Werner Bartsch. Zeitaufnahmen. Steidl-Verlag
Exzellente Porträts von Protagonisten unserer Zeit

In „Zeitaufnahmen“ zeigt Werner Bartsch Porträts seiner sowohl auftragsbedingten als auch freien Begegnungen mit Menschen aus den Bereichen Kunst, Kultur, Wissenschaft und Politik, die er in seinem charakteristischen klaren Stil porträtiert hat: Es ist ein photographischer Dialog mit Personen, die unserer Zeit ein Gesicht gegeben haben oder weiterhin geben.

Den Titel des querformatigen Buchs ziert ein Porträt der Kitesurferin Sabrina Lutz, doch besuchte der Photograph im Laufe der Jahre den Maler Gerhard Richter in seinem Atelier, den Musiker Cro zu Hause in Stuttgart, traf Urgesteine, wie Reinhold Messner, Jürgen Habermas, Ex-Bundespräsident Joachim Gauck, Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder, den Theaterregisseur Frank Castorf und den Dirigenten Kent Nagano, Otto Waalkes, die Techno-Ikone Ellen Allien, die Bobsportlerin Mariama Jamanka, die Moderatorin Dunja Hayali oder die Videokünstlerin Hito Steyerl. Viele Aufnahmen sind speziell für das im Steidl-Verlag, Göttingen, erschienene Buch photographiert, einige Porträts entstammen früheren Projekten. Herausragend die Sequenzen über Günter Grass, vor allem aber die den Band abschließende Bildreihe über Helmut Schmidt. Beide hat Werner Bartsch im Auftrag der ‚Zeit‘ bzw. des ‚Zeit-Magazins‘ über viele Jahre hinweg begleitet.
Ergänzt werden diese Porträtaufnahmen durch drei Serien über Jugendliche: „Millenials“ fasst eine Bildserie mit hochformatigen Farbaufnahmen zusammen, für die er fünf Jahre hintereinander Mitglieder der Abschlussklasse einer weiterführenden Schule in einer Art Lichttunnel aufgenommen hat. Bei „Fridays for Future“ handelt es sich um eine 2019/2020 frei konzipierte Serie über junge Leute, die hinsehen, polarisieren und Politik und Wirtschaft mit ihren Protesten beeinflussen. „Kohls Kinder“ hat Werner Bartsch ein besonderes Kapitel von Schwarzweiß-Aufnahmen junger Leute genannt, die er in den 1990er Jahren am Ende der Ära Kohl photographiert hat. Damit hinterfragte er eine Jugend, die lediglich eine unionsgeführte Regierung kannte und nie einen Wechsel in der Demokratie erlebt hatte.

In seinem ausführlichen Vorwort berichtet Werner Bartsch von seinen Erlebnissen, die er bei seinen Porträtsitzungen hatte: „Manche Porträts entstanden detailliert vorgeplant in einem klar definierten Lichtsetting, andere Porträtierte treten in Interaktion mit ihrer Umgebung und sind inszeniert in ihrem persönlichen Bühnenbild.“

Unter dem Titel „Was Porträts sagen können“ widmet sich Stefan Gronert (DGPh), Kurator für Photographie und Medienkunst am Sprengel Museum in Hannover, mit seinem abschließenden Text der wohl verbreitetsten Bild-Gattung der Neuzeit und stellt fest, dass sich in Werner Bartschs Bildband „Zeitaufnahmen“ vorzüglich nachvollziehen lässt, dass sich seine klaren journalistischen Porträts und seine freien Arbeiten wunderbar überlappen und ergänzen. (vZ)

Werner Bartsch (DGPh)
Zeitaufnahmen

204 Seiten, 168 Abbildungen
Format: 31x26,5 cm, Leineneinband mit Schutzumschlag
Göttingen, Steidl-Verlag
ISBN: 978-3-95829-747-0
45,00 €