Dr. Karl H. Pawek war Mitbegründer verschiedener Zeitschriften, darunter Die Pause, 1935 und magnum. Die Zeitschrift für das moderne Leben, 1954. Seit 1962 war er Redakteur bei der Zeitschrift Stern. Bekannt wurde Dr. Pawek vor allem als Fototheoretiker und als Kurator der Ausstellungsreihe Weltausstellungen der Photographie (1964, 1968, 1973 und 1977), die ein Millionenpublikum erreichte.
Auszug aus der Laudatio von Karl Steinorth:
Die Deutsche Gesellschaft für Photographie vergibt ihren Kulturpreis 1983 an den in diesem Jahr verstorbenen Publizisten Dr. Karl Pawek. Sie ehrt damit einen Mann, der vor allem in den 50er und 60er Jahren durch die von ihm gegründete und geleitete Zeitschrift "magnum" und die von ihm konzipierten und zusammengestellten Photoausstellungen unser Verständnis davon erweitert hat, was Photos bewirken können. Mit "magnum" und den Weltausstellungen der Photographie hat er auch gezeigt, welche eigenständige Kraft die Photographie als Kommunikationsmittel haben kann.
Karl Pawek wurde 1906 in Wien geboren. Er studierte Theologie und Staatswissenschaften und promovierte in Philosophie. 1935 gründete er die Zeitschrift "Die Pause" und nach dem Krieg in Wien einen Verlag, aus dem 1954 die Zeitschrift "magnum" hervorging. Wie es zu einer Zeitschrift kam, die das Photo nicht mehr zur Illustration des Wortes einsetzt, sondern dem Bild eine eigenständige Bedeutung zukommen läßt, hat Pawek einmal so geschildert: "Ende der 40er Jahre redigierte ich in Wien eine Zeitschrift im Stil einer schön frisierten Österreich-Wer-bung. Da brachte mir eines Tages der Wiener Photograph Franz Hubmann eine Aufnahme von einer alten Frau am Brunnenmarkt in Ottakring. Sie ging in ihren Hausschuhen über den Markt und ihre Strümpfe hingen wie eine nicht ganz ausgezogene Ziehharmonika an ihren alten Beinen herab. Man sah die Frau von rückwärts, und ihr Umfang nahm einen Großteil des Bildes ein. Das war kein Sujet einer piekfeinen Österreich-Werbung - aber wir beide, Hubmann und ich, erkannten viel in diesem Bild. Viel aus Hernals und Ottakring, viel aus der wirklichen Welt von Wien. Gerade dieses Bild war ein Stück Heimat. Ich wagte die revolutionäre Tat; druckte dieses Bild auf einer ganzen Seite und veränderte damit nicht nur den Stil der Zeitung, aus der später "magnum" hervorging, sondern mit der zeit auch mich und Franz Hubmann." [...]
1964 begann das Vorhaben der Weltausstellungen der Photographie mit dem Thema "Was ist der Mensch", das sich 1968 auf das Thema der Frau spezialisierte und 1973 unter dem Titel "Unterwegs zum Paradies" auf die. Probleme der Zukunft der Menschheit ein-ging. Die letzte von Paweks großen Ausstellungen galt dem Thema "Die Kinder dieser Welt". Bis 1980 fanden insgesamt rund tausend Ausstellungen statt, die in mehr als fünfzig Ländern von etwa 25 Millionen Besuchern gesehen wurden.
Auch als Buchautor und als Buchherausgeber hat Pawek sich einen Namen gemacht. Seine erste theoretische Schrift über die Photographie mit dem Titel "Totale Photographie" gehört heute zu den gesuchtesten Photobüchern der 60er Jahre. "Was Photographie heute ist", so schreibt Pawek am Schluß dieses Bandes, "erfuhr ich nicht aus der Literatur, sondern im Umgang mit zehntausenden moderner Photos. Sie sind die eigentlichen Quellen dieses Buches gewesen." 1963 folgte der Paperback "Das optische Zeitalter" - ein Titel, der bald zum geflügelten Wort werden sollte.
Die Kataloge zu den vier Weltausstellungen, die jeweils alle ausgestellten Photos abbildeten, erschienen in einer Auflage von über zwei Millionen Exemplaren. 1965 erschien im Zusammenhang mit der ersten Weltausstellung eine Sammlung von Stellungnahmen von vierzig Wissenschaftlern, Künstlern und Publizisten zur Bedeutung des Mediums Photographie. [...]
Paweks nicht zuletzt aus religiöser Überzeugung gespeisten Thesen zur Photographie und zum optischen Zeitalter, sind - das darf in dieser Laudatio nicht unerwähnt bleiben - auch auf fruchtbaren Widerspruch gestoßen. Vor allem aber sind seine Gegenüberstellungen, die Konfrontation von Photos, mit der er schon in der Zeitschrift "magnum", dann aber verstärkt in seinen Weltausstellungen bestimmte Zusammenhänge herstellen und sichtbar machen wollte, auf genauso begeisterte Zustimmung wie empörte Ablehnung gestoßen. Er selbst schrieb zu seinem Versuch, durch eine Konfrontation der Bilder eine Syntax der Sprache der Photographie zu entwickeln: "Ich weiß wie schwierig und wie gefährlich diese Methode ist, gefährlich, weil man leicht in einen geistigen Dilettantismus verfallen kann, der die entscheidenden Hintergründe der Bilder gar nicht sieht." Einen geistigen Dilettantismus haben Pawek aber selbst seine schärfsten Kritiker nie vorgeworfen.
Dr. Karl Pawek hat - so kann man sein Werk zusammenfassen - durch seine Arbeiten mit Photos und über Photos unsere Kenntnis des Mediums Photographie erweitert und mit dazu beigetragen, den Einzug der Photographie in die Welt der Museen und Kunst-vereine, der im letzten Jahrzehnt auf breiter Front erfolgt ist, vorzubereiten. Hierfür verleiht ihm die Deutsche Gesellschaft für Photographie ihren Kulturpreis 1983.