Das Buch „Boulevard der Eitelkeiten“ ist ein zeitgeschichtliches Dokument, aber auch aus der stilistischen Perspektive der journalistischen Portraitfotografie sehr interessant. Es ist ein Querschnitt aus 70 Jahren Promi-Portraits und Events. Dazu zählen Udo Jürgens in der Badewanne, die Beatles beim Schlittenfahren, Romy Schneider und Visconti in Paris, Anthony Quinn beim Sirtaki, Helga Anders im Gras, Götz George als Schimanski, Karajan in Salzburg – eigentlich ein Querschnitt durch das bundesrepublikanische „Who is who.“ Aber auch diesen journalistischen Impressionen merkt man an, dass Roger Fritz (22.9.1936, Mannheim – 26.11.2021, München) die Prominenten nicht nur auf einem Pressetermin getroffen hat, sondern, dass es eine Begegnung auf Augenhöhe mit den „Schönen, Mächtigen, Reichen und Berühmten“ war. Diese z.T. persönlichen Portraits zusammen mit selbst erlebten Geschichten in einem Buch zu veröffentlichen, ist sein fotografisches Vermächtnis.
Aus fotografisch stilistischer Sicht oszillieren die Roger Fritz-Fotografien zwischen einfühlsamen Charakterportraits und spontanen Event-Schnappschüssen. Gut ist das an den Portraits von Herbert List (S. 13) zu erkennen, der uns selbst als Portraitist von Künstlern und griechischen Fischern vertraut ist. Als halber Autodidakt wurde Fritz entscheidend dadurch geprägt, dass er ab 1954 Herbert List assistierte und dadurch eine stilistische Prägung erhielt, die in seinen empathischen Charakterstudien z.B. von Paul Bowles, Romy Schneider, Mario Adorf (S.19, 75) sichtbar wird. Man kann nachvollziehen, dass die so Portraitierten eine lebenslange Freundschaft mit dem Fotografen wie z. B. Hubert Burda verband, in der auch die selbst erlebten Geschichten wurzeln.
Anders als sein Mentor Herbert List wendete er sich beruflich dem Bildjournalismus zu, war für Stern, Quick, Jours de France, Münchner Illustrierte, die französische Vogue sowie Bunte tätig und neben Fleckhaus einer der Gründer der Kultzeitschrift „TWEN.“ So sind seine Fotografien heute jenseits des „Boulevard“ zeitgeschichtliche Dokumente einer Epoche, die auch zukünftig Grundlage für Artikel der Kultur-, People- und Society-Redaktionen sein werden.
Für zeitgeschichtlich interessierte Leser, Kunstwissenschaftler und Fotografen ein gleichermaßen interessantes Buch, das vielfältige Anregungen gibt und Grundlage sein kann für weitere Recherchen und Artikel zu dieser Epoche und dem Bildjournalismus als fotografischen Stil. Mit einer schön gestalteten und sachlich funktionalen Buchgestaltung, die den gezeigten Werkgruppen gerecht wird und den Liebhaber des Jetsets erfreut. (db)
Boulevard der Eitelkeiten
Fotografien von Roger Fritz
Hrsg.: Roger Fritz
Geleitwort: Hubert Burda
Texte von Roger Dritz
Deutsche Ausgabe
Buchgestaltung Festeinband mit Schutzumschlag
320 Seiten, 235 Abbildungen in Schwarz-Weiß und Farbe
Format: 15,2 x 22,8 cm, gebunden
Schirmer/Mosel Verlag, München
ISBN 978-3-8296-0935-7
34,00 €