Die Ära Angela Merkel
2021 endete eine Ära – und mit ihr ein weltweit einzigartiges Projekt: Zwischen 1991 und 2021 ließ sich die Ausnahmepolitikerin Angela Merkel mit einer kurzen Unterbrechung Jahr für Jahr von Herlinde Koelbl (DGPh) photographieren. Bei jeder Begegnung entstanden – jeweils vor sachlich weißem Hintergrund - Kopf- und Körper-Porträts, die den erstaunlichen Aufstieg einer 37-jährigen politischen Außenseiterin zu einer der mächtigsten Politikerinnen der freien Welt dokumentieren. Eindrücklich zeigt die photographische Langzeitstudie, wie die ‚Spuren der Macht‘ - so deren Titel - Angela Merkel veränderten, war sie zu Beginn des ungewöhnlichen Photorituals doch fast 15 Jahre davon entfernt, die erste Bundeskanzlerin Deutschlands zu werden.
Darauf geht die für ihr Schaffen mehrfach, so 2001 mit dem Dr. Erich-Salomon-Preis der DGPh und 2009 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnete Photographin Herlinde Koelbl in ihrem persönlichen Vorwort ein. Dies beginnt mit den Worten „Sie kam von außen, war neu in der politischen Arena und schrieb Geschichte“ - Angela Merkel war in der DDR aufgewachsen, eine Frau, evangelisch und geschieden. „Ihre Wahl zeigte, dass sich die deutsche Gesellschaft verändert hatte,“ stellt die vor allem für ihre photographischen, oft durch tiefgehende Gespräche und Videos ergänzten Langzeitprojekte bekannte Photokünstlerin fest.
Der erste Block des opulenten, im Taschen-Verlag, Köln, erschienenen Bandes „Angela Merkel – Porträts 1991 – 2021“ umfasst die Jahre 1991 bis 1998, in denen Angela Merkel in Bonn ihre politische Karriere als Frauen- und Jugendministerin startete und, nachdem die CDU die Bundestagswahl verloren hatte, als Generalsekretärin der Partei fortsetzte. In diesen Jahren hat Herlinde Koelbl anlässlich der Sitzungen jeweils ein ausführliches Gespräch mit Merkel geführt, das die Porträts ergänzt.
Dem zweiten Teil vorgeschaltet ist das Essay „Die Ära Angela Merkel“, in dem Christopher Clark und Christina Spohr ihre 16 Jahre an der Spitze der deutschen Staatsführung würdigen. Der Bildteil setzt die jährliche Porträtreihe mit der am 22. November 2005 zur ersten Bundeskanzlerin vereidigten Angela Merkel fort und endet mit ihrem Ausscheiden aus dem Amt 2021. Diese Porträts sind Jahr für Jahr mit einer prägnanten Aussage der Bundeskanzlerin, wie beispielsweise 2009 mit „Wahlfreiheit setzt Wahlmöglichkeit voraus“, garniert und wird durch den Beitrag „Über Angela Merkel“ von George Packer, der 2014 für ‚The New Yorker‘ ein Profil von Merkel schrieb, ergänzt. In seinem Text würdigt der Journalist die Arbeit beider Frauen, der Kanzlerin und der Photographin.
Was musste sie lernen, wie musste sie sich verändern, um zu bestehen, ja politisch zu überleben? Wie wirkte die Politik hinein in ihr Privatleben? Nicht nur durch die Kameralinse gelang es der renommierten Photokünstlerin, die Menschlichkeit Merkels einzufangen; auch auf Koelbls Fragen antwortete die ansonsten äußerst zurückhaltende Politikerin so erstaunlich offen und persönlich, dass der britische ‚Guardian‘ von einer der „ungewöhnlichsten Beziehungen der modernen Politik“ schrieb, die beide Frauen verbindet.
Herlinde Koelbl legt mit dem opulenten Band ein dokumentarisches Porträt in Wort und Bild vor, wie es von keinem anderen „global leader“ existiert. Eine Zeitreise durch die Epoche Angela Merkel – vom ersten Jahr bis zum Ende. Entstanden ist das Porträt einer extremen physischen und psychischen Verwandlung. Und das Protokoll einer außergewöhnlichen Begegnung. (vZ)
Herlinde Koelbl (DGPh)
Angela Merkel - Portraits 1991–2021
Texte: Deutsch, Englisch
248 Seiten
Format: 30x30 cm, Hardcover mit Schutzumschlag
Köln, Taschen-Verlag
ISBN: 978-3-8365-8873-7
50,00 €