Laudatio Dr. Erich Salomon-Preis 1979
Die Deutsche Gesellschaft für Photographie vergibt den Dr. Erich Salomon-Preis 1979 dem Westdeutschen Rundfunk Köln für seine Sendung "Der 7. Sinn".
Sie zeichnet damit eine seit 13 Jahren mit Konsequenz durchgeführte Teamarbeit aus, die in exemplarischer Weise das Medium Laufbild für eine bitter notwendige humanitäre Aufgabe - die Verkehrserziehung - nutzbar und wirksam gemacht hat. Maßnahmen, die dem Schutz menschlichen Lebens sowie der Herbeiführung umsichtiger Verhaltensweisen im Verkehr dienen sollen, gibt es seit mehr als 50 Jahren; schon gegen Ende der zwanziger Jahre wurden die ersten Filme im Dienst der Verkehrserziehung gedreht. In einer weitaus dringlicher gewordenen Situation, im Jahre 1964, regte die Deutsche Verkehrswacht beim Westdeutschen Rundfunk eine regelmäßige Fernsehreihe als Gemeinschaftsarbeit an. Es war ein Glücksfall, daß der damalige Sendeleiter und heutige stellvertretende Fernsehdirektor Klaus Mahlo ein "Autonarr" war - wie er sich auch heute noch selbst charakterisiert - und die Anregung aufgriff. Er analysierte die Möglichkeiten des Fernsehens für diese Aufgabe, die dem visuellen Medium auf den ersten Blick geradezu vorbestimmt erscheint, er erkannte aber auch die Grenzen, Langzeitwirkung der Fernseh-Spots das war das anzustrebende Ziel. Es konnte nur erreicht werden, wenn die Übersetzung der erzieherischen Absicht ins Bildhafte so gelang, daß sich der Betrachter über emotionale Eindrücke mit dem Verhalten wie mit dem Ergehen der vorgeführten Schicksalsgefährten identifizieren konnte. In Werner Kleinkorres als Redakteur, Günther Münch als Regisseur, Joachim Tolksdorf, Karel Yesely und Ekkehard Canis als Kameraleuten fand Mahlo Partner. Sie setzten die gemeinsam mit der Deutschen Verkehrswacht geplanten Themen so packend ins Bild, daß die Wirkung der Filmszenen auf die Zuschauer sich spürbar auf das Verkehrsverhalten der Autofahrer wie auch der Fußgänger auswirkte,
Die glaubhafte, oft erregende Darstellung gefährlicher Situationen auch im dichtesten Verkehr und bei jedem Wetter - ist den Ausführenden zu verdanken: jenen Männern, welche die gefährdeten Akteure darstellen, und jenen, die sie filmen. Es sind dies einerseits zwei Berufsfahrer des WDR, die ihren Ehrgeiz darein setzen, nur die schweren Zusammenstöße oder Überschläge von sogenannten Crash- Fahrern darstellen zu lassen, und andererseits die Kameraleute samt ihren Assistenten, die Toningenieure, Aufnahmeleiter und Regisseure.
Aus einer lebenswichtigen Zielsetzung, die allen Beteiligten klar vor Augen steht, hat sich in jahrelangem Zusammenwirken eine engagierte bildjournalistische Gemeinschaftsarbeit ergeben, deren Resultat jeweils ein der Wirklichkeit nachinszenierter Film ist. Eine Arbeitsweise, die im Bereich der Photographie eine Parallele in inszenierten Bildgeschichten hat.
"Die Information ist in einer Demokratie das Columbus-Ei der Meinungsbildung. Sie läßt dem Informierten sein Selbstbewußtsein und fördert sogar seine Selbsteinschätzung; sie hebt ihn über andere hinaus, die weniger oder gar nicht informiert sind, Botschaft als Information, Information als Appell an schon bekanntes Wissen oder Verhalten, Appell in knappster Zeit ohne Strapazierung von Geduld oder Wohlwollen", so hat Klaus Mahlo die Zielsetzung der Senderreihe "Der 7. Sinn" beschrieben. Sie erhielt bereits 32 nationale und internationale Preise und Auszeichnungen.
Indem die Deutsche Gesellschaft für Photographie dieser Senderreihe den Dr. Erich Salomon-Preis 1979 vergibt, zeichnet sie eine langjährige herausragende Leistung aus. Sie besteht in der filmischen Verdeutlichung von Botschaften und Informationen, deren Bedeutung für das Allgemeinwohl jedermann offenkundig ist. Damit ist sie eine Erscheinungsform des heutigen engagierten Bildjournalismus, die besonderer Hervorhebung würdig ist.
Dr. Walter Boje
Präsident: Dr. Hans Friderichs Bundesminister a. D., Mainz / Vizepräsident: Prof. L. Fritz Gruber, Köln