
Bilder, die in wissenschaftlichen Texten beschrieben werden – das ist die Norm in der Kunstgeschichte. Ungewöhnlicher und seltener ist es, wenn aus wissenschaftlichen Texten über Bilder selbst wiederum Bilder werden.
Das Projektbüro des DFI e.V. freut sich, mit Die Erfindung der Fotografie die Abschlussarbeit von Emma Rüther an der Kunstakademie Düsseldorf als Ausstellung präsentieren zu können. Auf insgesamt vier gerahmten Textbildern im Format 85 × 115 cm ist die gesamte Arbeit gut lesbar und lädt zur Lektüre ein. Mit größerem Abstand betrachtet, erscheinen die Textbilder wiederum als reine Bildkompositionen, die ohne überflüssige ästhetische Elemente auskommen – der wissenschaftliche Text wird nicht weiter illustriert oder grafisch gestaltet.
In ihrer auf dreijähriger Forschung basierenden wissenschaftlichen Studie verankert Emma Rüther die Entstehung der Fotografie in neuen Formen der Landschaftsmalerei, die im späten 18. Jahrhundert aufkamen. Rüther, die in der Klasse von Christopher Williams studierte, untersuchte die Arbeit von zwanzig Erfindern aus sieben Ländern, die parallel und ohne voneinander zu wissen um das Jahr 1800 herum die Grundlagen für die Entstehung der Fotografie schufen.
Die Verwendung von Ölfarbe zur Anfertigung von farbigen Skizzen in der freien Natur etwa wurde ab 1780 von Malern dazu genutzt, die Lichtsituationen und Wetterphänomene genauer als bisher wiederzugeben. Die Landschaftsmalerei wurde plausibler und verließ sich weniger auf die Kombination tradierter Formeln. Der Blick der Künstler auf die Landschaft änderte sich, noch bevor die Technik zu ihrer naturgetreuen Reproduktion erfunden wurde. In ihrem zweiten Textbild widmet sich Rüther dann dem neuen Medium Fotografie, das die Dinge der Welt vor dem Vergehen bewahrt und neue Einblicke in Bewegungsabläufe und Alterungsprozesse gewährt. Das Foto suggeriert einerseits Neutralität der Darstellung als auch Subjektivität des Blicks.
„Die Erfindung der Fotografie 1839 revolutioniert die menschliche Wahrnehmung", schließt Emma Rüther. Die chemischen Voraussetzungen waren allerdings schon viel früher bekannt. Im Jahr 1717 publizierte der deutsche Wissenschaftler Johann Heinrich Schulze, dass Silbersalze mit einer Dunkelfärbung auf die Einwirkungen von Licht reagieren. „Um die Frage ‚warum wurde die Fotografie 1839 erfunden?' zu beantworten, müssen wir die Frage zuvorderst präzisieren. Die korrektere Frage müsste lauten: ‚warum wurde die Fotografie erst 1839 erfunden?'"