Timm Rautert und ie Leben der Fotografie. Steidl-Verlag

Der Photograph Timm Rautert ist fast zu einem Synonym geworden für ein halbes Jahrhundert Photographie in Deutschland. Das Buch zeigt die vielfältigen Photographischen Werkgruppen von seinem Studium bei Otto Steinert (Ende der 1960er Jahre), der »Bildanalytischen Photographie« Mitte der 1970er Jahre, die freiberuflichen Tätigkeit in den 1980er Jahren, seit Anfang der 1990er Jahre die Langzeitdokumentation der Veränderung der Arbeitswelt als Folge der industriellen Automatisierung. Bei seiner Lehrtätigkeit an der Hochschule für Grafik und Buchkunst (Leipzig 1993-2008) setzte er sich mit künstlerisch theoretischen Bildformungen auseinander.

Für viele jüngere Photographen*innen waren seine bildnerischen Essays für das ZEITmagazin (mit dem kongenialen Partner Michael Holzach) prägend, die sie wöchentlich als wichtige Anregung empfanden. Das Buch zeigt u.a. seine legendären Dokumentationen des Alltagslebens der „Amish“ und „Die Hutterer“ (Text Michael Holzach), dabei ist sehr interessant die unterschiedliche stilistische Wirkung von SW und Farbe. Das Buch gibt einen umfassenden Einblick in die Werkgruppen „Contergan,“ „Die Kinder von Block 5,“ „Waganowa Balettakademie,“ „Amish,“ „Die Hutterer,“ „Porsche,“ „Das Berliner Philharmonische Orchester“ und „Deutsche in Uniform.“ In seinem Werk werden die Vieldeutigkeit und die Möglichkeiten der Photographie deutlich und es zeigt, dass künstlerisches Arbeiten immer ein Prozess ist der nie zu Ende geht.

Das Buch ist die Reflexion eines Abschnitts photographischer Stilentwicklung, der bis heute prägend ist und hier am beruflichen Werdegang von Timm Rautert aufgezeigt wird. Es kombiniert 6 Essays zur Photographie und eine ausführliche Biografie mit klassischen und teils unbekannten Bildstrecken zu einem interessanten Einblick in seine Photographie.

Das Buch ist grafisch gut gestaltet und setzt mit der Wahl der Papiere mattweiß für SW-Photographien, Hochglanz für Farbphotographien und hellgrau für die Texte deutliche Akzente. Ein empfehlenswertes Buch als Dokument der stilistischen Impulse für die Entwicklung der journalistischen Photographie. Mit diesem Buch und den Ausstellungen wird der vielzitierte Anspruch, dass Kunst neue Perspektiven schafft und einen interkulturellen Austausch ermöglicht, eindrucksvoll umgesetzt. (db)

Ausstellung bis 16. Mai 2021 im Folkwang Museum (Essen) // Bombas Gens Centre d’Art, València, 2023


TIMM RAUTERT UND DIE LEBEN DER FOTOGRAFIE.
Photographien von Timm Rautert

Hrsg.: Museum Folkwang
Texte von Steffen Siegel,Gisela Parak, Nicole Mayer-Ahuja, Ulf Erdmann Ziegler, Jürgen Müller, Bertram Kaschek.
Deutsch
Buchgestaltung Broschur, farbige Papiere
520 Seiten, 332 Abbildungen
Steidl Verlag, Göttingen
ISBN 978-3-95829-928-3
48,00 €