Laudatio
Dr. Erich Salomon-Preis 1980 der Deutschen Gesellschaft für Photographie für die Zeitschrift "GEO"
Diese Publikation hat es verstanden, die Fortschritte der Photographie, der farbigen insbesondere, dazu die Mittel und Methoden des modernen Bildjournalismus so zu nutzen, daß ein vorbildliches Organ der Welt-Anschauung - im ursprünglichen Sinn dieses Wortes - entstanden ist. Seine Wirkung beruht nicht zum wenigsten darin, daß sich die Gestaltenden nicht darauf beschränkt haben, mit der reichen Fülle visuell eindrucksvoller Aspekte zu prunken, so wie die Vielfalt unseres Kosmos sie zur Verfügung stellt. Vielmehr gilt ihre Arbeit einem nicht auf vordergründiges Bildgeklingel beschränkten Inhalt. Er ergibt sich aus einer bewußt gesteuerten Varietät der Themenwahl wie aus der Unterstützung, die das Bild durch das deutende Wort erhält. Der Leistung, welche die Photographierenden und Schreibenden einerseits, die Planenden und Bearbeitenden andererseits erbringen, ist es zuzuschreiben, daß sich GEO binnen kurzer Frist einen festen Platz im äußerst vielstimmigen Konzert der Zeitschriften-Publizistik erobert hat. Nicht nur in unserem Lande.
Die Idee zur Zeitschrift GEO - ebenso wie der Name - stammt von Rolf Gillhausen, der seit langem der Chefredaktion der Zeitschrift "stern" angehört. Zusammen mit dem Bildjournalisten Max G. Scheler und seinem Kollegen Rolf Winter diskutierte Gillhausen seine Konzeption und das Probe-Layout. Als der Verlag Gruner & Jahr dem Projekt zugestimmt und die Mittel dafür bewilligt hatte, erschien das erste Heft GEO im Oktober 1976. Für die Chefredaktion zeichneten Rolf Gillhausen und Rolf Winter gemeinsam, als verantwortlicher Redakteur Max Scheler.
Bereits aus dem Eindruck der ersten Ausgabe und dem Echo, das sie in der Fachwelt wie insbesondere beim Publikum fand, wurde ersichtlich, daß es sich um eine Neuschöpfung von großem Wurf handelte. Die Konsequenz, mit der dabei eine bewußt moderne Form der farbphotographischen Länder-, Menschen- und Zustandsschilderung gehandhabt wurde, ließ den Fortschritt erkennen, den die neue Publikation verkörperte - angesichts einer Tradition, die bei dieser Thematik bereits bestand. Bei uns ist sie charakterisiert durch den Namen "Atlantis" jener deutsch-schweizerischen Kulturzeitschrift, die von 1929 bis 1944 in Berlin, dann bis 1964 in Zürich erschien, in den USA durch das seit 1888 bestehende "National
Geographic Magazine".
Die Bestätigung für ihre Politik, den ganz überwiegenden Teil der Darbietungen, zwischen 80 und 90 Prozent, durch eigens beauftragte Text-Bild-Reporterteams, im Sinn der besonderen GEO-Konzeption erarbeiten zu lassen, erhielt die Zeitschrift durch den sogleich einsetzenden Erfolg. Das mittelfristige Ziel, eine Deckungsauflage von 250.000 Exemplaren, war bereits nach neun Monaten erreicht, und nunmehr strebt die Auflage der Halbmillionen-Grenze zu. Bei der Ausgabe in französischer Sprache, seit Februar 1979, in welcher der größere Teil der Darbietungen mit denen der deutschen Zeitschrift identisch ist, bahnt sich ein ähnlicher Erfolg an. Die im Aufbau befindliche amerikanische Ausgabe, die redaktionell selbständig operiert, kann bereits auf zwei Auszeichnungen verweisen. Ihr wurden der Magazine Award der Columbia University und der Picture Editor Award der University of Missouri zuerkannt.
Rolf Gillhausen, der, nachdem er GEO auf den Weg gebracht hat, wieder voll seinen Platz in der Chefredaktion des "stern" eingenommen hat, schrieb - nach der Erläuterung des Sachprogramms - in seinem Geleitwort zum ersten Heft: "Wir wollen in einer Zeit, die voll von rassistischen, ideologischen und nationalistischen Verkrampfungen ist, Sympathie für das Fremde wecken." Daß dies gelungen ist - nicht zuletzt durch eindrucksvolle Verwendung der Farbphotographie - soll die Auszeichnung bezeugen.
Bernd Lohse, DGPh