Estelle Blaschke beschreibt die Rolle von Bildagenturen und erhält dafür den DGPh-Forschungspreis für Photographiegeschichte 2012
Der DGPh-Forschungspreis für Photographiegeschichte wurde für 2012 Dr. Estelle Blaschke für ihre Dissertation „Photography and the Commodification of Images. The Bettmann Archive and Corbis (ca. 1924-present)“ zuerkannt. Der Preis, der alle zwei Jahre von der Sektion Geschichte und Archive der Deutschen Gesellschaft für Photographie ausgeschrieben wird und mit 3.000,- Euro dotiert ist, zeichnet wissenschaftliche Forschungen auf dem Gebiet der Geschichte und Theorie der Photographie aus.
Richtet sich der neuausgeschriebene Preis auf Themenbereiche, die sich „mit den Spuren beschäftigen, die die Photographie … im gesellschaftlichen Leben hinterlassen hat“, so erfüllt Estelle Blaschkes Arbeit dieses Desiderat auf ebenso umfassende wie faszinierende Weise. Estelle Blaschke beschreibt die Rolle von Bildagenturen in einer seit dem frühen 20. Jahrhundert immer ‚bildhungriger‘ werdenden Gesellschaft. Die Photographie ist dabei u.a. ein Instrument zur Transformation älterer, oft kunsthistorischer Bilder zu marktfähigen Objekten, d.h. zu Waren, die als solche ganz neue Bedeutungen und Verwendungen erhalten. Es ist eine der großen Leistungen von Estelle Blaschke, dass sie die Rolle der Photographie in diesem für die visuelle Kultur entscheidenden Bereich souverän und stringent in einer akademisch anspruchsvollen, aber dennoch sehr gut lesbaren Arbeit deutlich macht. Besonders überzeugend ist, wie sie den Übergang von den analogen zu den digitalen Bildarchiven analysiert. Immer an konkreten Beispielen arbeitend und dabei gleichwohl theoretisch reflektierend, kann sie zeigen, wie der ‚Traum von der Immaterialität‘ der neuen digitalen Bilder - und damit von ihrer universellen Verfügbarkeit - immer wieder von materiellen Widerständen durchkreuzt wird. Estelle Blaschkes historische Aufarbeitung kommerzieller Bildarchive leistet somit einen wichtigen Beitrag zum Verständnis unserer heutigen digitalen Bildwelt.
Die in Berlin lebende, 1976 geborene Estelle Blaschke studierte Kunstgeschichte und Anglistik an der Universität Regensburg und an der Humboldt-Universität in Berlin sowie, unterbrochen durch einen längeren Forschungsaufenthalt am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin, Visual Studies an der Pariser Sorbonne, wo sie im November 2011 ihren PhD erwarb.
Der Jury, die ihre Entscheidung einstimmig traf, gehörten neben Dipl.-Ing. Marjen Schmidt, Dr. Hans-Christian Adam und Dr. des. Dorothea Peters als Sektionsvorstand Dr. Jan von Brevern und Stefanie Grebe als Beirat an. Die erstmals international erfolgende Ausschreibung hatte eine erfreuliche Resonanz: Es wurden 41 Arbeiten in deutscher oder englischer Sprache eingereicht, darunter etwa zur Hälfte Dissertationen und - teils bereits publizierte – Monografien. Schon dies zeigt das hohe Niveau der Einsendungen, die ein breites inhaltliches Spektrum abdecken und als Indiz für die zunehmende Bedeutung photohistorischer Forschung quer durch alle Fachdisziplinen angesehen werden können.
Der Preis wird im Rahmen der Tagung Unikat, Index, Quelle. Erkundungen zum Negativ in Fotografie und Film am Samstag, den 23. Februar um 18 Uhr mit einem Vortrag der Preisträgerin überreicht. Diese interdisziplinäre Tagung, die einige zentrale Aspekte des Negativs erörtern wird, wird vom Deutschen Museum in München in Kooperation mit der Sektion Geschichte und Archive am 22. und 23. Februar durchgeführt.