Autopsie in Schwarz/Weiß. Gert Weigelt

Das Buch Autopsie in Schwarz/Weiß mit den Fotografien von Gert Weigelt ist in seiner Gestaltung und den gezeigten Fotografien von außergewöhnlicher Qualität. Die Fotografien spiegeln sowohl die Formgebung des Choreographen als auch die Ausdrucksstärke der Tänzer in genau beobachteten Tanzsequenzen. Außerdem entwickelt Gert Weigelt in freien, im Studio entstandenen Arbeiten, im Zusammenspiel mit den Tänzern eine überbordende künstlerische Fantasie. Er unterscheidet genau zwischen der Bühnenfotografie, die eine reproduzierende Aussage der Choreografie ist und quasi eine Übersetzung der Bewegung in das vom Moment geprägte Medium der Fotografie.

Seine Studioarbeiten sind freie künstlerische Interpretationen, mit denen er - selbst aktiver Tänzer - Bezug auf die Arbeiten von Richard Avedon, Irving Penn, Guy Bourdin, Helmut Newton nimmt. Der holländische Choreograf Hans van Manen und der erstmals in Amsterdam (Europa) ausstellende Robert Mapplethorpe haben ihn stark geprägt. All diese visuellen Anregungen hat er praktisch an den Produktionen des Nederlands Dans Theaters (Den Haag) fotografisch erprobt. Weitere Inspiration für Gert Weigelt sind die Modefotografen Guy Bourdin, Helmut Newton und die Choreografin Pina Bausch. Vom Theater kommend liegt ihm das Inszenieren im Blut und in den Fotografien sind viele Themen und Bezügen (bis hin zur Malerei) zu erkennen und er zitiert u.a. Bruce Nauman oder Robert Mapplethorpe. Wie dieser zeigt er in seinen Studioarbeiten auch Nackttanz, seziert und autopsiert Entblößung (nackte Körper) als Projektionsfläche seiner entpersonalisierten Inszenierungen.

Seine Thesen sind „die anonyme Bildaussage ist exemplarischer und aussagekräftiger" als in vielen Bereichen der Kunst (-geschichte, siehe Glyptotheken) und der “Zeitgeist bringt per se Ähnlichkeiten in der künstlerischen Sichtweise und Anmutung hervor". Wichtig aber ist ihm der ernsthafte Ansatz bei der Themen- und Motivgestaltung. In seiner kunstphilosophischen Reflektion ist der Bildtitel wichtiger Bestandteil der Fotografie und ermöglicht dem Betrachter weitreichende Assoziationen.

Für die Tanz-Fotografie ein wichtiges Buch, das in seiner offenen Gestaltung den gezeigten Werkgruppen künstlerisch gerecht wird und zum Nachdenken über die Tanz-Fotografie und ihre künstlerischen Möglichkeiten anregt. Diese bemerkenswerte Publikation ist ein wichtiger Beitrag zu weiteren Diskursen über die stilistischen Varianten der Studiofotografie von Tanz und Körper und deren Verhältnis z.B. zu Robert Mapplethorpe. Mit diesem Künstlerbuch wird der Anspruch, dass Kunst neue Perspektiven schafft und eine kulturelle Diskussion ermöglicht, umgesetzt.  (db)

Autopsie in Schwarz/Weiß
Gert Weigelt

Hrsg.: Deutsches Tanzarchiv Köln
Text: Thomas Thorausch im Gespräch mit Gert Weigelt
Deutsch
136 Seiten, ca. 120 Abbildungen in Schwarz-Weiß
Eigenverlag, Köln
25,00 €