Die ZDF-Reihe „Personenbeschreibung‘“ ist mit dem „Dr.-Erich-Salomon-Preis“ ausgezeichnet worden
Kunst der Dokumentation :
Dem ZDF ist eine besondere Ehre zuteil geworden. Es ist in Stuttgart mit dem „Dr.-Erich-Salomon-Preis“ ausgezeichnet worden, den die Deutsche Gesellschaft für Photographie seit 1971 an ein „publizistisches Organ“ vergibt, das „auf vorbildliche Weise von der Photographie als einem eigenständigen Mittel der Publizistik Gebrauch“ macht. Die preisgekrönten Organe waren zuvor die Zeitschriften „Stern“, „Du“, „Avenue“ und „Epoca“. Was macht in bezug auf die Fotografie das ZDF nun aber so viel preiswürdiger als die
Anstalten der ARD? Ein Glücksfall eines Fernsehjournalisten, den einst der WDR mit seinem berühmten „Pariser Journal“ unter seinen Fittichen hatte. Ohne Georg Stefan Troller, den gebürtigen Wiener, der jetzt in Paris lebt, und ohne dessen Kameramann Carl-Franz Hutterer, wäre auch das ZDF um eine Attraktion ärmer. ZDF-Intendant Holzamer, der mit Troller und Hutterer in der Stuttgarter Liederhalle den Preis entgegennahm, gelobte in seiner Dankesrede denn auch, er wolle die preisgekrönte Reihe „Personenbeschreibung“ auch weiterhin ermöglichen und auf jegliche Weise fördern. Auch die Fernsehzuschauer werden diese Worte gern zur Kenntnis nehmen. Die Aufgabe des Fernsehens sei es unter anderem, dem Menschen neue Dimensionen des Bewußtseins und des Verständnisses der Welt zu eröffnen, sagte Stuttgarts Oberbürgermeister Rommel in seiner Be- grüßungsrede. Genau das aber leisten auf besondere Weise die „Personenbeschreibungen“ Trollers, die jeweils eine halbe Stunde lang einen außergewöhnlichen Menschen durchleuchten. Dieser Ausdruck ist nicht übertrieben. Denn Troller versteht es, mit seinen Filmen den Eindruck zu erwecken, als kröche man in die dargestellten Personen hinein. Sie scheinen in allen ihren Aspekten greifbar lebendig vor einem zu stehen, und doch wirken diese Entblößungen bei Troller nie peinlich oder voyeuristisch, so delikat manchmal auch das Thema sein mag. Das sind in der Tat Qualitäten, die dem Namen des großen Fotografen Erich Salomon alle Ehre machen, jenes Pioniers der Pressefotografie in den zwanziger Jahren, den die Nationalsozialisten ermordeten.
Zu einer Preisverleihung gehören große Worte wie ein Deckel zu einem Topf. Hugo Schöttle von der Deutschen Gesellschaft für Photographie brachte sie in seiner Laudatio dar. Zuerst eine mit großem Beifall aufgenommene Geste gegenüber dem ZDF-Intendanten: Ihm verdanke das ZDF den Geist und die Atmosphäre eines Instituts, in dem eine Sendereihe wie „Personenbeschreibung“ entstehen und sich über einen längeren Zeitraum erfolgreich behaupten könne.
Dann wurde Georg Stefan Troller, der sich sonst sogar nicht in den Vordergrund drängen läßt, der von sich sagt, daß er schüchtern sei, mit wohlformulierten Worten aufs Podest gehievt. Er habe einen eigenen Stil der Fernsehreportage geschaffen, der aus der fesselnden Mischung von Information und Entertainment sowie deren optischer und akustischer Durchformung bestehe. Ihm komme dabei ein Gespür für effektvolle Blickrichtungen und Schnittwechsel zur Intensivierung des Gezeigten und natürlich seine unverwechselbare Stimme zugute. Manche hielten ihn für einen Romantiker. Aber seine Interviews seien realistisch, zupackend, lockten die Befragten aus ihrer Reserve hervor. :
Da hat es sich einmal Trollers direkter Vorgesetzter, Chefredakteur Rudolf Woller, auf sympathische Weise einfach gemacht, als er auf „seinen Sonderkorrespondenten“ angesprochen wurde: „Den Troller mag ich einfach, es muß auch für’einen Chefredakteur etwas bleiben, was er einfach mag.“ Das ist ein Kompliment, das dem so knapp und so präzis formulierenden Troller vermutlich noch besser geschmeckt hat.
Auszug, Stuttgarter Zeitung, 1975