Das Museum der Fotografie - Eine Revision
Herausgeber: Miriam Halwani (DGPh), Museum Ludwig Köln
Autoren: Cornelia Kemp (DGPh), Miriam Halwani, Ulrich Pohlmann
Kehrer Verlag
280 Seiten mit ca. 220 SW-Abbildungen
ISBN 978-3-86828-578-0; 29,90 Euro

 Das Buch zeigt eine interessante Auseinandersetzung des Museum Ludwig mit seinen photographischen Sammlungen, zu denen u.a. auch die Sammlung Erich Stenger (1878–1958) gehört. Der Photochemiker Stenger sammelte enzyklopädisch: von der Architektur- zur Zauberphotographie, photographische Fachliteratur, Schmuck mit eingefassten Photographien, Karikaturen oder aufwändig gestaltete Ehrenurkunden. Entsprechend den Vorstellungen des 19. Jahrhunderts sollte seine Sammlung eine Enzyklopädie der Photographie sein. Welche Idee dahinter stand und was es bedeutete, damals Photographie zu sammeln, lassen seine 1945 verfassten Lebenserinnerungen erkennen, die nun mit Kommentaren versehen erstmals veröffentlicht werden. Die Herausgeberin Miriam Halwani hat die Texte ediert und ergänzt um die Sammlungsgeschichte über das Agfa fotohistorama bis ins Museum Ludwig. Wer sich für die Geschichte des Mediums Photographie interessiert, kann dies in diesem gut gestalteten Buch nachvollziehen. (DB)
(Ausstellung, Museum Ludwig in Köln, 26. Juni – 16. November 2014)

 

Ute Mahler und Werner Mahler (beide DGPh)
Werkschau

302 Seiten inklusive 3 Altarfalze
208 Farb- und S/W-Abb.
38 Seiten Textheft
Kehrer Verlag
ISBN 978-3-86828-499-7; 58 Euro

Ute Mahler (*1949) und Werner Mahler (*1950), seit 40 Jahren ein Paar, sind zwei herausragende deutsche Photographen, die zur DDR-Zeit zu den stilprägenden Photographen des Ostens zählten und heute wie damals ihre humanistische Sicht auf die Welt in unterschiedlichen, intensiven Photoprojekten realisiert haben. Nach der Wende haben sie die Photographenagentur Ostkreuz und die Ostkreuzschule für Photographie in Berlin mitbegründet. Ute und Werner Mahler leben und arbeiten in Hamburg und Berlin. Ute Mahler ist Professorin für Photographie an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg.
Die weltweit erste gemeinsame Werkschau zeigt u. a. wichtige Serien wie Berka, Die Abiturienten, Bergbau, Der Verein von Werner Mahler und Zusammen Leben, Erotikprogramm in der DDR, Brüder und Schwestern, Bomber und Ibrahim Böhme von Ute Mahler. Ebenso sind die Modeaufnahmen von Ute und Werner Mahler – z. B. für die legendäre Zeitschrift Sibylle – zu sehen. Mit Monalisen der Vorstädte, das Porträts junger Frauen in fünf Städten Europas zeigt, legt das Photographenpaar schließlich sein erstes gemeinsames Projekt vor.

 

Ingo Gebhard (DGPh)
Meer-Menschen

132 Seiten, 80 Abb. in Duplex
Hatje Cantz Verlag
ISBN 978-3-7757-3905-4; 39,80 Euro

Die Nordsee gehört zu den rauesten Gewässern weltweit. Ingo Gebhard (*1966 auf der Nordseeinsel Wangerooge) fängt die Naturgewalten seiner Heimat in Landschaftsaufnahmen ein, für die er in salziger Luft, von beißenden Winden, orkanartigen Böen und verwehenden Dünen umtost, oft Stunden ausharrt. Mittels langer Belichtungszeiten fängt er die Bewegung von Wasser, Wetter und Land ein. Die weichen Übergänge und verwaschenen Konturen in seinen Bildern wirken wie Nebel, sind jedoch Spuren der Meeresströmung und vorüberziehender Wolken. Der Band kombiniert die Landschaftsphotographien des Künstlers mit seinen Porträts von Bewohnern des deutschen Nordens – darunter Strandkorbwärter, Fischer, Surfer und Prominente wie Polarfahrer Arved Fuchs und Otto Waalkes. Kontrastreich und scharf gezeichnet, mutet etwa die porige Haut einer Wange wie körniger Sand an und wirres Haar scheint sich in Wellen, eine hohe Stirn in glattgewaschenen Stein zu verwandeln. So steht das Meer den Menschen ins Gesicht geschrieben.
(Ausstellung: Hafenmuseum Speicher XI, Bremen 7.9.–2.11.2014)

 

Lauren Marsolier
Transition

80 Seiten, 50 farbige Abbildungen, Englisch
Kerber Verlag
ISBN:    978-3-86678-994-4; 32 Euro

Lauren Marsolier schafft glaubhaft reale Räume aus mehreren Photographien, aus Fragmenten, die in keinem Zusammenhang untereinander stehen und über längere Zeit an höchst unterschiedlichen Orten eingesammelt worden sind. Angesiedelt zwischen Idee und Wirklichkeit stellen ihre Bilder eine geistige Landschaft dar, die unter dem Einfluss einer sich ständig wandelnden Welt steht.  Lauren Marsoliers Bilder bewegen sich an der Grenze zwischen Idee und Realität und erinnern uns an den Minimalismus und die kühle Ästhetik von zeitgenössischer Architektur und Liftestyle-Magazinen.
(Ausstellung: Galerie Richard, Paris 29.11.14-10.01.15)

 

Lard Buurman
Africa Junctions. Capturing the City

216 Seiten, 87 Abb.; Englisch
Hatje Cantz Verlag
ISBN 978-3-7757-3791-3; 38 Euro

In afrikanischen Städten spielt sich das Leben auf der Straße ab, wo Privatsphäre und Öffentlichkeit ineinander übergehen. Ein Gehweg wird unmerklich zur Familienküche oder verwandelt sich plötzlich in einen Laden. Das Verkehrschaos und lange Staus stellen für viele ein lästiges Hindernis dar, andere finden darin Arbeit und lukrative Verdienste. Die Metropolen in Afrika zeichnen sich durch informelle Strukturen und die Kunst zur Improvisation aus; die koloniale Vergangenheit hat ihre Spuren hinterlassen, die sich bis heute in sozialer Ungleichheit und schlechter Regierungsführung fortsetzen. Lard Buurman (*1969) fängt in seinen Photographien die afrikanische Stadt als einen Ort permanenter Veränderung und unablässiger Begegnung ein. Das einzelne Bild setzt sich aus mehreren Momentaufnahmen zu einer typischen Szenerie zusammen, sodass der urbane Raum für den Betrachter lebendig wird.

 

Shomei Tomatsu
Chewing Gum and Chocolate

224 Seiten, 125 Duplexabb.
Kehrer Verlag
ISBN 978-3-86828-498-0; 49,90 Euro

Shomei Tomatsu, einer der herausragenden japanischen Photographen des 20. Jahrhunderts, hat wie kein anderer das Bild vom Nachkriegs-Japan geprägt. Seine Betrachtung beginnt bei den Verwüstungen durch die Atombombe in Nagasaki und fokussiert später auf die Spannungen zwischen traditioneller japanischer Kultur und zunehmen der Verwestlichung. Seit den späten 1950er-Jahren zeigt Tomatsu die gewaltigen Auswirkungen der Besatzung durch die amerikanischen Sieger. Er betitelte seine Photoserie zunächst auch Occupation (Besatzung), benannte sie aber später nach den Süßigkeiten, die die US-Soldaten den japanischen Kindern schenkten: Chewing Gum and Chocolate – süß und süchtig machend, doch ohne nachhaltigen Nährwert. Diese Werkgruppe Tomatsus wurde noch nie zuvor in einem Band zusammengefasst, obgleich viele seiner ikonischen Bilder aus dieser Arbeit stammen.

 

Vee Speers
Bulletproof

88 Seiten, 55 Farbabb., Englisch
Kehrer Verlag
ISBN 978-3-86828-566-6; 39,90 Euro

»Vee Speers verewigt die fragile Schönheit der Jugend. Sie photographiert eine Zeit, die auf den ersten Verlust folgt: den der Kindheit. Sie erschafft eine Welt innerhalb der Welt und Figuren, die sich verwandeln. Sie verkleidet, frisiert, maskiert ihre Modelle zuweilen sogar, um so die stolzen Jungen und Mädchen vor ihrem Objektiv an fremde Orte zu versetzen. Ob ärgerlich, in sich gekehrt, beunruhigt – sie haben alle unerhörte Kraft. Ihr Sein weist keine Schwäche auf, ihre Haltung zeigt keine Verletzlichkeit, ihre Gesichter und Blicke sind makellos.«(Julie Estève)

 

Richard Avedon
Wandbilder und Porträts

262 Seiten mit 87 Tafeln und 38 Abbildungen in Duplex
Hirmer Verlag
ISBN: 978-3-7774-2284-8; 59 Euro

Alle Welt kennt Richard Avedon (1923–2004) als hochkarätigen Mode- und Werbephotographen. Doch verstand er sich immer auch als freier, aufgeklärter Künstler, der sich mit großer Hingabe der Porträtphotographie widmete. Beide Bereiche sind zentrale Aspekte seines kreativen Interesses. Und so schuf der begnadete Grenzgänger zwischen freier und auftragsgebundener Photographie abseits der Modewelt ein Œuvre von epochalem Rang, das einfühlsam und entlarvend zweierlei festhält: die Elite Amerikas und ihr Gegenteil.
Zwischen 1969 und 1971 gestaltete Avedon vier monumentale, vielfigurige Wandbilder mit Porträts von Aktivisten der Friedens- und Bürgerrechtsbewegung, Allen Ginsbergs Familie, Andy Warhols Factory und Funktionären des Vietnamkriegs. Exemplarisch stehen sie für die zentralen Themen in Avedons Porträtwerk. Seine Empathie, sein Blick für das Unverwechselbare sowie sein politisches und soziales Engagement kennzeichnen auch Avedons Bücher „Observations“, „Nothing Personal“ und „In the American West“. Bildnisse von Künstlern, Bürgerrechtlern, Farmern und Arbeitern, aber auch erschütternde Aufnahmen aus der Psychiatrie spiegeln hier ungeschminkt das Spektrum menschlichen Seins. In dem vorliegenden Buch schildern die verschiedenen Autoren in ausführlichen Beiträgen den Werdegang und das beispielhafte Wirken eines der bedeutendsten Photographen unserer Zeit, der während eines Großteils seines Lebens in unterschiedlichen Genres der amerikanischen Photographie den Ton angegeben hat. Zutreffend stellt Jane Livingston dazu fest: „Als Porträt-, Mode und Werbephotograph hat Avedon eine Reihe photographischer Stile praktisch neu erfunden.“ (vZ)
(Ausstellung: bis 9.11. Bayerischen Staatsgemäldesammlungen München)

 

Bob Willoughby
Audrey Hepburn - Photographs
1953–1966
Mehrsprachig: Englisch, Deutsch, Französisch
280 Seiten
Taschen-Verlag
ISBN 978-3-8365-5449-7;  29,99 Euro

Die Karriere des Photographen Bob Willoughby in Hollywood begann Ende der 1940er Jahre. Bald entdeckten ihn die Filmstudios und spätestens, als ihn Warner Brothers 1954 engagierte, um für den Film „A Star Is Born“ mit Judy Garland zu photographieren, wurde er zum ersten „Standphotographen“, dessen Aufnahmen vom Set man zu Werbezecken für die Presse platzierte. Willoughby sollte, wie „Popular Photography“ später schrieb, der „Mann, der das photojournalistische Kino-Standphoto praktisch erfunden hat“ werden. Von den Stars Marilyn Monroe, Elizabeth Taylor und Jane Fonda machte er legendäre Aufnahmen. Doch sein absolutes Lieblingsmodell sollte Audrey Kathleen Ruston werden, die später als Audrey Hepburn zu Weltruhm gelangte. Willoughby wurde im Jahr 1953 eines Morgens angeheuert, um das gerade frisch in Hollywood angekommene Starlet abzulichten – ein für ihn zunächst völlig uninteressanter Auftrag. Doch als er der in Belgien als Tochter eines angesehenen britischen Bankiers und einer niederländischen Baronesse geborenen Grazie begegnete, war er sofort Feuer und Flamme. „Sie gab mir die Hand wie . . . nun, wie eine Prinzessin und blendete mich mit diesem Lächeln, das Gott erschuf, um Männerherzen zum Schmelzen zu bringen“. Spätestens, als Hepburns Karriere nach ihrem Oscar-Gewinn für „Ein Herz und eine Krone“ dem Höhepunkt entgegensteuerte, wurde Willoughby zu ihrem Freund und Vertrauten, der sie bei der Arbeit, aber auch privat zu Hause photographierte. Seine gleichermaßen perfektionistischen wie einfühlsamen Bilder, die den Weg der Schauspielerin vom Filmdebut bis zum Karrierehoch in „My Fair Lady“ im Jahr 1963 begleiteten und jetzt erstmals in einem opulenten Bildband zusammengefasst vorliegen, vermitteln die vielen Facetten von ihrer Schönheit und Eleganz. Sie zeigen Audrey Hepburn in insgesamt acht nach Jahren zwischen 1953 und 1966 gegliederten Kapiteln am Set mit Kollegen, aber auch im privaten Rahmen. Mit dem neuen, im Taschen-Verlag, Köln, erschienenen Buch liegt jetzt eine umfassende Bilddokumentation über eine der größten Schönheitsikonen des 20. Jahrhunderts vor. (vZ)

 

Um 1979
Dokumentarische Photographie um 1979

192 Seiten mit ca. 90 SW und Farb-Abbildungen
Snoeck Verlagsgesellschaft
ISBN 978-3-86442-102-0; 39,80 Euro

1979 veröffentlichte der Phototheoretiker und Philosoph Ro¬land Barthes seinen Essay „Die Helle Kammer“, der für eine Reihe von Photographen prägend war. Das Museum Ludwig präsentiert daraus unter anderem Robert Adams, Candida Höfer oder Boris Mikhailov, die gemäß der These von Barthes die Wirkung der Wirklichkeit in der Photographie ausloteten und dokumentarische Photographie als künstlerische Position um 1979 erarbeiten haben. Oft wird der eigene Lebensraum beobachtet und dokumentiert, im Zeitablauf entstehen größere Serien, die jetzt umfassend präsentiert werden. Das Buch „Um 1979“ stellt 13 PhotographenInnen  aus der Sammlung des Museum Ludwig, erweitert um Leihgaben, vor. Dabei ist die Photographie nicht allein für sich, sondern auch ihre Nutzung von Bedeutung. Daher wird jede der gezeigten Serien auf folgende Fragen hin untersucht: „Wer hat die Aufnahmen ge¬macht, wann und wo, in wessen Auftrag, an wen sind sie adressiert, wo und wie wurden sie erstmals veröffentlicht? Und welche Möglichkeiten der Annäherung an Photographie kön¬nen in der Gegenwart bestimmt werden?“ Roland Barthes unterscheidet zwei Kategorien in Bezug auf die Photographie: Die ästhetische Kategorie (Autorschaft, Oeuvre und Genre) und die Verrücktheit, das „Erwachen der unbeugsamen Realität“. Diese These des Dualismus der Photographie „als Kunst und als Abbild der Wirklichkeit“ wurde auf der documenta X und Documenta 11 bestätigt. Das Buch und die Ausstellung »Um 1979« befragen die gezeigten dokumentarischen Photographieserien, „auf ihre ästhetischen und ethischen, performativen und politischen Bezüge zur unbeugsamen Realität.“ (DB)
(Ausstellung: Museum Ludwig in Köln, 26.06.– 16.11.2014)

 

Der Stachel des Skorpions
254 Seiten mit ca. 196 Farbphotographien
Hatje Cantz Verlag
ISBN 978-3-7757-3846-0; 38 Euro

Das Buch setzt sich mit dem vielschichtigen Begriff des Surrealismus in künstlerischen Medien auseinander. Der Schwerpunkt liegt dabei in einem Diskurs von Luis Buñuels frühem surrealistischem Meisterwerk L’Âge d’Or und den Positionen zeitgenössischer Künstler. Dieses zentrale Werk des Surrealismus wurde 1930 mit Ideen von Salvador Dalí und Max Ernst als Schauspieler realisiert. Es hat in der letzten Zeit besonderen Einfluss gehabt auf die narrativen Tendenzen in der zeitgenössischen Kunst. Die Themen und Motive von Luis Buñuel werden von den Gegenwartskünstlern John Bock, Keren Cytter, Julian Rosefeldt und Tobias Zielony sowie dem Künstlerkollektiv Chicks on Speed und dem Duo M+M in sechs Beiträgen aufgenommen und für unsere Zeit interpretiert. Das Kooperationsprojekt des Instituts Mathildenhöhe Darmstadt und des Museums Villa Stuck, München, wird im Rahmen des Surrealismus-Sommers 2014 ergänzt durch die Ausstellung „Bewusste Halluzinationen. Der filmische Surrealismus“ im Deutschen Filmmuseum in Frankfurt. (DB)
(Ausstellung: Mathildenhöhe in Darmstadt 22.06. - 05.10.2014)

 

Ivan Kyncl
Rebellion mit der Kamera

224 Seiten, 178 s/w Abbildungen, Deutsch | Englisch | Tschechisch
Kerber Verlag
ISBN:    978-3-86678-986-9; 32 Euro

Der Prager Photograph Ivan Kyncl (1953–2004) erregte in den 1970er-Jahren internationale Aufmerksamkeit: Ihm gelang es, die Überwachungspraktiken der Geheimpolizei heimlich zu photographieren und Aufnahmen in den Westen zu schmuggeln. Kyncl dokumentierte nicht nur die Verfolgung der tschechischen Dissidenten. Er zeigte auch den Alltag sozialer Randgruppen in der CSSR nach Niederschlagung des Prager Frühlings aus einer ideologisch „abweichenden“ Perspektive gegen die ästhetische Normiertheit des Sozialistischen Realismus. Dieses Buch präsentiert darüber hinaus Kyncls Theaterphotographien und Reportagen, die der Photograph nach seiner Emigration nach London 1980 machte.
(Ausstellung: September 2014 Prager Nationalmuseum

 

Sprüche aus Asche 1986 | 1996
Photos: Hans-Jörg Schönherr (DGPh)

Texte: Christoph Kuhn
112 Seiten
mdv Mitteldeutscher Verlag
ISBN 978-3-95462-333-4; 14,95 Euro
Hans-Jörg Schönherrs Photos von ideologischen Parolen an Straßen und Plätzen – sogenannte »Sichtagitation « – entstanden 1986 innerhalb weniger Tage. Rund zehn Jahre später photographierte er, meist an denselben Orten, die oft nicht unähnlichen Losungen des freien Marktes, um sie denen des untergegangenen Systems gegenüberzustellen. Christoph Kuhn spürt in seinen Texten blitzlichtartig der DDR-Geschichte nach, lässt in seinen Episoden aufscheinen, was zu ihrem Ende beitrug.
 

Swissair Luftbilder
Das Luftbildarchiv der Swissair

208 Seiten, 54 farbige und 96 sw Abbildungen
Verlag Scheidegger & Spiess
ISBN 978-3-85881-429-6; 52 Euro

Die Luftphotographie war seit der Gründung 1931 ein wichtiges Geschäftsfeld der legendären Fluggesellschaft Swissair. Walter Mittelholzer (1894–1937), gelernter Photograph und Flugpionier, war die treibende Kraft hinter der Swissair Photo AG. Rund 95 000 Luftbilder, die meisten aus der Schweiz, zählt der heute im Bildarchiv der ETH-Bibliothek aufbewahrte Bestand, der von der Gründung der Vorläufergesellschaft Ad Astra Aero AG 1918 bis ins Jahr 2011 reicht. Davon stammen rund 12 500 Aufnahmen von Mittelholzer selbst. Atemberaubend schöne Schräg- und Senkrechtaufnahmen von Bergen, Landschaften, Städten und Dörfern in der Schweiz – ab etwa 1960 auch in Farbe – veranschaulichen eindrücklich den Wandel vom Agrarland zu einem dicht besiedelten Gebiet innert weniger Jahrzehnte.

 

Neues Licht. Daguerre, Talbot und die Veröffentlichung der Fotografie im Jahr 1839
Herausgeber: Steffen Siegel (DGPh)
518 Seiten, 59 s/w Abbildungen
Wilhelm Fink Verlag
ISBN: 978-3-7705-5736-3; 59 Euro

»Es ist«, schrieb Alexander von Humboldt Ende Februar 1839 an Carl Gustav Carus, »eine der erstaunenswürdigsten Entdeckungen neuerer Zeit.«
Sieben Wochen zuvor war in Paris die Daguerreotypie öffentlich vorgestellt geworden – und mit ihr zum ersten Mal die Möglichkeit, photographische Bilder herzustellen. Die Nachricht von dieser Erfindung verbreitete sich in Windeseile in aller Welt und forderte weitere Erfinder dazu heraus, ihre eigenen photographischen Forschungen öffentlich zu machen. 1839 ist das Jahr, in dem sich das Nachdenken und Sprechen über die Photographie formieren. Die in diesem Band versammelten Texte geben die Bahnen vor, auf denen sich fortan die Diskurse zur Photographie bewegen. Für sie galt es, Metaphern und Begriffe zu prägen, Vergleiche und Argumentationen auszubilden – kurz: Standards des Sprechens zu etablieren. Formuliert werden dabei weit ausgreifende Fantasien, aber auch ernsthafte Befürchtungen. Und stets ging es hierbei um nichts weniger als die Zukunft der Bildenden Kunst.

 

Helmut Lethen
Der Schatten des Fotografen

272 Seiten
Rowohlt Verlag
ISBN 978-3-644-11911-6; 19,95 Euro

Das Photo eines vertrauten Menschen kann uns berühren «wie das Licht eines Sterns» (Roland Barthes); die Bilder flüchtender Kinder führen die Schrecken des Krieges geradezu schmerzhaft vor Augen. Wie kommt es, dass Photos eine so ungeheure Wirkung auf uns haben? Wie viel Wirklichkeit steckt in oder hinter den Bildern? Helmut Lethen geht diesen Fragen auf einem Streifzug durch die Kunst- und Mediengeschichte des 20. Jahrhunderts nach: Er zeigt uns am Beispiel der berühmten Photographien Robert Capas von der Landung in der Normandie, wie aus Bildern Geschichtszeichen werden; er folgt gebannt den Performances von Marina Abramović, in denen Kunst und Wirklichkeit verschmelzen; er vertieft sich in das ironische Zeichenspiel des Konzeptkünstlers Bruce Nauman, das jede Realität dahinter verschwinden lässt; er entdeckt in idyllisch anmutenden Bildern jene totale Verlassenheit, die ihn bereits als Kind erschreckte. Lethen erläutert, was Bilder sind und was sie vermögen, ohne dabei die Wirklichkeit hinter ihnen preiszugeben. Ein eindringliches Plädoyer und eine Schule des Sehens in einer unübersichtlichen Zeit.

 

Hans Jürgen Raabe
990 Faces

990 Faces ist eine ganze, noch nicht vollendete Buchreihe. Im Jahr 2010 startete Hans Jürgen Raabe sein globales, episches Photoprojekt als Work in Progress. Das erste Drittel - über 10 Serien mit mehr als 300 Portraits und Stills - liegt nun vor. Hans Jürgen Raabes Domäne ist das Menschenbild. Mit seinen Serien wie Myanmar, Lourdes, dOCUMENTA [13] oder den neuen, gerade publizierten Werkreihen Eiffelturm, Brandenburger Tor und Papua Neuguinea schafft der Photograph Sinnbilder einer globalisierten Menschheit auf Durchreise. Für sein Projekt hat Hans Jürgen Raabe immer wieder Orte aufgesucht, die als „Wegkreuzungen der Kulturen, Religionen und Ethnien fungieren“ (Hans-Michael Koetzle (DGPh)). In zehn Jahren soll der komplette Zyklus mit 33 Serien abgeschlossen sein. Mit jeder weiteren Station wird die Bildstrecke um 30 Porträts und 10 Stills erweitert. Die Bücher sind erhältlich über die Buchhandlung Walther König oder www.artbooksonline.eu zum Preis von je 99 Euro. Aktuell ist Hans Jürgen Raabe bis zum 3. Oktober mit seinem Projekt 990 Faces im PhotoBookMuseum in Köln zu sehen und vom 18. September bis 15. Oktober in der Galerie Photo Edition Berlin.