Laudatio
für Herrn Prof. Dr. Hellmut Frieser, München, anläßlich der Verleihung des Kulturpreises 1969 der Deutschen Gesellschaft für Photographie e.V. am . November 1969
Herr Prof. Dr.-Ing. Hellmut Frieser wurde am 22.8. I9OI in Franzenthal geboren. Nach dem Abitur 1920 studierte er Chemie an der TH Dresden,
wo er 1924 den Grad eines Diplom-Chemikers erwarb. Mit einer Arbeit über "Die Zersetzung des Triamintrinitrokobalt im Dunkeln und bei Belichtung" promovierte er zum Dr.-Ing. bei Prof. Robert Luther.
In den Jahren 1927 - 193O war er Assistent am Wissenschaftlich photographischen Institut der TH Dresden. Anschließend führte er Forschungsarbeiten in der Industrie durch, zunächst 1930-34 bei Siemens, 1934 - 36 bei Zeiss-Ikon. 1936, also erst 35-jährig, wurde er als ordentlicher Professor und Direktor des Dresdner Wissenschaftlich Photographischen Instituts auf den Lehrstuhl seines ehemaligen Lehrers Luther berufen.
Von 1946 bis L952 arbeitete er in der UdSSR. Nach einer Industrietätigkeit in den Jahren 1953 bis 58 folgte er einem Ruf an die Technische Hochschule München, wo er ein Institut für Wissenschaftliche Photographie einrichtete, aIs dessen Direktor er heute noch aktiv wirkt.
Als bedeutender Lehrer vermag er seine SchüIer und Mitarbeiter für aktuelle Probleme der Forschung zu begeistern. Seinen Mitarbeitern ist er stets hochgeschätztes Vorbild, da er auch heute noch mit innerer Freude und Erfolg theoretische und experimentelle Arbeiten durchführt.
Die großen Erfolge seiner bedeutsamen Forschungsarbeiten liegen
vor allem auf dem Gebiet der Untersuchungen über die Informationskapazität photographischer Schichten. Hier sind die Arbeiten über Modulationsübertragungsfunktion und insbesondere deren Abhängigkeit von den Eigenschaften einer photographischen Schicht von Bedeutung. Arbeiten über Körnigkeit vervollständigen diese Untersuchungen. Auch den Zusammenhang zwischen subjektiver Bildqualität und den physikalischen Eigenschaften der Bilder hat er eingehend erforscht.
Ausführlich hat er sich mit Problemen der optischen und der chemischen Sensibilisierung befaßt, wobei er erfolgreich radioaktiven Schwefel als Tracer anwandte.
An weiteren Arbeiten sind Beiträge zur Theorie von Ton- und Farbfilm zu nennen, ferner befaßte er sich mit, Problemen der Elektrophotographie. Untersuchungen der photographischen Entwicklung wurden mit Hilfe von mikrophotographischen Aufnahmen und neuerdings mit einem Ultrarot-Bildwandler durchgeführt.
Dem alten Ziel, das latente photographische Bild schon ohne Entwicklung zu sehen, ist er im Augenblick bereits sehr nahe gekommen.
Seine erfolgreiche Tätigkeit verschaffte ihm höchstes internationales Ansehen. So erhielt er die Ehrenmitgliedschaft der SPSE und die goldene Medaille der Wiener Photographischen Gesellschaft. Mit großem Erfolg hat er sich auch der Deutschen Gesellschaft für Photographie als Leiter der Sektion Forschung und als Organisator verschiedener internationaler Fachkongresse zur Verfügung gestellt. Das Ansehen Deutschlands auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Photographie ist aufs engste mit seinem Namen verknüpft.
Neben dem Wissenschaftler darf der Mensch nicht vergessen werden. Seine Vielseitigkeit und seine große Bescheidenheit sind allen die ihn kennen, eindrucksvolles Vorbild. Wer seine wissenschaftlichen Leistungen nicht voll verstehen kann, bewundert seine Begabung auf den Gebieten der Musik, der Malerei und der künstlerischen Photographie.
Die DGPh ehrt mit der Verleihung des Kulturpreises an Herrn Prof . Dr.-Ing. Hellmut Frieser den Wissenschaftler, der durch eine Fülle von Arbeiten wesentlich zur Aufklärung der Theorie der photographischen Prozesse beitrug und grundlegende Wege zur weiteren Erforschung wissenschaftlicher und technischer Probleme aufzeigte.
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Laudatio für Herrn Herbert Bayer, Aspen, Colorado:
Der Kulturpreis der Deutschen Gesellschaft für Photographie wird verliehen an Herbert Bayer, Aspen, Colorado. In Anerkennung eines richtungweisenden Schaffens, das seit mehr als vier Jahrzehnten Maßstäbe setzt für die Einbeziehung der experimentellen wie der Sachphotographie in weite Bereiche der gestalterischen Verwendung, insbesondere auf den Gebieten der Typographie und der Grafik, dazu des Design im weitesten Sinne.
Diese Leistungen zusammenzufassen unter dem Begriff "VisuelIe Kommunikation", sind untrennbarer Bestandteil eines reichen Lebenswerks, das in jüngerer Zeitüberwiegend im Zeichen von Kunst und Architektur steht.
Herbert Bayer, 1900 in Haag, Österreich als Sohn eines Steuerbeamten geboren, konnte wegen des frühen Todes seines Vaters nicht die Kunstakademie besuchen. Als Schüler bedeutender Architekten - Schmidthammer in Linz, Margold in Darmstadt - kam er früh mit den Ideen des Werkbundes in Berührung.
Der Ruf des 1919 gegründeten Bauhauses zog ihn nach Weimar, wo er zunächst unter Kandinsky Wandmalerei studierte, doch bald auch den Problemen, der Typographie sich zuwandte. In jener Zeit erkannte er die Möglichkeiten, welche die bewußte und intensive Einbeziehung der Photographie für die graphischen Künste und Techniken bot, und er folgte diesem Weg dann mit besonderer Konsequenz, als er 1928 in Berlin ein eigenes graphisches Atelier eröffnete. Neben freien photographischen Arbeiten - oft mit surrealistischen Anklängen - war es besonders die Photomontage, die er pflegte und die er in den Dienst der Werbung und der Ausstellungsgestaltung, der Umschlagentwürfe und Seiten-Layouts für Zeitschriften und Kataloge stellte. Für die Einschmelzung der Photographie in andere Medien ist diese seine Arbeit bis heute wegweisend geblieben.
Das graphische Bild der Zeitschriften "Neue Linie" und "Vogue" (deutsche Ausgabe) sowie die Arbeiten des Dorland-Studios erfuhren durch ihn unverwechselbare Prägung. [...]
Die heutige Ehrung ist Ausdruck der Anerkennung und der Dankbarkeit dafür, daß Herbert Bayer in dieses Schaffensbild die Photographie von Anbeginn mit Selbstverständlichkeit einbezogen hat.