Benjamin Katz (DGPh)
Georg Baselitz at Work

144 Seiten, etwa 80 Abbildungen
Hirmer Verlag
ISBN 978-3-7774-2054-7; 34,90 Euro

Der Photograph Benjamin Katz (DGPh) ist berühmt für seine Künstlerporträts: Gerhard Richter, Sigmar Polke und eben der kürzlich 75 Jahre alt gewordene Georg Baselitz ließen sich von ihm bei der Arbeit über die Schulter blicken. Mit den meisten Künstlern, die er photographiert, ist Katz, der an der Hochschule für bildende Künste, Berlin, studierte, persönlich befreundet und begleitet sie auf Augenhöhe. Katz zeigt die Künstler am liebsten im Prozess heißt es dazu in dem neuen, beim Hirmer Verlag, München, erschienenen, eher dokumentarischen Photobuch. Besonders zu Georg Baselitz, einem der bekanntesten Maler und Bildhauer der deutschen Gegenwartskunst, unterhält Benjamin Katz eine lange Freundschaft. Beide kennen sich seit 1957, der Photograph hat den Künstler seit über 30 Jahren in seinen Ateliers mit der Kamera beobachtet. Baselitz ist in dem neuen Buch bei der Arbeit mit Pinsel, Hammer und Motorsäge abgebildet, aber auch mit Rauschebart und Nickelbrille wie ein Philosoph aus dem 19. Jahrhundert, hemdsärmelig in Aktion mit kahl rasiertem Schädel und farbverschmierter Hose, als Hedonist mit elegantem Anzug und Zigarre, im Schlosspark beim Spiel mit den bulligen Mastiff-Hunden oder beim Einpacken seiner Bilder – man kann die Nähe dieser beiden Künstler zueinander förmlich spüren. Ohnehin gehören die zahlreichen Porträts von Baselitz zu den umfangreichsten Werkgruppen des photographischen Œuvres von Benjamin Katz. Sie sind bei vielen Begegnungen entstanden und somit auch das Ergebnis einer Freundschaft und einer Kunstwelt, die beide seit vielen Jahrzehnten miteinander teilen. Der Text von Cornelia Gockel, die als Kunstkritikerin in München lebt, bereichert die hochwertigen Abbildungen um detailreiche Informationen. (vZ)

 

Arvid Gutschow - Alfred Ehrhardt
Artverwandte

128 Seiten: ca. 66 Abbildungen
Hatje Cantz Verlag
ISBN 978-3-7757-3536-0; 27,50 Euro

Das Buch zu der gleichnamigen Ausstellung ist eine wichtige Neuerscheinung zu der bedeutenden photographischen Stilepoche des „Neuen Sehens“ und der „Neuen Sachlichkeit“ in die eine wichtige Schaffensperiode von Arvid Gutschow fällt, der autodidaktisch mit der Photographie in Kontakt kam. Zwei Werkserien fallen beim Durchsehen des Bandes auf: „See Sand, Sonne“ und „Formen der Technik.“ Dass er sich mit dem Werk anderer Photographen auseinandergesetzt hat, dafür gibt es sichere Anzeichen da sich Zeitgenossen in seinen Photographien stilistisch/thematisch spiegeln. Aber es ist ästhetischer als die starke Formenreduzierung eines Blossfeldt und die technische und gestalterische Optimierung eines Renger-Patzsch. In der zweiten Serie von 1956 „Formen der Technik“ wird das im Vergleich zu Peter Keetmans bahnbrechenden Photographieserie aus dem VW Werk besonders deutlich. Aber für den heutigen Betrachter ist nicht so entscheidend ob Arvid Gutschow mehr Epigone war oder Impulsgeber sondern an welcher stilistischen Auseinandersetzung er beteiligt war. In seinen Photographien sind unzweifelhaft Aspekte der „Neuen Sachlichkeit“ zu erkennen, die Verwendung von Licht und Schatten erinnert sehr stark an den Bremer Photographen Hans Saebens. Stilistisch liegt Alfred Ehrhardt zwischen Arvid Gutschow und Albert Renger-Patzsch. Der Verdienst der Alfred Erhard Stiftung ist es, dass sie mit der Ausstellung und der begleitenden Publikation auf einen wichtigen Abschnitt der Stilgeschichte der Photographie hinweist und eine inhaltliche und thematische Diskussion anregt. Damit wird der Focus auf die entscheidenden gestalterischen künstlerischen Fragen gelegt, die sich aus dem Vergleich unterschiedlicher Werkgruppen ergeben und Bildgröße und Selbstbespiegelung treten in den Hintergrund. (DB) (Ausstellung: in Alfred Ehrhardt Stiftung Berlin, 12.01.-17.03. 2013)

 

Cy Twombly
Vol. IV Unpublished Photographs

184 Seiten, 111 Farbtafeln, Deutsch/Englisch/Französisch
Schirmer/Mosel
ISBN 978-3-8296-0589; 58 Euro

Cy Twombly (1928-2011), einer der wichtigsten Vertreter des abstrakten Expressionismus, hat die Welt im letzten Jahrzehnt mit einer Fülle photographischer Arbeiten überrascht. Motive aus dem Alltag, durchgängig warme Farbtöne sowie eine traumhafte Atmosphäre – Twomblys unscharfe Aufnahmen bilden „äußerlich“ den absoluten Gegenpart zu seinen weltberühmten kratzig-kantigen Zeichnungen. In ihrer Poetik und ästhetischen Qualität dem malerischen Werk ebenbürtig, eröffnen die Photographien ein weiteres Kapitel in Twomblys außergewöhnlich umfangreichem Oeuvre.  Der vierte Photo-Band präsentiert unter dem Titel „Unpublished Photographs“ 111 bisher unveröffentlichte Photographien aus dem Nachlass des Künstlers. Darunter sind auch Twomblys letzte Bilder, die er Anfang 2011, also wenige Monate vor seinem Tod, auf der Karibikinsel St. Barths photographiert hat. Die Welt der Dinge und die ihn umgebende Natur gehörten zu seinen bevorzugten künstlerischen Sujets und so zeigen die Bilder, was der Künstler in seinen diversen Ateliers (in Italien oder den USA) tagtäglich vor Augen hatte: die eigenen Skulpturen und Gemälde, Blumen, Früchte, Blicke aus dem Fenster, das Meer ...  Cy Twombly gehört zu den einflussreichsten Künstlern seiner Generation. Zusammen mit Robert Rauschenberg, mit dem er eng befreundet war, besuchte er in den frühen 1950er Jahren das Black Mountain College in North Carolina, wo John Cage und Robert Motherwell unterrichteten. Bereits in seinen frühen Arbeiten spielt die Faszination für klassische Literatur und Geschichte eine einflussreiche Rolle. Seine photographischen Motive nimmt Twombly mit einer Sofortbildkamera auf. In einem speziellen Pigment-prozess (Dryprint-Verfahren) werden diese Unikate in einer Vergrößerung in limitierter Auflage gedruckt. Nicht nur die so erzielte spezielle Sättigung der Farben, sondern auch die auffällige Unschärfe machen den unverwechselbaren Charakter und außergewöhnlichen Reiz der Aufnahmen aus. 

 

Jürgen Wassmuth (DGPh)
Portrait und Reportage

176 Seiten
MITP Verlag
ISBN: 978-3826694493; 29,95 Euro

Menschen natürlich und charakteristisch zu photographieren, stellt für viele eine echte Herausforderung dar. Es sind die alltäglichen Situationen und die vertraute Atmosphäre, die ein gutes Miteinander für authentische Porträts ermöglichen ­ Porträts, die Geschichten erzählen, von Charakter, aber auch von Sympathie oder Abneigung. Doch wie schafft man Nähe zu fremden Menschen? Wie photographiert man Situationen, ohne dass sie gestellt wirken? Der Autor und Photograph Jürgen Wassmuth zeigt, mit welcher Bildsprache Momentaufnahmen respektvoll und lebendig festgehalten werden können. Dabei geht er auf die Arbeit mit Menschen, die Herangehensweise und das Verhalten des Photographen selbst ein. Zugleich greift er Themen wie die Komposition und die geeignete Ausrüstung auf und begegnet der Frage nach natürlichem oder künstlichem Licht. Der Autor gibt zudem einen kleinen Exkurs, wie aus Einzelbildern eine Reportage oder ein Photoessay wird. Ein kurzer Einblick in die rechtlichen Aspekte und den digitalen Workflow rundet dieses Buch ab. Anhand vieler Bildbeispiele und deren Geschichten macht Jürgen Wassmuth den Leser mit dem lauschenden Blick vertraut und erzählt, wie man authentische Reportagebilder mit Charakter photographieren kann.

 

Harry Benson
The Beatles – on the Road 1964 - 1966

Mehrsprachig: Englisch / Deutsch / Französisch
272 Seiten mit zahlreichen Photos
Taschen Verlag
ISBN 978-3-8365-3322-5; 49,99 Euro

Es war 1964, als Harry Benson vom Londoner ‚Daily Eypress‘ eher zufällig den Auftrag erhielt, mit den Beatles nach Paris zu fliegen. Für den jungen Pressephotographen sollte es die größte Reise seines Lebens werden. Denn die Beatles empfingen Benson wie einen alten Freund in ihrer Runde. Das Resultat dieser Offenheit waren äußerst private Aufnahmen der Band, die damals kurz vor der Welteroberung stand. Im Pariser Luxushotel George V entstand die legendäre Serie von der Kissenschlacht des Quartetts. Auch ihren großen Durchbruch auf der ersten USA-Reise hielt Benson mit seiner Kamera fest – die Hysterie in New York, ihren berühmten Auftritt in der Ed Sullivan Show, ihren Besuch in Florida einschließlich des Treffens mit Cassius Clay sowie die Dreharbeiten zu „A Hard Day's Night“. 1966 folgten Bilder von George Harrisons Flitterwochen auf Barbados und von der US-Tournee. Bensons atmosphärische Schwarzweiß-Photos zeigen die Beatles aus allernächster Nähe – beim Komponieren und auf der Bühne, mit ihren Fans und beim Versuch, ihre wachsende Isolation durch den Ruhm mit gemeinsamem Herumalbern zu bannen. Dieser prachtvolle, beim Taschen-Verlag, Köln, erschienene, großformatige Bildband versammelt viele bisher unveröffentlichte Photos, dazu kommen ein einleitender Essay Bensons sowie Zitate und originale, zumeist doppelseitig gedruckte Zeitungsausschnitte aus jener Epoche. Harry Benson hat jeden US-Präsidenten seit Dwight D. Eisenhower photographiert, er dokumentierte das Civil Rights Movement der 1960er Jahre und war neben Robert Kennedy, als dieser ermordet wurde. Aus Bensons Kamera stammen viele hervorragende Porträts von Prominenten wie Winston Churchill, Queen Elizabeth II, Elizabeth Taylor und Michael Jackson. Benson wurde vielfach ausgezeichnet. 2009 wurde der geborene Schotte, der in New York und Florida lebt, für seine Verdienste um die Photographie zum Commander of the British Empire (CBE) ernannt. (vZ)

 

Miroslav Tichy
Die Stadt der Frauen

248 Seiten, 136 Farb- und 22 S/W-Abb.
Kehrer Verlag
ISBN 978-3-86828-360-0; 29,90 Euro

Als Miroslav Tichý (1926 – 2011) bei der Biennale von Sevilla 2004 durch Harald Szeemann erstmals der breiten Öffentlichkeit präsentiert wurde, hatte die Kunstwelt einen neuen Star an ihrem Firmament fixiert. Tichy war Maler, Photograph und Asket mit überzeugender Inventionskraft und erweiterte die Grenzen der Photographie um ein gleichermaßen sonderbares und zauberhaftes Kapitel: Nach seiner Ausbildung zum Maler photographierte er jahrelang obsessiv und heimlich die Frauen seines Heimatortes. In der dunkelsten Zeit des tschechoslowakischen Sozialismus war es ihm in der Provinz Südmährens gelungen, die Schönheit der Frau in einem Gesamtwerk von singulärem Rang zu feiern. Die Publikation reflektiert anhand bislang unveröffentlichter Bilder und Dokumente kritisch den Werdegang der großen Künstlerpersönlichkeit und überprüft die Mythen seiner Existenz (Ausstellung: Zephyr, Mannheim; 24.02.–26.05.2013)

 

Neues Leben - Russen Juden Deutsche
Michael Kerstgens (DGPh)

136 Seiten, ca. 80 Abbildungen
Kehrer Verlag
ISBN 978-3-86828-277-1; 29,90 Euro

Das Gedenkjahr zur 80. Wiederkehr des Diktaturbeginns 1933 in Deutschland ist der äußere Anlass zu der Ausstellung in der Ludwiggalerie in Oberhausen, die vorher bereits im jüdischen Museum in Berlin gezeigt wurde. Daher soll hier noch einmal auf das zugehörige Buch hingewiesen werden. Die photographische Arbeit von Michael Kerstgens zeigt, wie nach 1933 die gleiche Menschengruppe jüdischen Glaubens aus Osteuropa und der Sowjetunion wegen progromartiger Verfolgungen dort, nach Deutschland/Berlin (Scheunenviertel), floh, und in demagogisch inszenierten Photographien verunglimpft wurde. Wenn es richtig ist, dass man nur versteht, was man kennt, sind diese in dem Buch dokumentierten photographischen Serien von großer Bedeutung für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft.
Michael Kerstgens wurde an der Folkwang Schule ausgebildet und in seinen Photographien wird die stilistische Auffassung von Otto Steinert wiedergespiegelt. Auch er ist als Bildjournalist daraus hervorgegangen, und manchmal gehen seine Motive über eine Dokumentation weit hinaus. Seine partizipierende Beobachtung wird von dem persönlichen Kontakt zu den abgebildeten Personen geprägt, also eine eher subjektive Authentizität unter Vernachlässigung einer gestalterischen Durchdringung des Bildmotives. Der theoretisch interessierte Photograph bedauert nur ein wenig, dass in diesem so wichtigen Buch gar nicht der photographisch stilistische Aspekt dieser Werkserie thematisiert wird. (DB) (Ausstellung: Oberhausen 24.02. - 21.04. 2013)

 

Viviane Sassen
In and Out of Fashion

296 Seiten, 250 farbige Abbildungen, Englisch
Prestel Verlag
ISBN: 978-3-7913-4828-5; 49,95 Euro

Die niederländische Photographin Viviane Sassen zählt heute zu den erfolgreichsten Photographinnen ihrer Generation. Ihre künstlerisch absolut eigenständigen Arbeiten, die sich zwischen den Genres von Mode-, Kunst- und Dokumentarphotographie bewegen, erscheinen in den wichtigsten Modemagazinen weltweit. Der Fokus liegt bei diesem Band auf ihren Kampagnen für Marken wie Miu Miu, Adidas, Stella McCartney, Diesel, Louis Vuitton, Viktor & Rolf. Gestaltet vom preisgekrönten niederländischen Designerbüro SYB, zeigt das Buch die ganze Bandbreite ihrer Bildsprache: harte Kontraste im Spiel von Licht und Schatten, knallige Farben und expressive Posen – Modephotographie als Kunstwerk.

 

Bertrand Cottet
Kosovo

128 Seiten, 91 farbige Abbildungen
Benteli Verlag
ISBN: 978-3-7165-1771-0; 29,80 Euro

In Westeuropa blickt man auf den Kosovo zumeist nur aus zwei Perspektiven: die eine zeigt eine gebeutelte Kriegs- und Konfliktregion, die andere, uns vertrautere richtet sich auf die Immigranten aus diesem Land, die hier ihr Glück suchen. Doch was heißt der Kosovo im eigenen Land, und wer sind seine Bewohner? Die Bilder des Photographen Bertrand Cottet bringen uns ein unbekanntes Land näher, Heimat von Serben, Albanern, Roma und anderen Ethnien gleichermaßen. Sich durchzuschlagen ist hier immer noch eine Notwendigkeit und eine Lebenskunst zugleich, auch wenn die internationale Gemeinschaft seit Jahren bemüht ist, eine Demokratie aufzubauen und die Wirtschaft anzutreiben. Cottet wirft einen intimen Blick auf diesen zerrütteten Teil Europas. In seinen sensiblen Photographien kommt er den Menschen, die er traf und zu Hause besuchte, mit viel Respekt nahe. Er zeigt den Alltag der Menschen, ihre Bescheidenheit und den Aufschwung, die Wunden und Narben, die Landschaften, die Zerstörung, aber auch den Wiederaufbau und die beständige Hoffnung auf ein besseres Leben. Neben den Photographien skizzieren die Erzählung Königliches Gebet von Ismail Kadare und ein Essay des Journalisten Jean-Arnault Dérens Geschichte und Gegenwart des Kosovo.

 

Sarah Hildebrand
Verlassene Orte / Lieux Délaissés

80 Seiten, 54 Farbabb., Deutsch/Französisch
Kehrer Verlag
ISBN 978-3-86828-381-5; 36 Euro

Die Schweizer Künstlerin Sarah Hildebrand photographiert Räume, die vorübergehend oder für immer verlassen wurden und spürt der Präsenz von Menschen nach, die abwesend sind. Ihre mittlerweile zehn Jahre umfassende Recherche entspricht einem innerlichen, sinnlichen und poetischen Besuch in außergewöhnlichen Häusern. Die Photographien verdichten die hier vorgefundene Atmosphäre derart, dass man meint, das Knarren der Bodendielen und die Stimmen der abwesenden Bewohner zu hören. Abgewetzte Sitzpolster, Schlafstätten, die noch den Abdruck von Körpern zeigen, und Bilder, die für die Abwesenden mit Erinnerungen aufgeladen sind, lassen erahnen, wer in diesen Räumen gelebt hat. Wo sind die Bewohner der verlassenen Orte? Was hat sie veranlasst ihre Wohnungen zurück zu lassen? Welche Geschichten verbergen die Räume und was geben sie preis? Die bekannte Photographin Jessica Backhaus begleitet die Bilder mit einem Vorwort, eine Analyse der Kunsthistorikerin Klara Tuszynski rundet das erste Photobuch von Sarah Hildebrand ab.

 

Nelli Palomäki   
Breathing the Same Air

136 Seiten, 66 Abbildungen in Duplex; Englisch
Hatje Cantz Verlag
ISBN 978-3-7757-3455-4; 38 Euro

Die junge finnische Photographin Nelli Palomäki (*1981 in Forssa), Absolventin der renommierten Aalto University School of Art and Design in Helsinki, sucht in ihren Arbeiten nach der verloren gegangenen Magie, die der Photographie früher innewohnte. Noch vor 50 Jahren war es etwas Besonderes, sich ablichten zu lassen: Man zog dazu sein Festtagsgewand an und schaute unbewegt und ernst in die Kamera. Auch Palomäkis Modelle lächeln zumeist nicht, sie blicken uns stattdessen unverwandt und mit derselben Offenheit und Aufmerksamkeit an, die auch die Arbeit der Photographin kennzeichnet. Ihre schwarz-weißen Porträts, die vor allem Kinder und junge Menschen zeigen, suchen nach dem Verborgenen und Überraschenden, halten Erinnerungen fest und erzählen Geschichten. Palomäki berichtet, sie frage sich beim Betrachten der Bilder, wie die Kinder wohl in zehn Jahren aussehen werden – eine Überlegung, die der Betrachter ihrer nachdenklichen Photographien teilt.

 

Manfred Vollmer
Mein Revier

128 Seiten, zahlr. Abb.
Verlag Klartext
ISBN: 978-3-8375-0866-6; 19,95 Euro

Manfred Vollmers Photos nehmen den Betrachter mit auf eine Zeitreise zu den Brennpunkten des Reviers. Die Bilder erzählen von unvergessenen Ereignissen, von starken Emotionen und Erschütterungen: vom Sterben der Henrichshütte, vom Aufruhr um Rheinhausen, von Arbeitskämpfen und vom Streit für den Erhalt einer Siedlung. Seine Photos erzählen aber auch von Schrebergärten, vom Fußballplatz, vom Taubenzüchter oder von den Träumen und vom Alltag der Jugend. Auf den Bild-Spuren von Manfred Vollmer begegnet man Personen der Zeitgeschichte ebenso wie den Menschen des Reviers, dem Alltag in glücklichen und traurigen Momenten. Als Manfred Vollmer 1965 ins Ruhrgebiet kam, war dies noch klassisch schwarzweiß. Genau wie die Photos aus jener Zeit von Mitte der 1960er bis zum Ende der 1980er Jahre. Viel ist passiert in dem Vierteljahrhundert, das die letzte große Ära des Schwarzweiß-Photos sein sollte. Es war die Ära, in der das Ruhrgebiet ziemlich umgekrempelt wurde. Manfred Vollmer zog ins Ruhrgebiet, um an der Folkwangschule zu studieren. Er blieb bis heute, und aus dem eher zufälligen Kontakt mit dem Ruhrgebiet sind eine tiefe Verbindung und eine lange Freundschaft geworden. Nie unkritisch. Nie anbiedernd. Aber immer mit Herz.

 

Harald Hauswald
Ferner Osten - Die letzten Jahre der DDR

176 Seiten mit 155 Farbphotographien
Lehmstedt Verlag
ISBN 978-3-942473-50-7; 29,90 Euro

Wie nahezu alle ostdeutschen Photorealisten verdankt auch Harald Hauswald seinen Ruf ungeschönten und eindringlichen Schwarz-Weiß-Aufnahmen. Umso mehr erstaunt, dass er – bedingt durch seine »illegale« Arbeit für westliche Medien – schon in den letzten Jahren der DDR mehrere tausend Farbaufnahmen machte. Wie die von Mathias Bertram ausgewählten Photographien erkennen lassen, erweist er sich dabei nicht nur einmal mehr als genauer, oft sarkastischer Chronist des Alltags, sondern auch als ein bislang kaum wahrgenommener Meister der Farbkomposition. Die stimmungsvollen Bilder vergegenwärtigen die »Welt von gestern« stärker und intensiver als die vertrauten Aufnahmen in Schwarz und Weiß, lassen sie aber gerade dadurch auch fremder und ferner denn je erscheinen. »Wo Anspruch und Wirklichkeit des SED-Staats bildkräftig zusammenstießen, fing Hauswald diese Kollisionen ein, mit sarkastischer Sensibilität. Er blickte in die Risse und Klüfte der Gesellschaft. Oft zeigte er Schattengeschöpfe des Lebens, doch er schoss die Menschen nicht ab. Seinen Spott reservierte er für die Narrheit und den Pomp der Macht. Harald Hauswalds Bilder hüten unsere Welt von gestern. Das freie, ungelogene Erinnern sei unsere eigene Kunst.« (Aus dem Vorwort von Christoph Dieckmann)

 

Lehre und Lehrer an der Folkwangschule für Gestaltung in Essen
Von den Anfängen bis 1972
484 Seiten mit ca. 220 teils farbigen Abbildungen
Wasmuth Verlag
ISBN    978 3 8030 3213 3; 42 Euro

Die Essener Designerschule gehörte stets zu den bedeutendsten, innovativsten Ausbildungsstätten für Gestalter durch alle wechselnden Zeitläufte vierer verschiedener Gesellschaftssysteme hindurch: vom Kaiserreich über die Weimarer Republik und die NS-Diktatur bis hin zur Bundesrepublik. Dabei hob nicht nur das Folkwang-Konzept – der Versuch, bildende, angewandte und darstellende Künste an einem Ort zusammenzuführen – die Essener Einrichtung aus der Anzahl verwandter Institute heraus. Gerade die Folkwang-Schule wirkte durch das Zusammenwachsen von Lehrenden und Lernenden als Ort, der eine ganz eigene berufliche Gruppenidentität ermöglichte. Der vorliegende Band nähert sich dem Phänomen Folkwang-Schule auf verschiedene Weise. Wissenschaftlich fundierte Texte beleuchten zentrale Aspekte der bewegten Geschichte der Schule: so etwa die Entwicklung einzelner Fachrichtungen, wie Grafik, Photographie oder Industrie-Design, die Veränderungen während der NS-Zeit und die Neuorientierungen in der Zeit des Wiederaufbaus nach 1945. Sie würdigen herausragende Lehrpersönlichkeiten wie den langjährigen Leiter Alfred Fischer oder die Pioniere professioneller Photographie Albert Renger-Patzsch und Otto Steinert. Begleitet sind die Texte von historischen Dokumenten, die den Wandel der Lehre, aber auch Auseinandersetzungen während der NS-Diktatur belegen. Ebenso enthält der Band eine umfassende Sammlung biographischer Skizzen zu beinahe allen Lehrpersönlichkeiten bis Anfang der 1970er Jahre. Breiten Raum nehmen Interviews und Erinnerungen ehemaliger Studierender und Lehrender ein, die die historische Betrachtung um ihre unmittelbaren Eindrücke bereichern. Eine große Auswahl von Bildern aus dem Alltag der Schule illustriert ihre Geschichte und Leistung in den ersten sechzig Jahren.

 

Undisziplinierte Bilder
Fotografie als dialogische Struktur

354 Seiten, zahlreiche z.T. farb. Abb.
transcript
ISBN 978-3-8376-1491-6; 29,80 Euro

Die ›Undisziplin‹ von Photographien, ihre Nicht-Zugehörigkeit zu nur einer Forschungsdisziplin, führt zur Überwindung monodisziplinärer Deutungshoheiten und eröffnet neue Denkräume. Die Beiträge dieses Bandes kombinieren mediale mit soziokulturellen Aspekten der Photographie. Sie entwickeln daraus innovative Fragestellungen – dialogische Strukturen zwischen sozialwissenschaftlicher, historischer und konzeptionell-gestalterischer Bildforschung. Als Untersuchungen zur visuellen Kultur tragen sie zu einer Neubestimmung des Verhältnisses zwischen Bildtheorie und Bildpraxis bei und fordern zugleich eine neue Austauschqualität zwischen Wissenschaft und Kunst.