Uralte Bäume, mit der Kamera umarmt
Frederick Law Olmsted (1822 – 1903) gilt als Vater der Landschaftsarchitektur in den USA. Seine innovativen Entwürfe für Stadtparks und Parkanlagen sind einzigartig, sie haben die amerikanische Landschaft geprägt. Die Schwarzweiß-Aufnahmen, die Stanley Greenberg (* 1956) von Bäumen, die noch aus den Anfängen der Parks stammen und damit nicht selten etwa 160 Jahre alt sind, bieten eine außergewöhnliche Begegnung mit Olmsted und seinem Erbe.
1883 wurde Olmsted von einem Freund dazu überredet, nach Brookline in Massachusetts zu ziehen. Noch im selben Jahr errichtete er dort sein eigenes Haus „Fairsted“, das heute als ‚Frederick Law Olmsted National Historic Site‘ im ‚National Register of Historic Places‘ eingetragen und als Museum der Öffentlichkeit zugänglich ist. Nahezu 200 verschiedene Arten von Bäumen, Büschen und Bodendeckern wurden nach und nach auf ‚Fairsted‘ gepflanzt, um in Stil und Landschaft unterschiedliche Gebiete zu schaffen. Dichte Bepflanzung mit Bäumen und eine unregelmäßige „Welle“ von Gebüsch begrenzen den Rasen, der Privatsphäre verleihen soll, indem er im Inneren Geheimnis und Tiefe widerspiegelt, erzielt durch Geräumigkeit und unterschiedliche Schattierungen von Grüntönen und dem Spiel von Licht und Farbe.
Sei es der Central Park in New York mit seinen klaren Seen, schmucken Brücken und zerklüfteten Felslandschaften, das Emerald Necklace in Boston mit einer Reihe von Parks, die über 11 Kilometer miteinander verbunden sind, Parkanlagen in Chicago, Milwaukee, Buffalo, Rochester oder Louisville - Bäume waren überall wesentliche Elemente aller von Olmsted entworfenen Parks. Dabei handelt es sich um ganz unterschiedliche Arten: Ulmen und Eichen, Eschen und Pekannussbäume, Buchen und Platanen, Birken und Ahornbäume, Linden und Milchorangenbäume, eine Schwarzpappel und einen Katsurabaum. In New York und hier im 1867 im Stadtteil Brooklyn eröffneten Prospect Park beginnend erkundete der Photograph Stanley Greenberg insgesamt 26 Parkanlagen und deren älteste Baumriesen in sieben amerikanischen Bundesstaaten und Washington D.C. Mit der Fokussierung auf die individuellen Texturen der Stämme stellt er in seinen detailreichen Schwarzweiß-Aufnahmen die Einzigartigkeit eines jeden Baumes heraus: Deren Rinde erscheint oftmals wie eine stark gegerbte Haut eines Lebewesens, deren Spuren sich ganz individuell in der Oberfläche eingegraben haben. In dem im Hirmer Verlag, München, erschienenen Bildband „Olmsted Trees“ würdigt der New Yorker Photograph diese Leistung mit einer beeindruckenden Porträt-Serie dieser erhabenen Giganten, zeigt wie prächtig sie sind und ermöglicht gleichzeitig eine Begegnung fast auf Tuchfühlung.
Beiträge renommierter Experten aus Geschichte, Soziologie und Landschaftsarchitektur erweitern den Blick auf Frederik Olmsted und führen in seine Errungenschaften ein. So beschreibt der Romanautor und Journalist Kevin Baker unter dem Titel „Fest verwurzelt“ Leben und Werk des eher rastlosen Landschaftsarchitekten. Die Professorin für Stadtpolitik Mindy Thompson Fullilove, die am von Olmsted geschaffenen Orange Park in Orange, News Jersey, einem ursprünglich sumpfigen Gelände mit Teich, aufgewachsen ist, schildert in ihrem Beitrag ihre persönliche Bindung an diesen Ort und Tom Avermaete, Professor für Städtebau an der ETH Zürich, informiert unter der Überschrift „Zivilisierte Wildnis“ über „die amerikanische Stadt und die Landschaften von Frederik Law Olmsted“.
Eine Karte der von Olmsted geschaffenen Parks in den USA sowie deren Datierung und Standorte beschließen den wunderbaren Band, der mit den aussagekräftigen Schwarzweiß-Photographien von Stanley Greenberg ein wertvolles Dokument zum reichen und vielseitigen Schaffen eines der talentiertesten Landschaftsarchitekten Amerikas ist. (vZ)
Stanley Greenberg
Olmsted Trees
Beiträge: Tom Avermaete, Kevin Baker, Mindy Thompson Fullilove
Texte: Deutsch, Englisch
160 Seiten, 100 Abbildungen in Schwarzweiß
Format: 23 x 28 cm, gebunden
München, Hirmer Verlag
ISBN: 978-3-7774-3857-3
34,90 €