Und es gibt sie immer noch: Die Ausstellungen, die einen bewegen. Und es gibt noch immer Fotografen, von denen man eher zufällig schon einmal was gehört hat, aber nie ein Bild vor Augen hatte.
Diese Entdeckung kann man derzeit in Mannheim machen. Michael Koetzle, Kulturpreisträger der DGPh im letzten Jahr, hat es mal wieder geschafft, einen solchen Fotokünstler „auszugraben“. Horst H. Baumann,1934 in Aachen geboren und 2019 in Düsseldorf verstorben.
Im Jahrzehnt zwischen 1955 und 1965 zählte der Düsseldorfer Horst H. Baumann zu den innovativsten, zugleich erfolgreichsten Fotografen seiner Generation. Aus dem Stand fand der Autodidakt zu einer Bildsprache, die sich radikal unterschied von den Trends und Moden seiner Zeit. Was Baumanns frühe Schwarz-Weiß-Fotografie auszeichnet, ist einerseits ein ehrliches Interesse an sozialen Themen, andererseits die konsequente Suche nach einem eigenen Ausdruck in der Kamerakunst. Noch im vermeintlich banalsten Sujet entdeckte er durch den gezielten Einsatz partieller Schärfe, durch kühne Aus- oder Anschnitte oder gesuchte Perspektiven ein lohnendes Motiv. Spielende Kinder, Rummelplätze, Umzüge, der rheinische Karneval, aber auch die Welt des Bergbaus und der Industrie wurden ihm zu ersten selbstgewählten Themen. Baumann beschickte Ausstellungen, sicherte sich Preise, war omnipräsent in der Presse jener Jahre. Daneben begann er sich als Farbfotograf zu profilieren.
Speziell seine Aufnahmen aus der Welt der Formel 1 machten ihn international bekannt und rückblickend zum Vorreiter einer Fotokunst in Farbe. Zuletzt trat Baumann vor allem als Laserkünstler öffentlich in Erscheinung. Dieser Band ist eine Wiederentdeckung des fotografischen Ausnahmetalents und würdigt erstmals auch seinen Beitrag zu »New Color«.
Ausstellung im Museum für Angewandte Kunst Köln (MAKK) bis zum 28. Januar 2024.
Apropos Visionär.
Der Fotograf Horst H. Baumann
Herausgegeben von Hans-Michael Koetzle (DGPh)
336 Seiten mit 317 Abbildungen
steidl Verlag Göttingen
ISBN 978-3-96999-174-9
48,00 €