektion Bild, initiierte zweitägige Symposium beleuchtete unterschiedlichste Aspekte und Wechselwirkungen zwischen publizistischer Photographie und aktuellen Internetangeboten, insbesondere Photocommunities wie „flickr“ und „fotocommunity.de“. Diskutiert wurden Erfahrungen von und Möglichkeiten für Photographen, damit verwobene rechtliche Aspekte und historische Blickwinkel.
© by Sandra Abend, der alte und neue Vorstand der Sektion Bild
Communities wie „flickr“, „View“ oder „fotocommunity.de“ bieten einfache, verglichen mit einer eigenen Website kostengünstige Publikationsmöglichkeit. Fabio Borquez berichtete von seinen positiven Erfahrungen, aber auch darüber, welche Probleme er mit Löschungen von Bildern hat, was er als „Zensur“ empfindet. Oft wird heute davon ausgegangen, dass „das Internet“ ein öffentlicher Raum sei, in dem beliebige Meinungsfreiheit herrsche. Dies sei es aber wohl nie gewesen, stellte Dirk Feldmann, Justitiar von Freelens klar. In den letzten Jahren sei zudem das Bewusstsein juristischer Gegebenheiten gestiegen, was zu einer zunehmenden Zahl von Auseinandersetzungen geführt habe. Zudem wird bei aller Begeisterung über „Web 2.0“-Dienste wie eben den Communities, gerne vergessen, dass hier nicht „das“ Internet direkt genutzt wird. Meist handelt es sich um Produkte von Anbietern, die nicht nur allgemeinen juristischen Rahmenbedingungen unterworfen sind, sondern auch eigene Spielregeln definieren und in ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen einbauen. Das kann dann auch zur Löschung von Bildern, Beiträgen oder ganzen Zugangsberechtigungen führen.
Möglichkeiten für Photographen, trotz der immensen Zahl von kostenlosen oder sehr preiswerten Amateurbildern zu bestehen, wurden von Marc Ludwig, Foto-TV, und Lars Bauernschmitt, Bundesverband der Pressebild-Agenturen und Bildarchive (BVPA), aufgezeigt. Es gibt photographische Bereiche, die für Amateure nur schwer zugänglich sind, weil sie spezielle Fertigkeiten und Kenntnisse voraussetzten. Dazu zählen laut Bauernschmittt beispielsweise die Architekturphotographie, Sportberichterstattung und die wissenschaftliche Photographie. Weitere Handlungsmöglichkeiten ergeben sich, so Marc Ludwig, durch einen gelungenen Mix aus thematischer Spezialisierung und Beherrschung von Techniken jenseits des Photoequipments, wie zusätzliche Audio- oder Videoaufnahmen.
Wie das Medium Internet zur modernen Nutzung historischer Photographien genutzt werden kann, schilderte Michael Ebert leidenschaftlich. Sein Projekt „The mirror with a memory“, war während der diesjährigen photokina im Rahmen der Visual Gallery erstmals gezeigt worden. Er bereitete mit seinen Helfern digitale Scans der Photographien des amerikanischen Bürgerkriegs auf, die von der US Library of Congress ins Internet gestellt wurden. Die Bilder entfalten heute qualitative Vorzüge, die zum Zeitpunkt ihrer Entstehung nicht einmal bedeutsam waren. Die Photographen benutzten seinerzeit das Kollodiumverfahren, das sehr anfällig und aufwändig war, weil die Glasplatten nur im nassen Zustand belichtet und entwickelt werden konnten. Im Gegensatz zu den später erfundenen Trockenplatten und –filmen zeigen diese Platten aber kein Korn, so dass die Plattennegative eine enorme Auflösung haben. Dies spielte damals praktisch keine Rolle, weil die Bilder nicht vergrößert wurden. Heute sind allerdings extreme Ausschnittsvergrößerungen möglich, die Details zeigen, die die Ereignisse der Jahre 1861-65 wieder sehr lebendig werden lassen.
Christoph Schaden sprach über die kunsthistorischen Hintergründe zur Suche nach „ersten Bildern“, wie beispielsweise des „ersten digitalen Bildes“, das der diesjährige DGPh-Kulturpreisträger Steven J. Sasson mit der von ihm erfundenen und patentierten ersten digitalen Kamera aufgenommen hatte. Technische und künstlerische Neuerungen finden aber fast nie singulär statt, so dass die Frage nach ersten Bildern, die einen absoluten Anfang markieren, nicht nur in der Photographie, sondern auch in der Malerei, immer wieder anders beantwortet werden kann. Wer wirklich alle möglichen Missverständnisse vermeiden möchte, sollte vom ersten mit einem CCD-Sensor aufgenommenen Photo sprechen, denn digitale Bilder hatte es schon früher mit anderen Technologien gegeben, die jedoch keine allgemein einsetzbare Standbildkamera zum Ziel hatten.
Ditmar Schädel, Vorsitzender der Sektion Bildung und Weiterbildung und Renatus Schenkel, Professor an der Hochschule Magdeburg, weiteten den Blick auf die jetzt schon verfügbare oder sich abzeichnenden technologischen Möglichkeiten und entsprechende Initiativen der EU. Manche technologische Optionen erschienen verspielt, aber das spricht nicht gegen mögliches Potential. Auch Steven Sasson hatte darüber berichtet, wie viel Spaß ihm die Entwicklung der digitalen Kamera gemacht hatte, obwohl ihm klar war, dass sie erst Jahrzehnte später zur Marktreife gelangen würde.
Den Abschluss bildete der wunderbare Vortrag von Gottfried Jäger, dessen Vater Ernst Photograph in Burg bei Magdeburg gewesen war und dessen Sohn Markus heute als ebenfalls die Photographie einsetzender Künstler wirkt. An dieser am familiären Beispiel verorteten Entwicklungen wurden die stattgefunden Entwicklungen noch einmal besonders plastisch hervorgehoben.
Christian Gapp