Wer bereits mehrere der Festivalkataloge besitzt, hat diese Publikation als sehr informative und umfassende Darstellung zeitgenössischer Photographie und der Retrospektiven bedeutender historischer Photographie schätzen gelernt. Dem Herausgeber ist zu danken, dass auch 2020 zum Neunten »EMOP Berlin« (European Month of Photography 2020) diese Bereicherung für die zeitgenössische Photographie in Deutschland erscheint. Ermöglicht wird er dieses Jahr von Kulturprojekte Berlin, der Akademie der Künste (Berlin) und Photoinstitutionen in Berlin und Potsdam mit dem Motto „Die Fotografie zwischen Kunst, Politik und Massenmedium.“
Die zentrale Ausstellung KONTINENT – Auf der Suche nach Europa ist dem Themenschwerpunkt „Europa – Identität, Krise, Zukunft“ gewidmet, der u.a. in 22 Positionen der Photograph*innen von OSTKREUZ (www.ostkreuz/kontinent.de) verschiedene Aspekte des Miteinanders in Europa – persönliche, gesellschaftliche und politische Phänomene – photographisch analysiert. In allen Serien ist der Mensch und sein Alltag die Resonanzfläche für die Aspekte „Identität und Sicherheit, Renationalisierung, Migration und Integration, Demokratie und Meinungsfreiheit“ die aus persönlicher Perspektive den Betrachter zum Nachdenken über die Zukunft Europas anregen. Ergänzt wird dies um die aktuellen Aspekte `100 Jahre Großberlin´ und das `30. Jubiläum der Wiedervereinigung,´ die jeweils in Ausstellungen und Events behandelt werden.
Alle beteiligten Ausstellungen werden in einer „Photogalerie“ auf einer Doppelseite mit mehreren Abbildungen und Ortsangaben präsentiert. Die Ortsangaben der Institutionen“ werden durch die Namen der Photographen und Kuratoren, Zeitdauer und einem zweisprachigen halbseitigen Text vorgestellt, ein Namensverzeichnis der Photograph*innen ergänzt den Ausstellungsteil.
Der einführende Essay von Jens Hinrichsen setzt sich mit dem kuratorischen Ansatz auseinander keine thematische Vorgaben bei der Auswahl zu machen und der daraus resultierenden Vielfalt der Bilder und Geschichten, die um eine Diskussion zum Thema „Ein Kontinent im Fokus“ erweitert wird. Dies führt zu einer multiplen großen „Schule des Sehens“ in 114 Ausstellungen an 110 Orten mit 500 Photograph*innen für Fachbesucher und normales Publikum. Der Essay „Fotografie zwischen Kunst, Politik und Massenmedien“ von Johannes Odenthal diskutiert wichtige Fragen der zeitgenössischen Photographie und gibt differenziert Meinungen und Erfahrungen wieder. Das Buch und die Veranstaltungen zeigen, dass in dem Diskurs zum Medium, die Ausstattung von Photographie Plattformen und zur Nachlasspolitik von Photographen noch viel Engagement notwendig ist.
So können sich Besucher*innen unter den Ausstellungen und den verschiedenen Veranstaltungsformaten individuelle persönliche Rundgänge virtuell im Katalog und real vor Ort als ihr ganz persönliches Programm zusammenstellen – von künstlerischen Arbeiten über historische Aufnahmen bis hin zur dokumentarischen und politisch motivierten Photographie.
Zum Schluss ist noch auf die gute Buchgestaltung, die ausgewogene Typografie, die visuellen Höhepunkte durch die Verwendung von unterschiedlichen Leitfarben zu erwähnen, die diesen Gebrauchskatalog zu einer Bereicherung für jedes Bücherregal machen. (db)
EMOP Berlin 2020
Herausgeber Kulturprojekte Berlin GmbH
Editorial Oliver Bätz
Texte von Jens Hinrichsen, Johannes Odenthal und das Gespräch Laura Benz, Kathrin Kohle, Ingo Taubhorn
Deutsch, Englisch
Buchgestaltung Broschur
296 Seiten, ca.450 Abbildungen aus den 114 Ausstellungen
Eigenverlag, Berlin
10,00 Euro in allen teilnehmenden Institutionen
ISBN 978-3-940231-17-8
Ausstellung vom 01. Oktober bis 31. Oktober in Museen und Galerien (Berlin)