Larry Sultan
128 Seiten, 69 farbige und 16 s/w Abbildungen
Verlag Kerber
ISBN:    978-3-7356-0069-1; 36 Euro

Die retrospektive Publikation über den kalifornischen Photographen Larry Sultan (1946-2009) erscheint begleitend zur ersten Einzelausstellung seines Werks in einem deutschen Museum. Sultans Schaffen zählt im amerikanischen Kunstdiskurs zu den zentralen Positionen der post-konzeptuellen Photographie. Das Buch und die Ausstellung zeigen seinen künstlerischen Werdegang. In der
medienkritische Serie „Evidence“ (zusammen mit Mike Mandel) setzt er sich mit dokumentarischen Stilmitteln mit der Realität des Bildes auseinander. In seinem Spätwerk „Pictures from Home“ und „The Valley“ ist eine Vermischung „dokumentarischer“ und „inszenierter Photographie“ zu erkennen, die Bezüge zur „Subjektiven Photographie“ in Deutschland hat. Texte unter anderem von Larry Sultan, Stefan Gronert (DGPh) und Christoph Schaden (DGPh). (DB)
(Ausstellung: Kunstmuseum Bonn 05.02. - 17.05.2015)

 

Verena Mueller – Manfred Gaida (DGPh)
Orte der Einkehr

144 Seiten mit 104 Schwarzweiß-Photographien im Duplex-Druck
Wasmuth Verlag
ISBN 978-3-8030-3369-7; 29,80 Euro

Das Kloster Wettenhausen blickt auf eine lange Geschichte zurück. Gegründet im 12. Jahrhundert, wurde es über die einzelnen Kunstepochen innenarchitektonisch mit einzigartigen Gewerken ausgestattet. Seit 150 Jahren wird das Kloster von Dominikanerinnen geführt. Da der Nachwuchs an jüngeren Schwestern fehlt, steht der Klosteranlage nun ein Nutzungswandel bevor. Seit ihrem ersten Besuch sind die beiden Gestalter Verena Mueller und Manfred Gaida tief berührt von der Schönheit und Spiritualität dieses besonderen Ortes. Vor dem Hintergrund des bevorstehenden Nutzungswandels entwickelten sie die Idee, das Kloster Wettenhausen in seinem momentanen Zustand photographisch zu dokumentieren und die darin lebenden Dominikanerinnen in Photographien und Gesprächstexten zu portraitieren. Die Interviews mit den Schwestern geben einen berührenden Einblick in die jeweiligen Lebensgeschichten und lassen uns teilhaben an ihren inspirierenden Lebensphilosophien. Neben den repräsentativen Räumen des Klosters werden in diesem Bildband  auch Architekturaufnahmen jener Räume gezeigt, die für die Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. Liebevolle Details in den Bildern erzählen von den Geschichten im Kloster. Verena Mueller und Manfred Gaida lassen die Spiritualität dieser außergewöhnlichen Räume in ihren ästhetischen Schwarzweiß-Photographien spürbar werden. Sie nehmen uns mit auf eine visuelle Entdeckungsreise durch das Kloster und zeigen in ihren Bildern viele Räume des Klosters, die als »Orte der Einkehr« zum meditativen Betrachten anregen.
(Ausstellung: Bayerisches Schulmuseum Ichenhausen: 22.03. bis 19.04.2015)

 

Martin Blume (DGPh)
Auschwitz heute

160 Seiten, 67 Abb., Deutsch, Englisch, Polnisch
Hentrich und Hentrich Verlag
ISBN: 978-3-95565-077-3; 29,90 Euro

Auschwitz – Ort und Symbol der Vernichtungsmaschinerie des nationalsozialistischen Deutschland. Der Name der südpolnischen Stadt steht für den millionenfachen Mord an Juden, Polen, Sinti und Roma, sowjetischen Kriegsgefangenen sowie Menschen, die nach der NS-Rassenideologie nicht zur "Volksgemeinschaft" gehörten. Wenn wir den Begriff Auschwitz-Birkenau hören, löst dies zwangsläufig Bilder in unseren Köpfen aus: das Eingangsgebäude in Birkenau, die schneebedeckten Gleise und der Schriftzug "Arbeit macht frei". Es sind Zeichen, Symbole, die uns auf schreckliche Weise vertraut sind. Diese Bilder werden häufig in den Medien gezeigt, und sie sind in der Bevölkerung zumeist bekannt. Dies befördert beim Publikum das Gefühl, bereits "alles" über Auschwitz zu wissen. Dieser Bildband möchte dazu anregen, genauer hinzusehen, sich einen eigenen Zugang zu verschaffen, abseits vom moralischen Appell eines "Nie wieder" und von vermeintlich erwartetem sozialem Verhalten. "Unschärfe bietet die Möglichkeit eigener Projektion, Abwendung und Verdrängung werden vermieden", erklärt der Photograph Martin Blume.
(Ausstellung: Landesmuseum Mainz, 08.03. - 06.04.2015)

 

Stefan Moses
Lovis-Corinth-Preis 2014

160 Seiten; 190 Duplexabb.
Kehrer Verlag
ISBN 978-3-86828-544-4; 29,90 Euro

Stefan Moses, Preisträger des Lovis-Corinth-Preises 2014, ist einer der wichtigsten deutschen Photographen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Konzept- und Life-Photographie verbinden sich in seinem Werk zu einer neuen Bildsprache. Deutschland und die Deutschen – das ist seit mehr als einem halben Jahrhundert sein großes Lebensthema. Porträts von Schriftstellern, Wissenschaftlern, Politikern und Künstlern, aber auch von einfachen Bürgern in West und Ost etablierten den Photographen als Chronisten der deutschen Nachkriegsgesellschaft. Stefan Moses wurde 1928 im schlesischen Liegnitz (heute Legnica in Polen) geboren und lebt und arbeitet seit 1950 in München. Als Redaktionsphotograph von magnum, Spiegel und Stern prägten seine Bilder die Photographiegeschichte nach 1945. Seit 1960 kommen alle zentralen Themen aus dem für ihn »interessantesten Land der Welt: Deutschland«. Anlässlich des Lovis-Corinth-Preises 2014 werden die drei Langzeitzyklen Deutsche – West, Deutsche – Ost, Deutschlands Emigranten und Künstler machen Masken aus dem Bilderkosmos von Stefan Moses jetzt zum ersten Mal in diesem Ensemble im Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg ausgestellt und in Buchform publiziert. Texte unter anderem von Matthias Harder (DGPh).
(Ausstellung: Kunstforum Ostdeutsche Galerie Regensburg 01.03. – 31.05.2015)

 

Barbara Klemm (DGPh), Stefan Moses (DGPh)
280 Seiten, 238 Illustrationen
Nimbus Verlag
ISBN 978-3-03850-006-3; 48 Euro

Barbara Klemm und Stefan Moses sind zwei Photographen, die auf ihre jeweils ganz eigene Art das Politik- und Zeitgeschehen, das Leben in Deutschland und andernorts über Jahrzehnte photographisch begleitet haben.
Barbara Klemm ist während ihrer 40-jährigen Tätigkeit für die Frankfurter Allgemeine Zeitung kein Kontinent fremd geblieben. Mit einem einzigen Bild kann sie Geschichten erzählen – mit einer Intensität und in einer Dichte wie kaum jemand sonst. In dem weitaus überwiegenden Teil ihrer Photographien geht es um den Menschen und darum, wie er lebt. Klemms Bildern ist alles Plakative fremd und man fragt sich angesichts der unaufdringlich erscheinenden Aufnahmen oft, wie die Photographin es fertig bringt, mit ihrer Kamera ohne viel Aufhebens anwesend zu sein.
Bereits seit einem halben Jahrhundert sind Deutschland und die Deutschen das große Thema von Stefan Moses. Seine beeindruckende Serie der Emigranten versammelt über 100 Porträts von Persönlichkeiten, die ihre Heimat nach 1933 aus Angst vor dem Terror der Nationalsozialisten verlassen mussten. Ergänzt wird diese Werkgruppe durch Photographien von Menschen, die kurz vor und nach der Wende auf mehreren Reisen durch die DDR entstanden sind. Mit den häufig vor einem grauen Tuch photographierten Einzelpersonen und kleinen Gruppen korrespondieren Momentaufnahmen, die Stefan Moses gleichsam im Vorübergehen mitgenommen hat: Sprüche auf Mauern, übermalte Plakate und Schilder, ganz direkte Äußerungen derjenigen, die den Abschied von einer alten Zeit und den Aufbruch in eine neue Zeit miterlebt haben.

 

Jens Liebchen (DGPh)
System      

40 Seiten, 19 Farbaufnahmen
500 nummerierte und signierte Exemplare
Peperoni Books / 25books
978-3941825680; 39 Euro

Die Bildstrecke zeigt ein zauberhaftes Winterwunderland, eine menschenleere, unberührte Schneelandschaft mit schön gewachsenen Bäumen, die flockenumtost einzeln oder in Gruppen filigran und zartgrün an den Ästen aus der in weichen Weiß- und Grautönen gezeichneten Umgebung hervortreten. Ein Naturschauspiel von vollkommener Schönheit. So scheint es – ist es aber nicht.
Aufgenommen hat Jens Liebchen die Bilder mitten in Tokyo im äußeren Teil des Imperial Palace Garden. Hier und da erkennt man im dichten Schneetreiben vorbei fahrende Autos im Hintergrund, vereinzelt verdunkeln schattenhaft aufragende Hochhaussilhouetten den Himmel. Und für die Bäume hat die Natur nur das Material geliefert. Platzierung, Wuchs, Größe und Form sind von Menschen definiert und bis ins kleinste Detail geplant. Mit seinen Bildern spiegelt Jens Liebchen, der selbst drei Jahre in Tokyo gelebt hat, eherne Grundsätze des Japanischen Gesellschaftssystems.

 

Thomas Kläber (DGPH)
Am Ende der Zeit

80 Seiten mit zahlreichen Abbildungen
Brandenburgische Kulturstiftung Cottbus
ISBN 978-3-942798-52-5; 17 Euro

„Am Ende der Zeit“ ist die poetische Umschreibung des menschlichen Lebensendes, das Thomas Kläber in sehr eindrucksvollen Photographien festgehalten hat, die jeden Betrachter in eine Reflexion über das unausweichliche eigene Ende versetzen. Der photographische Essay erfasst die letzten sieben Lebensjahre von Annemarie Jatzlauk, der Inhaberin der Cottbuser Bahnhofdrogerie. Die photographische Serie zeigt ein Paradoxon, in der der Mensch altert, aber gleichzeitig in seinem Lebensumfeld die Zeit stillsteht. In den Alltagsbildern wird zugleich das Normale, das Besondere und das Einmalige eines jeden Menschen sichtbar. Die stillen Momente eines einfachen und autarken Lebens stellen die Frage nach dem Sinn des Lebens und was darüber hinaus bleibt. Eine solche intensive Auseinandersetzung mit den emotionalen Kernthemen der Menschengeschichte ist nur möglich, wenn man ein großes Interesse an seinen Mitmenschen und ihrem unmittelbaren Lebensumfeld hat. Ein über die Photographie hinaus sehr anregendes und beeindruckendes Buch, das man gerne ein zweites Mal zu Hand nimmt. (DB)
(Ausstellung: Kunstmuseum Dieselkraftwerk Cottbus bis 15. März 2015)

 

Dima Gavrysh
Inshallah

108 Seiten, 66 Duplexabb., Englisch
Kehrer Verlag
ISBN 978-3-86828-468-3; 44,90 Euro

Der aus der Ukraine stammende Photojournalist Dima Gavrysh (* 1978) verfolgt mit der Serie Inshallah (frei übersetzt »so Gott will«) seine Sicht auf den Krieg der USA in Afghanistan. In der Ukraine aufgewachsen, seit 2004 jedoch in die USA emigriert, lebt er zum zweiten Mal in einem Land, das sich im Krieg mit Afghanistan befindet. Als »embedded journalist« verfolgte er den Konflikt aus nächster Nähe. Seine Antwort darauf war jedoch nicht, ein präzises Bild der Gegebenheiten in streng photojournalistischer Manier wiederzugeben. Stattdessen erarbeitete sich Gavrysh eine künstlerische Bildsprache, die starke Eindrücke und Emotionen vermittelt, ohne Bericht zu erstatten. In seinen Arbeiten vermischt der Photograph die romantisch-heroisierenden Kriegsvisionen aus der Kindheit und seine persönlichen Konflikte mit den Bildern, die ihm im Kriegsgebiet begegneten. Hypnotisiert von der Komplexität des afghanischen Chaos, empfand er diese Vorgehensweise als die einzige Möglichkeit, mit den Tatsachen umzugehen: Zwei Reiche, zwei Mentalitäten, derselbe Kriegsschauplatz mit dem zeitlichen Abstand von zwölf Jahren.

 

Meinrad Schade
Krieg ohne Krieg

264 Seiten, 161 farbige Abbildungen
Verlag Scheidegger & Spiess
ISBN 978-3-85881-452-4; 54 Euro


Wann beginnt ein Krieg und wann hört er wirklich auf? Spuren in der Landschaft bleiben, seelische Wunden werden an die Nachkommen weitergegeben. Der Dokumentarphotograph Meinrad Schade hielt ab 2003 in den Ländern, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion entstanden, ein fragil zwischen Krieg und Frieden schwebendes Alltagsleben fest: In Tschetschenien die Zerstörungen. In Inguschetien das Leben der Vertriebenen. In Kasachstan die Folgen der Atombombenversuche. In Nagorny-Karabach den Grenzkonflikt. In Russland und in der Ukraine die Erinnerungsrituale, die Paraden. Das Buch präsentiert Schades Porträt-, Straßen- und Landschaftsaufnahmen in Bildpaaren und Bildfolgen, welche die Zusammenhänge und Konsequenzen ungelöster Konflikte deutlich machen. Nach einem Essay von Nadine Olonetzky zu den Folgen von Kriegen erläutert der Journalist Daniel Wechlin die politisch-historischen Hintergründe. Der Schriftsteller Michail Schischkin erzählt vom Untergang und Wiederaufbäumen des Sowjetimperiums. Und Fred Ritchin, Spezialist für Dokumentarphotographie, zeigt die Chancen und Grenzen der Reportagephotographie heute auf.
(Ausstellung: Fotostiftung Schweiz / Winterthur 7. März bis 17. Mai 2015).

 

Detlef Orlopp
Nur die Nähe - auch die Ferne

208 Seiten mit zahlreichen Abbildungen
Steidl / Edition Folkwang
ISBN 978-3-86930-962-0; 34 Euro

Das Buch und die Ausstellung im Folkwang Museum sind eine umfassende Werkschau der Photographien von Detlef Orlopp. Sein Studium bei Otto Steinert hat ihn geprägt, wie auch seine bildnerische Auseinandersetzung mit morphologischen Formen. Zwei Motivgruppen beschäftigen ihn dabei bis heute: das menschliche Gesicht und die Oberflächenstrukturen des Meeres. In beiden sind die experimentelle Arbeitsweise und die Bildgestaltung der „subjektiven Photographie“ erkennbar. In den Werkserien schlägt das gestaltete und reduzierte Bild der Landschaft (ohne Verlust des Realitätsbezugs) einen Bogen von der „Sub¬jektiven Photographie" (Otto Steinert) zu den konstruktiven, meditativen und kon¬zeptuellen Positionen der künstlerischen Photographie von 1960-1985. Mit Gesichtern im Seniorenheim hat er begonnen und bis heute faszinieren die „sachlicher Distanz“ zur dargestellten Person und die menschliche Nähe zum Individuum seiner Porträts. Die Darstellung von Wasseroberflächen in ihrer Stringenz ist eine „photo¬graphischen Minimal Art“. Es ist Verdienst des Folkwang Museums, Orlopps Photographien nach der Nichtbeachtung in den 90er Jahren wieder auszustellen und damit eine Diskussion zum Wesen künstlerischer Photographie anzustoßen. Texten von Florian Ebner (DGPh), Franziska Scheuer und Petra Steinhardt (DGPh).  (DB)
(Ausstellung: bis 19. April 2015 im Folkwang Museum Essen)

 

Juul Kraijer
Penumbrae

64 Seiten, 40 Farb- und Triplexphotographien, Englisch
Kehrer Verlag
ISBN 978-3-86828-542-0; 29,90 Euro

Juul Kraijers Arbeitsweise stützt sich auf die surrealistische Photographie: Anstatt ihre Modelle zu porträtieren, sieht sie diese vielmehr als Plattform zur Verwirklichung ihrer Ideen. „Ohne zu kopieren, nutze ich die surrealistischen Hilfsmittel wie Verfremdung; Spiegelungen, die Verschmelzung ungleicher Dinge, das Animieren von Objekten, die Vergegenständlichung menschlicher Körperteile oder die Projektion von blendenden Gespinsten aus Schatten auf diese.“ (Juul Kraijer) Neben den Photographien der Surrealisten ließ sich die Künstlerin von den Photos Julia Magaret Camerons, medizinischen Aufnahmen des Fin de Siècle und der photographischen Dokumentation spiritueller Sitzungen inspirieren. Insbesondere die Aufnahmen, auf denen Schlangen, Eulen oder andere Kreaturen zu sehen sind, dienen dazu, das Modell in eine andere Ebene zu überführen und die traditionelle Hierarchie zwischen Mensch und Tier, zwischen Modell und Staffage aufzuheben. Hierzu engagierte die Künstlerin eigens Tiertrainer, deren Tiere darin geschult sind, sich während Photoaufnahmen ruhig zu verhalten und auch das Modell musste während mancher Aufnahmen besonders mutig sein. In einer Situation, die normalerweise Angst hervorrufen würde, bewahrt das Modell eine Ruhe und Anmut, die an Renaissanceporträts erinnern und das Gefühl einer anderen Welt heraufbeschwören: gleich einem traumartigen Raum, der mit einer an die Surrealität grenzenden Wirklichkeit zusammenstößt. Die Bilder widersetzen sich darüber hinaus einer Einordnung in eine bestimmte Epoche oder einen bestimmten Kontext, sodass sie eine Idee von Überzeitlichkeit vermitteln.

 

Cindy Sherman
184 Seiten, 152 Abb.
Hatje Cantz
ISBN 978-3-7757-3960-3; 30 Euro

Die Inszenierung von weiblichen Rollenbildern ist das zentrale Thema im Werk von Cindy Sherman. Dabei bezieht sich die amerikanische Künstlerin auf Stereotypen des kollektiven Bildgedächtnisses in unserer medial geprägten Welt. In diesem perfekten Rollenspiel mit Kostümen, Masken und Prothesen, bei dem ihre eigene Identität nahezu komplett verschwindet, hinterfragt Sherman (*1954) auf dem sehr schmalen Grat zwischen Inszenierung und Parodie in ihren Photographien Klischees und Ängste. Bekannt wurde die Künstlerin durch ihre mehrteilige Fotoserie "Untitled Film Stills" (1977-1980), in der sie stereotype Frauenfiguren aus fiktiven Filmszenen der 1950er-Jahre verkörpert. Ihr künstlerisches Prinzip hat sich seitdem nicht wesentlich verändert. In den später entstandenen Serien mit großformatigen Farbphotographien greift Cindy Sherman zum Beispiel Themen wie Modephotographie, Märchengestalten, Horrorszenen und Society Ladies auf.
(Ausstellung: Sammlung Goetz, München 29.01.– 18.07. 2015)

 

Wozu Bilder?
Gebrauchsweisen der Fotografie

Hrsg.: Andreas Baur, Bernd Stiegler (DGPh), Felix Thürlemann
Texte: Projektseminar Universität Konstanz unter Leitung von Bernd Stiegler und Felix Thürlemann
304 Seiten mit 250 farbigen Abbildungen
ISBN 978-3-86442-076-4; 29,80 Euro

Dieses Buch zur Ausstellung in der Villa Merkel in Esslingen ist ein Novum, es startet erstmals den Versuch, anhand historischer Photographien, die vor 1920 entstanden sind, die traditionelle Betrachtungsweise hinter sich zu lassen und den jeweiligen funktionalen Kontext zu fokussieren. In den letzten Jahren gab es keine seriöse Darstellung der Photographie ohne den Hinweis auf ihren dokumentarischen Charakter und auf Roland Barthes’ »So ist es gewesen«. Ja, selbst für die Kunst wurde dort noch ein dokumentarischer Charakter konstruiert, wo die Abbildungen längst schon digital waren oder der Manipulation durch diverse Bildprogramme unterlagen. Nicht erst hier zeigte sich, dass die dokumentarische Funktion des Bildes in höchst heterogene und oftmals überraschende Anwendungsbereiche eingebettet ist – anhand einer Photographie etwa kann jemand erinnert oder auch polizeilich gesucht werden. Da scheint es gerade jetzt, wo die Entwicklung zeitgenössischer Photographie auf der Stelle zu treten scheint, nahe zu liegen, die Bilder einmal ganz einfach danach zusammenzustellen, wofür sie gebraucht und verwendet wurden. Dazu müssen die Gebrauchsweisen natürlich historisch präzise und ohne jede Dominanz einer aus der Gegenwart stammenden Perspektive beschrieben und typologisch sondiert wie sortiert werden. Der voluminöse Band leistet genau dies und zeigt, welch mitunter merkwürdige, rätselhafte und auch kuriosen Ziele im Laufe der Geschichte mit der Photographie verfolgt wurden. Ein Beispiel für die vielfältigen und wandelbaren Verhältnisse, die durch Photographie hergestellt werden können, ist die Ablichtung von Tieren. Eine besondere Rolle spielten lange die Aufnahmen von Zuchterfolgen. Ein meist männliches Tier – Hengst, Bulle oder Bock – wurde in lateraler Pose vor einem weißen Tuch vorgeführt, sodass seine Rassemerkmale im Profil besonders deutlich lesbar wurden. Die preisgekrönten Tiere mussten zu Bildern werden, damit sie für spätere Züchter zu Vorbildern werden konnten. Für solcherlei Erkenntnisgewinn hält der Band viele Beispiele aus der Welt der Natur, der Welt des Menschen und der Welt der Artefakte bereit und wird dadurch zu einer Entdeckungsreise, auf der die Welt der Photographie nochmals ganz neu zu entstehen scheint.
(Ausstellung: Kunstmuseum Jena, 13.12.2014–1.3.2015)

 

Politiken des Ereignisses
304 Seiten, zahlr. Abb., auch als eBook
transcript Verlag
ISBN 978-3-8376-1993-5; 29,99 Euro

"Ereignisse« sind nicht in der Welt. Sie werden diskursiv formiert und medial verbreitet, sie versehen historisches Geschehen mit Sinn und geben der Zukunft eine Richtung. Ereignisse besitzen somit stets eine politische Dimension." Die Beiträge dieses Bandes sondieren die medialen Strategien, die ein Ereignis inszenieren und zugleich eine Interpretation des Geschehens vorbereiten. Sie loten die Grenzen zwischen Medien, Ereignis und Politik aus und fragen nach den Handlungsoptionen, die sich vor dem Hintergrund möglicher oder vergangener Ereignisse bieten.