In dem Buch „LUMEN FIDEI“ zeigt der Fotograf Wolfgang Weiss in seiner Werkserie die Fenster des Kölner Doms in einer eigenen neuartigen Interpretation. Künstlerische Fotografie ist heute als „Lichtbild“ definiert im Gegensatz zu der „Kunst mit dem Medium Fotografie.“ Ob die Gestaltung der Fotografien dann „dokumentierend interpretierend oder experimentell ist, bleibt dem Künstler überlassen! Die fotografischen Arbeiten von Wolfgang Weiss sind technisch und formal eindeutig „Lichtbilder“ und stehen damit in einer stilistischen Kontinuität, die sich vom BAUHAUS mit Moholy-Nagy, den Medienreflexionen und Licht-Experimenten u.a. von Man Ray (Solarisation) und Harold E. Edgerton über die „Formen des Mikrokosmos“ bei Fred Koch und Carl Strüwe bis zu der experimentellen Fotografie zur Erkundung bildkünstlerischer Formen bei Otto Steinert [Verspielter Punkt (1948), Strenges Ballett (1949), Place de la Concorde 3 (1952)] fortsetzt. Auch in der zeitgenössischen künstlerischen Fotografie gibt es Werkgruppen, die sich mit experimenteller Fotografie und den Phänomenen des Lichtes auseinandersetzen. Alle diese Aspekte fokussieren sich im Höhlengleichnis des Platon, indem er eine Theorie der visuellen Wahrnehmung entwickelt, und eine Metaphysik des Lichts erwähnt.
In seiner aktuellen Werkserie „LUMEN FIDEI“ hat Wolfgang Weiss mit dem Licht gestalterisch gearbeitet, indem er das Fensterlicht in einem Spiegel veränderte und die Strahlen und Reflexionen (Naturphänomene des Lichtes) in Fotografien dokumentiert. Wolfgang Weiss setzt die Naturphänomene ein, um die Grenzen der Realität und das was wir für real halten - siehe Platon - auch unter religiösen Aspekten zu hinterfragen. Diese Interpretation des Lichtes von einer realen in eine imaginäre Bedeutung entspricht der Funktion der Kirchenfenster speziell in gotischen Kirchen, die stark mit Lichtwirkungen arbeiten, denn die Aspekte des Lichtes interpretieren religiöse Vorstellungen wie Lichtzeichen, Erscheinungen und Himmelfahrten. Es ist die Metamorphose vom „lumen naturale“ zum „lumen fidei.“ Da diese „Lichtbilder“ sehr real sind und zugleich aber einen spirituellen Aspekt haben, stellen sie in eindrucksvoller Weise die Frage nach der Realität. Alles gipfelt dann wie bei Platon in der „angenehmen Wahrnehmung“ (gr. Aisthetos), der Ästhetik, die aus der Reflexion unserer (Natur-) Beobachtung resultiert, und in der Fotografie ein neues Bild der Welt (siehe Paul Klee) entstehen lässt, das jeder Betrachter individuell interpretieren kann.
Ein empfehlenswertes Buch als Beitrag zu der Entwicklung der abstrakten Fotografie von der klassischen Moderne, den stilistischen Impulsen „subjektiven Fotografie bis zu den aktuellen Werkgruppen von Wolfgang Weiss. Für Kunstwissenschaftler und Fotografen ein gleichermaßen interessantes Buch, das der gezeigten Werkgruppe künstlerisch gerecht wird und einen Beitrag zu weiteren Diskursen über die Phänomene des Lichtes und unsere Assoziationen bietet. (db)
Ausstellung vom 7. Februar bis 20. März 2022, Maternushaus (Köln)
LUMEN FIDEI - Photo-Qubits
Fotografien von Wolfgang Weiss (DGPh)
Hrsg.: Wolfgang Weiss
Texte von Georg Dittrich, Klaus Hamburger, Prälat Josef Sauerborn, Wolfgang Weiss, Frank, Günter Zander
Deutsch
Buchgestaltung Festeinband
75 Seiten, circa 50 Abbildungen in Schwarz-Weiß und Farbe
Eigenverlag, Gummersbach
20,00 €