Biblische Gesichter Äthiopiens. Christine Turnauer
Die religiösen Ursprünge Äthiopiens

Die Photographin Christine Turnauer hat bereits mehrere ausgedehnte Reisen rund um die Welt gemacht. Dabei hat sie außergewöhnliche Menschen porträtiert: zentralafrikanische Pygmäen, mongolische Nomaden, japanische Geishas, österreichische Bäuerinnen, ebenso tief religiöse Menschen aus jüdischen, christlichen, muslimischen, buddhistischen und hinduistischen Kulturkreisen. In Äthiopien, einem Land, dessen Geschichte bis in die biblischen Zeiten zurückreicht und von einer Vielfalt an Religionen, Ethnien und Sprachen geprägt ist, hat sie deren religiöse Ursprünge erkundet.

Vor allem das Juden- und das Christentum haben in dem afrikanischen Land zahlreiche Spuren hinterlassen. Christine Turnauer, die vorbehaltlos das Menschliche in den Blick nimmt, hatte sich in Äthiopien als Ziel gesetzt, dessen jüdische und christliche Ursprünge zu erkunden, vor allem aber tief religiöse Menschen, deren Glaube sich in die Gesichter eingeschrieben hat, zu photographieren. Daraus ist der im Kehrer-Verlag, Heidelberg, erschienene, großformatige Bildband „Biblische Gesichter Äthiopiens“ entstanden. „Christine Turnauer berichtet nicht nur von Steintafeln und Steinkirchen, sondern von ‚lebendigen Steinen‘, den Menschen Äthiopiens“, informiert Prof. Dietmar W. Winkler in seinem Vorwort, während die Photographin selbst mitteilt, dass ihr auf ihrer Reise durch Äthiopien überall würdevolle, tiefgläubige Menschen begegnet sind. Dies belegt auch der Bildteil, der in wunderbaren Schwarzweiß-Photographien zumeist Porträts zeigt, aber auch Aufnahmen von Familien und eine kurze Sequenz ihres Aufstiegs zum Kloster Mariam Korkor enthält.

Rabbi Menachem Waldman erläutert in seinem Text: „Das Buch soll Verbindungen zwischen den verschiedenen Teilen des äthiopischen Volkes schaffen und die Hoffnung auf ein Leben in gegenseitiger Achtung und Liebe für die Nachkommen unseres Vaters Abraham wecken.“ Dr. Prinz Asfa-Wossen Asserate, der Vorsitzende des Vorstands der Gesellschaft zur Erhaltung und Förderung der äthiopischen Kultur, schildert in seinem Beitrag unter dem Titel ‚Das Äthiopische Kaiserreich in Interaktion mit der Äthiopisch-Orthodoxen Kirche‘, dass die überlieferte Tradition der äthiopischen Kaiserdynastie und der äthiopischen Kirche 3000 Jahre zurückreicht sowie Hof, Kirche und Volk in Äthiopien letztlich über die Jahrhunderte immer danach eiferten, ein Bewusstsein, das Äthiopien über die Jahrhunderte geprägt und die Nation über alle Schwierigkeiten hinweg geeint hat, wach zu halten. Prof Winkler widmet sich abschließend der Geschichte des Landes aus dem Blickwinkel eines Historikers. Sein Fazit: „Das Buch gibt mit seinen faszinierenden Bildern wunderbare Einblicke in die vielfältigen Gesichter und Traditionen Äthiopiens. Es spiegelt den spirituellen Reichtum wider, der aus dem Zusammenfluss der verschiedenen Religionen im äthiopischen Hochland erwachsen ist.“

Die eindrucksvollen Schwarzweiß-Photographien belegen, wie sehr sich Christine Turnauer für das Seelenleben derjenigen interessiert, die sie in Äthiopien porträtiert hat. Sensibilität, gegenseitiges Vertrauen und Respekt sind dafür wichtige Voraussetzungen. Sie beweist somit, dass sie eine Sinnsucherin ist, die vorbehaltlos das Menschliche in den Blick nimmt.  (vZ)
                                        
Christine Turnauer 
Biblische Gesichter Äthiopiens 
Texte: Asfa-Wossen Asserate, Menachem Waldman, Dietmar W. Winkler 
Format: 26 × 32 cm mit 54 Triplex-Abbildungen
120 Seiten, Dreiviertel-Leinenband
Heidelberg, Kehrer-Verlag
ISBN: 978-3-96900-168-4; 58,--

Ausstellung: Chapelle Sainte-Anne, Arles (F), noch bis 23. März 2025