Die Olympischen Spiele der Neuzeit sind wie in der Antike auch immer ein politisches Ereignis gewesen, aber die Veranstaltung in München 1972 war auch ein besonderer Höhepunkt in Design und Kommunikation. Folgerichtig ehrt die Retrospektive zur 50. Wiederkehr jetzt auch den Designer Otl Aicher, der im besten Sinne ein Gestalter seiner Umwelt war.
Diese intensive Verflochtenheit von Design und Olympia analysiert die „Neue Sammlung“ (München) in den Entwürfen und Gestaltungsschemata von Otl Aicher, in denen Ideenreichtum, Innovationsgeist und technischer Fortschritt im Design zum Ausdruck kommen. Ein bis heute prägendes Element sind die von Aicher entwickelten und inspirierten Piktogramme zunächst als Informations- und Leitsystem für die Olympischen Spiele entwickelt, die Inhalte über Sprach- und Kulturgrenzen hinaus verständlich machten. Später wurden sie auf fast alle Lebensbereiche übertragen wie die heute allgegenwärtigen 4 Tätigkeitsbereiche der Feuerwehr. Dass große gestalterische Stringenz und exakte Planung auch daneben, zeigen die grünen Kreuze an den Sanitätsräumen (1972), die vor allem die ausländischen Athleten und Besucher missinterpretiert haben.
Neben beeindruckenden Abbildungen vermitteln die fundierten Texte von Scarlett Cornelissen, Barber & Osgerby, Brad Cracchiola, Tom Dauer, Karsten de Riese, Caroline Fuchs, Sven Güldenpfennig, Angelika Nollert, Markus Osterwalder, Gertrud Pfister, Linus Rapp, Xenia Riemann-Tyroller, Elena Schwaiger, Kathrin Steinbichler, Daniela Stöppel den damaligen visuellen und kommunikativen Aufbruch in Deutschland, der weltweit prägte. So wurde erstmalig das von Aicher entwickelte Farb- und Formsystem auf alle Aspekte der Olympischen Spiele die Architektur, die Fackel, Hinweisschilder, Mitarbeiterkleidung, Sportartikel, Athletenausstattung, usw. übertragen.
Das Buch ist aber auch die kritische Reflexion eines Abschnitts fotografischer Stilentwicklung, der bis heute prägend ist und hier an der beruflichen Tätigkeit von Karsten de Riese aufgezeigt wird. Otl Aicher hatte eine intensive Beziehung zur Fotografie deren Bedeutung für seine Gestaltungsentwürfe er hoch einstufte. So hatte er für jedes seiner Projekte wie Olympia, Lufthansa u.a. sorgfältig ausgesuchte Fotografen*innen, die er genau beauftragte aber mit ihnen auch sachkundig und emotional über die erstellten Fotografien diskutierte. Besonders ist hier auch auf das „Deutschland Projekt hinzuweisen, welches er initiierte, gestalterisch begleitete und in dieser Stringenz erst ermöglichte!
Ein empfehlenswertes Buch als Dokument der stilistischen Impulse für die Entwicklung der journalistische Reportagefotografie und des Corporate Design. Für Fotografen*innen und visuelle Gestalter*innen immer noch eine wichtige Inspiration und Messlatte. (db)
Karsten de Riese
Design für Olympia
Hrsg.: Angelika Nollert
Texte von Scarlett Cornelissen, Barber & Osgerby, Brad Cracchiola, Tom Dauer, Karsten de Riese, Caroline Fuchs, Sven Güldenpfennig, Angelika Nollert, Markus Osterwalder, Gertrud Pfister, Linus Rapp, Xenia Riemann-Tyroller, Kathrin Steinbichler & Elena Schwaiger.
Deutsch, Englisch
Buchgestaltung Broschur
192 Seiten, 350 Abbildungen meist in Farbe
Verlag Walther König, Köln
ISBN: 978-3-7533-0194-5
29,80 €