Elger Essers (*1967) fotografische Landschaften sind bildliche Huldigungen an die Schönheit der Natur. Der Künstler arbeitet vor allem in Frankreich, meist an der Atlantikküste, in der Normandie und Bretagne und an der Loire. Die Felsformationen von Ètretat oder das im Meer liegende, berühmte Kloster Mont-Saint-Michel sind Motive, die er bei den verschiedensten Tages- und Jahreszeiten fotografiert. Die bevorzugt bei dunstigen Wetterverhältnissen und gedämpftem atmosphärischem Streulicht in langen Belichtungszeiten entstandenen, präzise komponierten Landschaftsbilder ,spielen‘ mit Horizontalen und Tiefenwirkung. Einige Aufnahmen muten so an, als ob sie Anfang des 19. Jahrhunderts entstanden seien. Elger Essers landschaftliche Veduten ,erzählen‘ immer eine ‚Geschichte‘ oder evozieren Erinnerungen.
Der in Stuttgart geborene und in Rom aufgewachsene Sohn einer Fotografin und eines Schriftstellers folgt bei seinen fotografischen Exkursionen gerne literarischen Beschreibungen und begibt sich auf die Spuren von Marcel Proust, Gustave Flaubert und Guy de Maupassant. Für die Bitburger Ausstellung nimmt Elger Esser die Loire und ihre Nebenflüsse, die Marne und vor allem die Evre ins Visier: Er bewegt sich bei diesen neuen Aufnahmen auf den literarischen Spuren des renommierten französischen Schriftstellers Julien Gracq (1910–2007). In dessen schmalen Buch Die engen Wasser, das erstmals 1976 erschien und 1985 ins Deutsche übersetzt wurde, beschreibt der Literat die Flusslandschaft, der sich knapp 100 Kilometer erstreckenden Evre, in sinnlichen literarischen Skizzen. Julien Gracq, der zeitlebens in Saint-Florent-Vieil an der Loire wohnte, entzog sich konsequent dem Literaturbetrieb und lehnte 1951 den renommierten französischen Literaturpreis Prix Goncourt ab. Essers Aufnahmen der Evre sind somit sowohl eine fotografische wie eine literarische Spurensuche und Hommage an den literarischen Einzelgänger und die verträumte Flusslandschaft. [...]