Der Fotograf Peter Keetman (1916-2005) ist im wahrsten Sinne ein Lichtbildner. Seine Motive sind vom Licht gestaltet oder wie Rolf Sachsse es formuliert: „das Œuvre Keetmans ist gleichermaßen vom spielerischen Ansatz der Motivwahl wie von einer unnachgiebigen Perfektion in der Ausführung geprägt.“ Er hat die Fotografie der 50er und 60er Jahre mit seinen außergewöhnlichen Bildgestaltungen geprägt, von denen die sicher bekannteste Werkgruppe „Volkswagenwerk 1953“ ist, die auch als Buch erschienen ist.
Der von der Galerie Julian Sander vorgelegte Katalog „Keetman“ präsentiert 50 Fotografien (Vintage prints) aus dem Nachlass von Gerd Sander (1940-2021), der sie um 1980 vom Fotografen Peter Keetma direkt erworben hatte. Das Konvolut beinhaltet einige berühmte wie „Raumschwingungen aus Licht, Volkswagenwerk“ aber überwiegend Motive wie Eis-, Schatten-, Bewegungs- und Baum-Strukturen, Landschaften und somit den kreativen aber weniger bekannten Keetman und ist daher besonders auch für aktive Fotografen*innen interessant.
Die Bildmotive sind von höchstem ästhetischem Anspruch und greifen mit ihren experimentellen, graphisch prägnanten Bildgestaltungen die fotografische Avantgarde der 1920er Jahre stilistisch auf. Keetman wusste die Anregungen des Neuen Sehens und der Neuen Sachlichkeit mit seiner eigenen individuellen Wahrnehmung der ihn umgebenden Wirklichkeit zu verbinden und in eine neue, zeitgemäße Ästhetik zu überführen. Zu seinen Sujets gehörten „transparente Wassertropfen, der diffuse Rauch einer Zigarette, kristallene Eisbildungen, Spiegelungen und Reflexionen von Kondenswasser, Dampf und Nebel“ - Phänomene der Natur und Dingwelt, die er in seinem unmittelbaren Alltagsumfeld in Breitbrunn fand. Und die er in dem Zitat „Wir sind - ……. - von einer Welt voller gesetzmäßiger Wunder umgeben“ zusammenfasste und in deren Sichtbarmachung er seine Aufgabe als Fotograf sah. Nur einmal und ganz subjektiv ist ein Hinweis auf seine schwere Kriegsverletzung, das verlorene linke Bein, in dem Motiv “Mensch und Natur (1949)” - der linke Schuh, der auf brüchiges Eis tritt. Die Bedeutung dieser Art Fotografie hat Julian Sander in dem Zitat zusammengefasst: „heute verwechseln die „Künstler“ fotoähnliche Selbstinszenierung mit künstlerischer Fotografie.“
Der Galerie Julian Sander gebührt Anerkennung, dass sie die Werkgruppen des bedeutenden Fotografen Peter Keetman (1916-2005) nicht nur ausstellt, sondern auch mit einem solchen hochwertigen Katalog ehrt, der den experimentiellen Aspekt in seinem Werk darstellt. Rolf Sachsse hat einen Text zu den Bezugspunkten von Leben und Werk des Fotografen geschrieben. Maren Klinge stellt dessen Bedeutung für die Fotografie ab 1950 dar, die 5 Mitglieder der Gruppe fotoform „Wolfgang Reisewitz, Peter Keetman, Toni Schneiders, Ludwig Windstosser, Otto Steinert, Siegfried Lauterwasser“ wollten die Fotografie als avantgardistische Kunstform der 1920er Jahre mit der Radikalität ihrer Bildlösungen wiederbeleben. Diese themenreiche Retrospektive wird zum Nachdenken über die Fotografie und ihre künstlerischen Möglichkeiten anregen. Aktive Fotografen *innen sind zum Diskurs aufgefordert, wie man in einem digitalen Umfeld eigene Akzente setzt und neue stilistische Wahrnehmungen und Perspektiven schafft. (db)
Ausstellung bis 30. Juni 2023 in der Galerie Julian Sander (Köln)
Peter Keetman
Hrsg.: Galerie Julian Sander
Texte von Maren Klinge und Rolf Sachsse
Deutsch, Englisch
Buchgestaltung Broschur
80 Seiten, ca. 75 Abbildungen in Schwarz-Weiß
Eigenverlag, Köln
10,00 €