Das Buch 'Belgisches Haus - Maison Belge - Belgisch Huis' ist aus stilistisch photographischer Sicht interessant, da es drei Motivserien aus unterschiedlichen Entwicklungsperioden präsentiert. Nach der Eröffnung wurde es von Karl-Hugo Schmölz in SW interpretiert. Danach hat Candida Höfer als Studentin bei Bernd Becher eine Serie der Innenarchitektur erarbeitet und setzt sich jetzt nach der tiefgreifenden Restaurierung des Hauses noch einmal mit der Örtlichkeit auseinander.
Karl Hugo Schmölz, in der Bildauffassung seines Vaters Hugo Schmölz (Neue Sachlichkeit) stehend, stellte das Haus 1950 in SW und in einer klaren Sachlichkeit mit einer starken Betonung der Lichteffekte dar. 1989 entsteht die erste Serie von Candida Höfer, die in der Bildauffassung stark von Karl Hugo Schmölz geprägt ist (u.a. S. 71, 74), bei dem sie ein Photographiepraktikum (in Köln) absolvierte bevor Sie ihr Studium bei Bernd Becher begann. Ihre zweite Serie (2020) ist die Reflexion der eigenen Arbeit vor 30 Jahren mit einem Bezug zu den Schmölz-Motiven (z.B. S.14, 16, 19, 23). Aber jetzt ist der klare rechtwinkelige Kompositionsstil der Bechers sichtbar, den sie um einen virtuosen Umgang mit dem Licht erweitert. Dadurch werden die Oberflächen des Marmors und der Tropenhölzer eindrucksvoll wiedergegeben und zeigen den Einfluss der „Neuen Sachlichkeit“ in der Photographie bis heute. So kommt die Bedeutung dieses architektonischen Unikats in Foyers und Sälen, an Türen und Treppenaufgängen adäquat zur Geltung.
Das Belgische Haus – Maison Belge – Belgisch Huis, 1950 fertiggestellt als Kleinod der frühen Nachkriegsjahre von den Kölner Architekten Hans Schüller und Hans Hansen, in einem Stilmix aus Gründerzeit und Bauhaus-Ästhetik entworfen und ausgestattet mit Marmor und Edelhölzern (Tropenhölzer aus der damaligen Kolonie Belgisch-Kongo). Nach 70 Jahren wurde es aufwendig restauriert und dient z.Zt. dem Römisch-Germanischen Museum als Unterkunft während der Museumsrenovierung. Der Essay von Marcus Trier zu dem geschichtsträchtigen und traditionsreichen Gebäude erwähnt bedeutende Persönlichkeiten aus dem Kulturleben Deutschlands und Belgiens und dem politischen Leben beider Länder sowie das Belgische Königshaus.
Das Buch ist eine interessante Neuerscheinung, da es stilistisch eine bedeutende Photographin vorstellt und zugleich dazu anregt, über die Frage nachzudenken, welche identitätsstiftende Wirkung künstlerische Photographie in Verbindung mit und für die Architektur haben kann. Mit dem Leinenband, typografisch schöner Gestaltung und durch die Wahl von Hochglanzpapier für die Photographien und Naturpapier für die Texte in farbiger Schrift hat es eine künstlerische Note. Ein Buch, das in seiner hybriden Form zum Nachdenken über die Photographie und ihre künstlerischen Möglichkeiten anregt und einen Beitrag zur Stadtgeschichte Kölns mit weiteren Diskursen bietet. (db)
Ausstellung bis 21. Mai 2021 in der Galerie Thomas Zander (Köln)
Photographien von Candida Höfer
Hrsg.: Freundeskreis des Belgischen Hauses e.V., Galerie Thomas Zander
Essay von Marcus Trier
Deutsch, (Beiheft mit Niederländischen und Französischen Übersetzungen)
Buchgestaltung Leinenband
92 Seiten, 50 Abbildungen (18 Schwarz-Weiß und 32 in Farbe)
Verlag Buchhandlung Walther und Franz König, Köln
ISBN 978-3-96098-950-9
29,80 €