Im ‚Beuys Land‘ am Niederrhein
Joseph Beuys (1921 – 1986), der in Rindern, einem kleinen Dorf nördlich von Kleve am Niederrhein, auswuchs, war ein bedeutender Aktionskünstler, Bildhauer, Medailleur, Zeichner und Professor an der Kunstakademie Düsseldorf. Er gilt heute weltweit als einer der einflussreichsten Künstler des 20. Jahrhunderts. Aber wo genau verortete Beuys seine künstlerischen Wurzeln, wo lagen seine Kraftquellen?
Letztlich auf Anregung von Peter Sager, damals Redakteur des Zeitmagazins, hielt 1978 Gerd Ludwig, einer der wegweisenden, u.a. 2014 mit dem Salomon-Preis der DGPh ausgezeichneten Dokumentarphotographen unserer Zeit, auf eindrucksvolle Weise fest, wie Joseph Beuys sich seiner Vergangenheit näherte – in der Stadt Kleve und deren niederrheinischer Umgebung, dort, wo für den Künstler alles begann. Daraus ist das in der Edition Lammerhuber, Baden (A,) erschienene Buch „Beuys Land“ entstanden, das die niederrheinische Naturlandschaft zwischen Deich, Kolken, Alleen und den Menschen vor Ort als Zentrum des Beuysschen Kosmos zeigt. Gerd Ludwig hat den Künstler dort Ende der 1970er/Anfang der 1980er Jahre bei Waldspaziergängen, bei Besuchen bei Freunden und Bekannten sowie seiner ehemaligen Schule, dem Freiherr-vom-Stein-Gymnasium, begleitet. Seine dabei aufgenommenen Photographien bilden den ersten Teil des Buchs. Weitere Bildstrecken zeigen Joseph Beuys zusammen mit seiner Frau Eva an seiner Arbeitsstätte am Drakeplatz in Düsseldorf, bei einer Selbstdarstellung im Museum Folkwang in Essen sowie beim Fastnachtsumzug in Basel.
Frank Mehring, Professor für American Studies an der Radboud University Nijmegen, analysiert in seinem Text ausführlich, wie der Mensch Joseph Beuys hinter der Marke zu erkennen und seine Bedeutung für die digitale Generation heute zu verstehen ist. Dabei konzentriert er sich auf Beuys‘ biographische Ursprünge am Niederrhein und betont, dass Photographie für Beuys wesentlich war, um seine vergänglichen Aktionen im öffentlichen Raum dauerhaft festzuhalten. In Gerd Ludwigs von Beuys 1978 am Niederrhein, eben in ‚Beuys Land‘, entstandene Photographien sieht Mehring zudem eine Art Zentralschlüssel zum Entdecken jener Landschaft, die im Mittelpunkt des Lebens und des Werks des Künstlers steht sowie dessen künstlerische Energie, dessen ökologisches Bewusstsein und Vitalität prägte und sich letztlich selbstbewusst in die nationale und internationale Kunstwelt hineinzubewegen, sowohl geographisch als auch ästhetisch.
Frank Mehring, der ehrenamtlich auch das Heimatmuseum von Rindern leitet, hatte 2021 die Idee, sieben der Beuys-Photos von Gerd Ludwig im riesigen Format vergrößern zu lassen und genau dort in der Landschaft des Niederrheins an einem Radweg aufzustellen, wo diese entstanden sind. Freddy Langer, der langjährige Leiter des Reiseteils der Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) und in deren Feuilleton verantwortlich für die Photographie, ist diesen Weg einen Tag lang gemeinsam mit Frank Mehring und Gerd Ludwig abgefahren und hat der Tour unter dem Titel „Heiliger Joseph, wir danken Dir“ einen Aufsatz gewidmet. Darin verschmelzen die Gespräche der drei Herren unterwegs sowie skurrile Begegnungen entlang der Strecke mit Gedanken zu Kunst und Ökologie sowie Reflexionen über Joseph Beuys‘ Einstellung zur Natur. (vZ)
Gerd Ludwig, Frank Mehring
Beuys Land
Text: Freddy Langer, Frank Mehring
Format: 30×21 cm, Hardcover
108 Seiten mit 59 Fotos
Sprache: Deutsch, Englisch
Baden (A), Edition Lammerhuber
ISBN: 978-3-903101-99-9
49.90 €