Publizistische Auszeichnung für "Die Zeit"
Der Dr. Erich Salomon-Preis der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh) wird an die Wochenzeitschrift "Die Zeit" vergeben. Der Grund für die Auszeichnung liegt in der sorgfältigen und sinnvollen Anwendung, welche die photographische Illustration sowohl bei den Textartikeln des Blattes als auch in der Beilage "Zeit-Magazin" erfährt.
Der Preis ist benannt nach dem bedeutenden Pionier, der gegen Ende der zwanziger Jahre mit seinen lebendigen Reportagen aus der Welt der internationalen Politik den modernen Stil des Bildjournalismus mitbegründete. Die Auszeichnung, deren äußeres Symbol eine historische Reporterkamera ist, wird vergeben für vorbildliche Anwendung der Photographie in der Publizistik.
Der Festakt der Vergabe beider Preise findet am 9. September im Gürzenich zu Köln statt.
- Auszug, Prof. L. Fritz Gruber, Köln, 02. Juni 1976
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Auszug aus der Laudatio:
Verlag und Redaktion der "Wochenzeitung für Politik, Wirtschaft, Handel und Kultur" - so der Untertitel - haben durch eine in Etappen erfolgte Visualisierung des Inhaltes sowie durch die Hinzufügung der Bildbeilage "ZEITmagazin" einen anspruchsvollen Zeitschriftentyp eigener Prägung geschaffen. Das journalistische Bild, von anderen Tages- oder Wochenzeitungen lediglich als Aktualität oder illustratives Beiwerk kultiviert, hat in der ZEIT gestalterisches Eigenleben und entscheidendes Gewicht gewonnen. Das typische ZEIT-Photo versucht optisch zu verdichten, was Redakteure und Autoren in ihren Beiträgen formulieren. Es dient der Unterstreichung des Kommentars, der Verdeutlichung der Kritik, der Dokumentation wichtigen Geschehens. In Höhepunkten wird es zum symbolischen Fazit eines Beitrages.
Dies zu erreichen, war wohl nur einer Bildredaktion möglich, die sich in ihrer beruflichen Ethik an einem Journalismus Salomonscher Prägung orientiert. Die Bild-Redaktionen Von ZEIT und ZEITmagazin, mit ihrer dem intellektuellen Niveau der Textbeiträge entsprechenden Bildpolitik, haben auf ihre Weise dazu beigetragen, daß aus der ZEIT - wie Alfred Grosser es formulierte - "die beste europäische Wochenzeitung traditionellen Typs" geworden ist. [...]
Am 1. Oktober 1970 erschien das erste ZEITmagazin. Nach den üblichen Startschwierigkeiten, nach der Übernahme der neu gebildeten Magazin-Redaktion durch den vom "stern" kommenden Jochen Steinmayr, konsolidierte sich die redaktionelle Arbeit. Trotz der Zwangsjacke ökonomischer Pflichterfüllung, die eine Abhängigkeit des redaktionellen Umfangs vom Anzeigenaufkommen bedeutete, brachte die Redaktion das Kunststück fertig, bald ein dem Niveau der ZEIT kongruentes ZEITmagazin auf die Beine zu stellen. Und was entscheidend war: :mit dem Erscheinen des Magazins begann die Auflage der ZEIT wieder zu steigen.
Dieser Erfolg kam nicht von ungefähr. Die Bildredaktion der ZEIT unter Norbert Denkel hatte von Anfang an die erste Garnitur der Bildjournalisten unseres Landes beschäftigt. Dazu gab sie talentierten Nachwuchsphotographen die Chance für Veröffentlichungen. Aus der ZEIT wurde sogar eine Art Talentschmiede. Unter solchen Aspekten verfügte auch die Redaktion des ZEITmagazins vom ersten Tage an über eine Anzahl erstrangiger Bildmitarbeiter, die im Magazin eine Platt= form sahen, ungewöhnliche Bildreportagen und Photo-Essays von Niveau unterzubringen.
Marion Gräfin Dönhoff, die - nach einer Darstellung von Gerd Bucerius - Journalistin werden wollte, um die Welt zu verbessern, und die - nach Alfred Grosser - mit journalistischer Arbeit ihren Teil zur Weltveränderung beigetragen hat, Gräfin Dönhoff formulierte in einer Schilderung der Naturschönheiten ihrer ostpreußischen Heimat den Satz:
"Nicht das Geschehen, das Geschaute verwandelt uns." Die Photographie in der Wochenzeitung DIE ZEIT trägt dazu bei, daß das Geschehen unserer Tage sichtbar, vielleicht sogar schon mehr durchschaubar wird. Weil DIE ZEIT dem journalistischen Bild einen so entscheidenden Rang bei= mit, erhalten Verlag und Redaktion heute den Dr. Erich Salomon - Preis 1976. Wir gratulieren und danken allen, die - auf welchem Platz auch immer - zum Erfolg dieser bildpublizistischen Arbeit beigetragen haben.