Auszeichnung: Dr. Erich Salomon-PreisJahr: 2006Ausgezeichnet wurde: Martin Parr

Martin Parr wird 2006 mit dem Dr.-Erich-Salomon-Preis geehrt.

In diesem Jahr wird mit Martin Parr ein Fotograf ausgezeichnet, der seit über 20 Jahren der Farbfotografie wie kaum ein anderer durch seine hintergründig humorvolle Darstellung der Menschen neue Impulse gegeben hat. Martin Parr, 1952 in Epsom, Surrey (Großbritannien) geboren, fand durch seinen Großvater Georges, einen ambitionierten Fotoamateur, früh zur Fotografie. Von 1970 bis 1973 studierte er Fotografie am Manchester Polytechnic. Seit dieser Zeit hat er an zahlreichen Projekten gearbeitet und die Fotokultur durch seinen innovativen Bildstil und seine neuen Sehweisen in starkem Maße beeinflusst. Parr stellt vornehmlich die scheinbar vorhandenen Klischees der verschiedenen Kulturen, die in unserer heutigen Gesellschaft zu beobachten sind, dar. Für ihn scheint der einzig mögliche Weg aus dieser geistigen Krise der vor allem britische Humor zu sein.

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Auszug aus der Laudatio auf Martin Parr, gehalten von Thomas Weski im Kristallsaal der KölnMesse am 24. September 2006:

Martin Parr wurde 1952 in Epson, Surrey, geboren. Das ist einer der Vororte, die noch im Speckgürtel Londons liegen. Sein Vater, ein Angestellter, war Hobbyornithologe, ein begeisterter Beobachter von Vögeln. Bereits als kleines Kind begleitete Martin seinen Vater auf dessen Exkursionen und er behauptet heute, dass ihn das lange und stille Warten hat geduldig werden lassen, eine Eigenschaft, die ihm beim Photographieren helfe. Sein Großvater war ein leidenschaftlicher Amateurphotograph. Nach der ersten magischen Erfahrung in dessen Dunkelkammer war es um Parr geschehen: Er wollte Photograph werden. In der Schule eher schlecht, schrieb er sich nach seinem Abschluss an der Manchester Polytechnic ein, die im Norden des Landes liegt. Es gab damals wenige Studienmöglichkeiten der Photographie in England und diese Schule beeindruckte ihn, nicht nur weil jeder Student über einen Dunkelkammerplatz verfügte, sondern weil (Zitat Parr) „dort auch geraucht wurde".

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Mit seiner Abschlussarbeit in Manchester 1979 war Parr seiner Zeit voraus. „Home Sweet Home" stieß in dem traditionell photographischen Umfeld auf Unverständnis, weil es mit konzeptionellen und künstlerischen Mitteln umgesetzt worden war. Parr präsentierte seine Schwarzweißphotographien nicht klassisch auf der Wand. Vielmehr zeigte er sie im Rahmen einer sorgfältigen Installation, die aus einen Raum bestand, der durchaus so hätte existieren können. Parr hatte Innenräume, aber auch Details, wie Tapetenmuster, Erinnerungsphotographien, Fernsehgeräte, in ihrem häuslichem Umfeld photographiert, diese Aufnahmen in billige Kaufhausrahmen gerahmt und sie in dem lebensgroßen Modell eines typisch englischen Wohnzimmers installiert. Von der Tapete über mit Phototellern gedeckten Tischchen bis zum Blick aus dem Fenster war alles bis ins Detail durchdacht und Teil dieses Gesamtkunstwerks, das Präsentation und Repräsentation zum Thema hatte.

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Freizeit, Konsum und Kommunikation sind die Begriffe, zu denen Parr als inzwischen weltweit Reisender seit nunmehr mehreren Jahrzehnten forscht. Nationale Eigenheiten, ihre globale Nivellierung und internationale Phänomene werden von ihm dabei auf ihre Gültigkeit als Symbole für das zukünftige Verständnis unserer Kulturkreise untersucht. Parr macht das scheinbar Vertraute in neuer Form zugänglich. Ein ganz eigenes Gesellschaftsbild, das uns als Betrachter ermöglicht, eine Analyse der sichtbaren Zeichen der Globalisierung mit ungewöhnlichen Seherfahrungen zu verbinden, entsteht. Individuelles wird dabei gegen Universelles gesetzt, Widersprüche bleiben unaufgelöst, Eigenheiten werden akzeptiert und Skurriles geschätzt.

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Sie sehen, dass Martin Parr ein seriös und hart arbeitender Tausendsassa, ein Aufklärer, ein Moralist und ein Erneuerer ist, ein widersprüchlicher Mensch also, der selbstbewusst einerseits auf die Tradition einer Photographie als Kunst setzt, andererseits ständig die Grenzen seines Mediums in Frage stellt. In der Kombination aller seiner Interessen ist er - wie ich finde - eine einzigartige Persönlichkeit der zeitgenössischen Photographie. Ich freue mich, dass die DGPh Martin Parr auszeichnet - einen Photographen, der unser Unterbewusstsein immer wieder konditioniert. Einmal gesehen, entdecken wir seine Bilder ständig in unserem Leben wieder. Ihr Humor und ihre Ironie bringen uns zu einem erkennenden und zugleich befreienden Lachen.