
Vor 20 Jahren, zu einer Zeit, als deutsch-russische Initiativen noch nicht unter Spionageverdacht aus dem Verkehr gezogen wurden, hat sich die "Russlandhilfe" in dem Land um jugendliche Strafgefangene gekümmert. Die Organisation hat Kleider, Essen, Hygiene-Artikel geschickt und Kontakt zu Strafanstalten gehalten. 2003 hatte man, um die Arbeit ein wenig publik zu machen, eine besondere Idee: Man lud den Fotografen Ingar Krauss ein, in Rjazan eine Strafanstalt für Mädchen und in Alexin eine für Jungen zu besuchen. Krauss und seine Frau Katja Lehnert verbrachten lange Tage in den beiden Anstalten, sie sprachen mit den Jugendlichen (das Schulrussisch aus Ostzeiten reichte aus), aßen mit ihnen in der Kantine und besuchten sie in ihren Werkstätten.
Jugendstrafanstalten in Russland heißen "Kolonie". Die Einrichtung von Alexin südlich von Moskau wurde 1932 gegründet, zunächst als Anstalt für Erwachsene, danach war sie Lager für Kriegsgefangene, Tuberkulose-Station und schließlich Erziehungskolonie für Kinder und Jugendliche. Im Zweiten Weltkrieg war hier ein Lager für deutsche Kriegsgefangene, die in Alexin auf Baustellen arbeiteten. Die Kolonie für Mädchen bei Rjazan südöstlich von Moskau war bis 1950 ein Männerkloster, dann eine Strafkolonie für Männer, seit 1972 für Frauen im Alter von 14 bis 18. Es gebe, so 2010 die Leiterin der Kolonie, 120 Gefangene, 45 verurteilt wegen schwerer Verbrechen wie Mord, der Rest wegen Diebstahl. Die Kolonie sei nicht so schlimm, so die Direktorin, viele der Frauen hätten vorher noch nie in sauberen Laken geschlafen, einige lernten hier lesen, rechnen, nähen und seien in Sicherheit vor den alkoholisierten Eltern. [...]