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Pressemitteilung/ Mai 2012

 

„Der Gang der Dinge. Welche Zukunft haben photographische Archive und Nachlässe?“

Ein interdisziplinäres Symposium „zur Weitergabe und Vererbung von photographischen Nachlässen und Sammlungen“ der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh) in Kooperation mit dem Institut Heidersberger, Wolfsburg, und dem Netzwerk Fotoarchive e.V., Köln, am 29. und 30. Juni 2012 im Schloss Wolfsburg in Wolfsburg.

„Wo und wie kann mein künstlerisches und schriftliches Archivgut für kommende Generationen sicher aufbewahrt, erschlossen und zugänglich gemacht werden?“ Das fragen sich weltweit immer mehr Photographen, Sammler und deren Erben. Das Thema ist brisant: Zu viele wertvolle Bestände landeten schon im Müll oder in unbefugten Händen; zu viele bedeutende Bildsammlungen und Archive fanden bereits im Ausland ihre Heimat.

Die DGPh hat zu ihrem zweitägigen Symposium internationale Photohistoriker, Archivare und Kunstwissenschaftler, Restauratoren sowie Juristen eingeladen. Sie befassen sich mit drei Schwerpunkten:

- Praxis und Probleme bei der Weiterreichung von Nachlässen und Sammlungen
(Stichworte: Exemplarische Stationen eines Nachlasses auf der Suche nach einer Perspektive / Juristische Fragen bei der Weitergabe und ihre Absicherung / Konservatorische Anforderungen und Probleme der Archivierung / Welchen Wert hat mein Bestand? / Vom Archiv ohne Besucher zum öffentlichen Museum)

- Rahmenbedingungen, unter denen Nachlässe und Sammlungen vorbildhaft erhalten und zugänglich gemacht werden können
(Stichworte: Konkrete Perspektiven für die Erhaltung und Aktivierung bedrohter Bestände als Kulturgut und visuelles Gedächtnis. Zentrale und dezentrale Strukturen für die Archivierung von Fotografennachlässen, ihre Vermittlung und ihre Präsentation / Modell für den Umgang mit Nachlassgebern / Kassationskriterien unterschiedlicher Institutionen / Zukunftsmodelle für das Überleben einer Stiftung.)

- Konzepten und Zielen neu gegründeter oder im Aufbau befindlicher Netzwerke und Datenbanken
(Stichworte: Netzwerk Fotoarchive e.V.: Das Bewahren von Fotoarchiven auf der Basis dezentraler Strukturen. Informationen geben, Initiativen bündeln und vernetzen; Französische Archive und Sammlungen im Netz. Zum Start der Website ARAGO.)

Die Referenten, darunter auch junge Akademiker aus Deutschland und Europa, die ihre neuesten Forschungen zum Gebiet einbringen werden, sollen Herangehensweisen und neue Lösungsansätze für den zukünftigen Umgang mit photographischen Nachlässen und Sammlungen vorstellen und erörtern. Die desolate Situation vieler Nachlässe und das ungewisse Schicksal von Sammlungen ist in Einzelaspekten seit wenigen Jahren ein Thema für Veranstaltungen und Initiativen geworden. Nun ist es wichtig, diese teilweise sehr unterschiedlichen Ansätze zu bündeln, die hier Aktiven zur gemeinsamen Diskussion zusammenzubringen und mögliche Vorgehensweisen für die Zukunft zu erarbeiten und als Leitlinien zu publizieren. Die DGPh will mit dieser Tagung einen entscheidenden Beitrag zur Orientierung auf diesem noch sehr heterogenen, aber dringend zu erschließenden Gebiet leisten und allen Beteiligen, Photographen, Sammlern, ihren Erben, Forschern und Institutionen eine gemeinsame Plattform bieten, um zu neuen Erkenntnissen zu kommen.

Anmeldungen zum Symposium sind ab sofort bei der Geschäftsstelle der DGPh  möglich. (Details siehe unten)

Teilnehmergebühren für das Symposium

Für Mitglieder der DGPh und Studierende:
beide Tage: 45 Euro, nur 1. Tag € 22,-/ nur 2. Tag € 30,-

Alle übrigen Teilnehmer:
beide Tage 75 Euro, nur 1. Tag € 36,-/ nur 2. Tag € 55,-

Anmeldungen werden bis zum 14. Juni 2012 erbeten.

Anmeldung und Auskünfte

Geschäftsstelle der Deutschen Gesellschaft für Photographie, Rheingasse 8-12, 50676 Köln, Telefon: 0221-9 23 20 69, Telefax: 0221-9 23 20 70, E-Mail: dgph@dgph.de

 

Kommentiertes Programm

Freitag, 29. Juni 2012
Städtische Galerie Wolfsburg, 2.OG, Ostflügel
Moderation: Dr. Christiane Fricke (DGPh)

bis 13:30 Uhr / Eintreffen der Teilnehmer
Anmeldung, Akkreditierung.


14:00 Uhr / Eröffnung
Bernd Rodrian (DGPh) Institut Heidersberger,
Wolfsburg und Dr. Christiane Fricke, Handelsblatt, Redaktion Kunst und Kunstmarkt

14:30 Uhr / Simon Schwinge (DGPh), Kulturwissenschaftler
„Jetzt machen Sie mal was Schönes. Am besten über die Frisuren der 50er Jahre.“
Über Irrungen und Wirrungen eines photographischen Nachlasses auf der Suche nach einer Perspektive.
Am Beispiel der Sammlung Püscher, Ahlfeld/Leine, lassen sich exemplarisch sämtliche Probleme darstellen, die mit der Weitergabe eines Bestandes verbunden sind. Angefangen mit der Frage: „Ist dieser Nachlass es wert, für die Nachwelt aufbewahrt zu werden?“ über die Frage – „Für welche Öffentlichkeit soll hier was bewahrt werden?“ bis hin zu der Frage, „Wie konstruiere ich eine Institution, die dies leisten kann?“

15:00 Uhr / Dr. Florian Mercker, PHIDIAS Rechtsanwälte, München
Drum prüfe, wer sich ewig bindet. Wie sichere ich die Weitergabe rechtlich ab?
Juristische Fragen bei der Weitergabe einer Sammlung / eines Nachlasses.
Anhand von Beispielen sollen die juristischen Möglichkeiten und Risiken der Übertragung mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen möglichst unjuristisch kurz dargestellt und erläutert werden. Im Einzelnen werden folgende Themengebiete angesprochen:
I. Rechtsformen der Kunstsammlung
II. Formen der Übertragung der Kunstsammlung auf eine Institution
III. Rechtliche Implikationen der einzelnen Übertragungsformen
IV. Urheberrechtliche Implikationen der Weitergabe einer Sammlung
V. Zusammenfassung: Vor- und Nachteile der verschiedenen Konstruktionen

15:30 Uhr / Fragen an die Referenten

16:00 Uhr / Kaffeepause

16:30 Uhr / Simone Klein (DGPh), Sotheby’s, Photographs Department Europe, Paris
Welchen Wert hat mein Bestand? ... Aus der Sicht des Taxators.
Der Vortrag von Simone Klein zeichnet die Tücken nach, die die Bewertung eines photographischen Bestandes (Nachlass oder Archiv eines Photographen, Sammlung mit Arbeiten bekannter und weniger bekannten Künstlern) mit sich bringt. Eine objektive Werteinschätzung richtet sich nach aktuellen bestehenden Marktwerten eines Oeuvres, die man relativ leicht recherchieren kann. Fehlen diese, muss auf Ankaufspreise zurückgegriffen werden, oder der reine Sachwert wird vermerkt. Wie bewertet man beispielsweise Glasnegative aus den 1910/20er Jahren oder Kontaktabzüge? Einen erheblichen Unterschied macht auch der Umstand, ob ein Verkaufswert oder ein Versicherungswert ermittelt werden soll.

17:00 Uhr / Marjen Schmidt (DGPh), Dipl.-Ing. Photographierestaurierung
Faustregel 20/50 - Was sind gute Archivbedingungen?
Die Schaffung guter Archivbedingungen erfordert ein planvolles Handeln unter Einbeziehung der Sammlungsstruktur, der Aufbewahrungsbedingungen und der Wirtschaftlichkeit. Die Evaluierung einer Sammlung hinsichtlich Wert, Quantität, fotografischer Techniken und Erhaltungszustand ist die Voraussetzung für eine zielgerichtete Vorgehensweise. Gute Archivbedingungen zu realisieren heißt, die fotografischen Bestände vor physischen, chemischen und biologischen Schäden zu bewahren. Die Einrichtung geeigneter Räume, unter Berücksichtigung der Lage und Klimatisierung sowie die Aufbewahrung in Schrank, Schachtel und Hülle sind geeignete Präventivmaßnahmen.

17:30 Uhr / Franziska Maria Scheuer M.A., Promotions-Stipendiatin der Phillips Universität Marburg
Vom ‚Archiv ohne Besucher‘ zum öffentlichen Museum. Die Pariser Autochrome-Sammlung „Les Archives de la Planète“.
Franziska Scheuer befasst sich in ihrem Vortrag mit dem Übergang der in Deutschland noch weitgehend unerforschten Autochrome-Sammlung vom privat verwalteten und genutzten Bildarchiv zur öffentlichen Museumsinstitution als Beispiel eines französischen Bildarchivs. In einem zweiten Schritt wird das Museumskonzept hinsichtlich der Kontextverschiebung von Kahns privater Friedensutopie zu deren öffentlicher Präsentation kritisch hinterfragt. Dabei stehen u. a. Instrumentalisierungsversuche von Les Archives de la Planète im Zuge postkolonialer Diskurse im Fokus der Untersuchung. Abgeschlossen wird der Vortrag mit einem Ausblick auf das Netzwerk der Autochrome-Sammlung und ihre Zukunft als öffentliche Institution. Die Eingliederung in die Autochrome-Datenbank der Archives de France unter Leitung namhafter Konservatoren und Autochrome-Forscher kann hier als jüngster „Ritterschlag“ des Musée Albert Kahn und seines Bildarchivs im Kreise der wissenschaftlich anerkannten Forschungseinrichtungen gewertet werden

18:00 Uhr / Fragen an die Referenten


Samstag, 30. Juni 2012
Moderation: Simon Schwinge (DGPh)

9:30 Uhr / Sebastian Lux und Jens Bove, Stiftung F.C. Gundlach, Hamburg und Deutsche Fotothek, Dresden
Quo vadis? Der Umgang mit photographischen Nachlässen in Deutschland.
Konkrete Perspektiven für die Erhaltung und Aktivierung bedrohter Bestände als Kulturgut und visuelles Gedächtnis. Zentrale und dezentrale Strukturen für die Archivierung von Photographennachlässen, ihre Vermittlung und ihre Präsentation in einer Bilddatenbank.

10:00 Uhr / Karolina Lewandowska, Archeology of Photography Foundation, Warschau.
Die Archeology of Photography Foundation in Warschau. Ein Modell für den Umgang mit Nachlassgebern.
Karolina Lewandowska spricht über die eigens entwickelten Modalitäten der vor fast vier Jahren gegründeten Foundation im Umgang mit den polnischen Familien, in denen sich überwiegend die Nachlässe der Fotografen befinden. Die Stiftung hat ein Regelwerk von Empfehlungen für die häufig fachfremden Angehörigen entwickelt bzw. schließt entsprechende Verträge mit den Estates ab. Diese bleiben in aller Regel im Besitz des schriftlichen und des Werknachlasses, aus dem sie innerhalb bestimmter empfohlener Rahmenbedingungen auch verkaufen dürfen, der jedoch zuvor in digitalisierter Form öffentlich auf einer Datenbank zugänglich gemacht wird. Die Familien erhalten ihr Archivgut nach der Inventarisierung und Digitalisierung in konservatorisch gerechter Verpackung zurück.

10:30 Uhr / Fragen an die Referenten

11:00 Uhr / Kaffeepause

11:30 Uhr / Dr. Enno Kaufhold, Freier Photohistoriker
Netzwerk Fotoarchive e.V.
Das Bewahren von Photoarchiven auf der Basis dezentraler Strukturen. Informationen geben, Initiativen bündeln und vernetzen.

12:00 Uhr / Daniel Christian Barroy, Mission de la photographie
Französische Archive und Sammlungen im Netz.

Zum Start der Website ARAGO.
ARAGO ist eine im Aufbau befindliche, staatlich finanzierte Website, die die photographischen Bestände der Museen, Archive und staatlichen wie privaten Sammlungen sukzessive erfasst und sich in ständigem Wachstum befinden soll. Sie wurde kürzlich frei geschaltet. Die von einem wissenschaftlichen Beirat als geeignet befundenen und zugelassenen Mitglieder sollen ihre Bestände selbst einarbeiten und pflegen.

12:30 Uhr / Fragen an die Referenten

13:00 Uhr / Mittagspause

14:00 Uhr / Thomas Jahn, Foto Marburg
Dokument und Artefakt. Neuere Entwicklungen in der Archivierung und Dokumentation kunsthistorischer Photo-Nachlässe.
So wie die Historizität der Fotografie und der Wandel der Darstellungsweise eines Objekts als interpretatorischer Akt des Produzenten zunehmend in den Fokus kunsthistorischer und damit wissenschaftshistorischer Fragestellungen rücken, ändern sich auch die Anforderungen an die Erschließung fotografischer Aufnahmen: Die Entstehungsumstände eines Fotos, seine Materialität und Sammlungsgeschichte werden nun erforscht und dokumentierend erschlossen. Der abgebildete Gegenstand steht aber nach wie vor im Hauptinteresse derjenigen Forscher, die primär an den abgebildeten Bau- und Kunstwerken interessiert sind – daher ist es zwingend erforderlich, bei der Erschließung einer wissenschaftlichen Fotosammlung die dargestellten Gegenstände unter verschiedenen Fragestellungen zugänglich zu machen.

14:30 Uhr / Dr. Karin Lingl, Archiv für Künstlernachlässe der Stiftung Kunstfonds, Brauweiler
Erhalten statt Kassieren. Zur Praxis des Archivs für Künstlernachlässe in Brauweiler.
Karin Lingl konzentriert sich in ihrem Vortrag darauf, wie das Archiv für Künstlernachlässe den Begriff Archiv auslegt und grenzt diese Praxis von den Kassations-Prinzipien eines kommunalen Archivs ab. Seit zwei Jahren betreut das Archiv der Stiftung Kunstfonds künstlerische Oeuvres von bildenden Künstlerinnen und Künstlern. 20 umfassende Werkkomplexe wurden mittlerweile aufgenommen, inventarisiert und konservatorisch fachgerecht magaziniert. Doch wie gelangt die Kunst ins Archiv? Wer entscheidet, ob ein Werk für die Nachwelt erhaltenswert ist? Wer wählt die Arbeiten aus? Da es keine vergleichbaren Kunst-Archive gibt, mussten im Kunstfonds neue, praktikable Antworten auf diese Fragen gefunden werden. Die heutige Praxis im Archiv ist geprägt von fachverwandten und empirischen Erfahrungen, orientiert sich zuerst jedoch immer am Künstler, der sein Werk ins Archiv entlässt.

15:00 Uhr / Sabine Krell (DGPh), Stadtarchiv Bonn
Photographische Nachlässe in öffentlichen Archiven. Zu den Kassations-Kriterien eines Stadtarchivs

15:30 Uhr / Bernd Rodrian (DGPh),Institut Heidersberger, Wolfsburg
Institut Heidersberger - Das lebendige Archiv.

16:00 Uhr / Dr. Christiane Stahl (DGPh), Alfred Ehrhardt Stiftung, Berlin
Zukunftsmodelle für die langfristige Finanzierung der Stiftung.
Christiane Stahl spricht über die Alfred Ehrhardt Stiftung, Berlin, die ihre Existenz dem glücklichen Umstand verdankt, dass sie durch den wohlhabenden Sohn des Künstlers unterhalten wird, und nun darüber nachdenken muss, wie die Stiftung weiterexistieren kann ab dem Tag, an dem die Familie nicht mehr bereit ist, so viel Mittel in die Tätigkeit der Stiftung zu investieren. Der Vorstand denkt über mehrere Modelle nach.

16:20 Uhr / Kaffeepause

16:50 Uhr / Podiumsgespräch
Rudolf Scheutle, Kurator am Münchener Stadtmuseum, Sammlung Fotografie/ Bernd Rodrian, Institut Heidersberger, Wolfsburg/ Jens Bove, Deutsche Fotothek, Dresden/
Dr. Karin Lingl, Archiv für Künstlernachlässe der
Stiftung Kunstfonds, Brauweiler

Ausdauer und Phantasie: Sinnvolle und neue Wege zur Sicherung photographischer Nachlässe und Archive?
Moderation: Wolfgang Hesse, Rundbrief Fotografie, Dresden, und Anna Gripp, Photonews, Hamburg, beide Netzwerk Fotoarchive und DGPh


Sonntag, 1. Juli 2012
Rahmenprogramm / Teilnahme optional

Bernd Rodrian führt um 10:15 Uhr durch das Institut Heidersberger, Schloss Wolfsburg

Anschließend:
Möglicher Besuch der Ausstellung
Studio Heidersberger „Schichtwechsel“
Heinrich Heidersberger und Marc Theis
Städtische Galerie Wolfsburg
Schloss Wolfsburg
www.staedtische-galerie-wolfsburg.de/

Möglicher Besuch des
Kunstmuseum Wolfsburg
www.kunstmuseum-wolfsburg.de/
Sammlung Kunstmuseum Wolfsburg (bis 8. Juli)
Ornament - Ausblick auf die Moderne.
Ornamentgrafik von Dürer bis Piranesi (ab 2. Juli)

Möglicher Besuch des
Museum für Photographie Braunschweig
www.photomuseum.de/museum/museum.html
Seiichi Furuya, Ricarda Roggan.


Eintrittspreise zu den Museen sind nicht in den
Teilnahmegebühren enthalten.