Sibylle - Zeitschrift für Mode und Kultur
Herausgegeben von Ute Mahler (DGPh) und der Kunsthalle Rostock
Texte von Andreas Krase (DGPh), Anja Maier, Ulrich Ptak, Thomas Winkler in Deutsch
Klappenbroschur, 336 Seiten, ca. 570 Abbildungen
Hartmann Books, Stuttgart
ISBN 978-3-96070-007-4; 39,80 Euro

Photographien von Arno Fischer, Sibylle Bergemann, Joachim Gern, Ute Mahler (DGPh), Werner Mahler (DGPh), Roger Melis, Wolfgang Wandelt, Elisabeth Meinke, Rudolf Schäfer (DGPh), Günter Rössler, Sven Marquardt, Hans Praefke, Jim Rakete, Evelin Richter (DGPh), André Rival, Michael Weidt, Ulrich Wüst etc.

Mit dem Buch »Sibylle - Zeitschrift für Mode und Kultur« stellt der Freundeskreis des Willy-Brandt-Hauses eine ganze Photographen Generation der ehemaligen DDR vor und ehrt damit ihre besondere stilistische/ photographische Leistung. Auf Grund ihres hohen inhaltlichen und qualitativen photographischen Anspruchs als `Ost-Vogue´ bezeichnet und bis 1961 von der Künstlerin und Modedesignerin Sibylle Boden-Gerstner (1920–2016) konzipiert, erschien die Modezeitschrift von 1956 bis 1995. Die stilbildende Bildsprache und Konzeption der Zeitschrift durch die beteiligten Mode-Designer, Photographen und Journalisten ging mit ihren aktuelle gesellschaftlich-kulturelle Themen weit über das Publikum einer Frauen- oder Modezeitschrift hinaus.
Die umfangreichen Bildstrecken waren in zweifacher Form prägend, sie veränderten radikal das Bild der Frau (siehe Lotte Ulbricht) und konterkarierten durch die gewählten Orte das heile Staatsbild durch eine schonungslose Realität! Ein prägnantes Beispiel ist Arno Fischers (1927–2011) Photographie des Models Barbara, Pagenkopf, weiße Bluse, tailliertes Wollkostüm, die im Chemiepark Bitterfeld einen deutlichen Kontrast zu den dort arbeitenden Frauen gab. Gleichzeitig wurde der staatlich propagierte „Bitterfelder Weg“ (Arbeiter an die Kunst und Künstler an die Werkbank) durchkreuzt. Diese Alltagssituationen häufig an Industriestandorten waren stilprägend für die Zeitschrift, die Mode, Kultur, Architektur, Ästhetik vereinte.
Die künstlerische Freiheit und seinen eigenen Stil zu entfalten war nur im Schatten der Mode möglich, die in den 39 Jahren die „Creme“ DDR-Photographie beschäftigte. Dazu gehörten später auch Roger Melis, Günter Rössler Mehrere Photographen*innen wie auch manche Modelle waren in der Kunstszene verwurzelt und so zeigten die Serien auch die aktuelle Kunst- und Theater Avantgarde. Sibylle Bergemann wählte „Industriebrachen, U-Bahn-Schächte, Braunkohle-Tagebaue“ als Orte der Modeinszenierung, die im offiziellen Staatsbild nicht vorkamen und gerade daher auch eine politische/gesellschaftliche Brisanz hatten. Durch die Präsentation ungewöhnlicher Mode an Alltagsorten entsteht ein verändertes Frauenbild, das eine gesellschaftliche Dimension hat, die nach der Wende auch den Westen beeinflusst hat.

Das Buch ist eine wichtige Neuerscheinung, da es stilistisch bedeutende Photographen*innen vorstellt und zu gleich dazu anregt, über gleiche Wurzeln und verschiedene Wege in der deutschen Photographie zu diskutieren. Als Zeitdokument und Beispiel für die konzeptuelle Photographie, ein empfehlenswertes Buch, das durch seinen interdisziplinären Ansatz der zeitgenössischen Photographie neue Themengebiete aufzeigt. db
(Ausstellung vom 7. Juni 2019 bis 25. August 2019 im Willy-Brandt-Haus ,Berlin)

 

Elfie Semotan
Contradiction

Gebundene Ausgabe: 336 Seiten
Verlag: Hatje Cantz Verlag (14. Juni 2019)
Texte in Englisch
ISBN-13: 978-3775746076; 48,- Euro

Elfie Semotan zählt zu den wichtigsten Photographinnen der Gegenwart und revolutionierte mit ihrem Werk die Mode- und Werbephotographie seit den 1960er-Jahren. Die Kunst des photographischen Storytellings, Bilder, die wie Filmstills wirken und stets eine Geschichte jenseits des Abgebildeten erzählen oder Bezüge zu Ikonen der Kunstgeschichte herstellen, beherrscht Semotan wie keine andere. Ihre Porträts prominenter Personen aus Kunst, Film und Theater und nicht zuletzt ihre Zusammenarbeit und Freundschaft mit Helmut Lang machten sie weltbekannt. Ihre Bilder bestechen durch ihre kühle Eleganz und unperfekte Schönheit. Sie hat die Photographie, die wie die meisten künstlerischen Disziplinen lange Zeit von Männern dominiert war, für sich erobert. Die große Retrospektive bei C/O Berlin würdigt erstmals das gesamte Schaffen dieser vielfältigen Photographin und dieser Band begleitet die Schau.
ELFIE SEMOTAN (*1941, Wels, Österreich) studierte an der Modeschule und arbeitete als Model, bevor sie als Mode-, Werbe- und Porträtfotografin tätig wurde. Mit Martin Kippenberger arbeitete sie u.a. an der Werkreihe Floß der Medusa. Sie lebt in New York, Wien und Jennersdorf.

 

Neues Sehen – Neue Sachlichkeit
Fotografische Positionen in Westfalen vom Bauhaus bis heute

Photographien von Erich Angenendt, Ellen Auerbach, Eugen Batz, Herbert Bayer, Dieter Blase (DGPh), Ursula Böhmer, Katt Both Marianne Brandt,
Erich Consemüller, Volker Döhne, Alfred Ehrhardt, Hans Finsler, Claudia Fährenkemper (DGPh), Claus Goedicke, Ruth Hallensleben, Heinrich Heidersberger, Florence Henri, Peter Keetman, Matthias Koch, Willi Moegle, Lucia Moholy, Simone Nieweg, Walter Peterhans, Albert Renger-Patzsch, Heinrich Riebesehl, Tata Ronkholz, Toni Schneiders, Otto Steinert, Carl Strüwe, Umbo, Petra Wittmar
Herausgeber: LWL-Museumsamt für Westfalen
Mit einem Vorwort von Ulrike Gilhaus
Texte von Simone Förster, Ute Christina Koch, Agnes Matthias, Steffen Siegel (DGPh), Vanessa Sondermann in Deutsch
Englische Broschur, 140 Seiten, ca. 120 Abbildungen in Schwarz-Weiß und Farbe
Kettler Druck, Bönen 2019
ISBN 978-3-927204-92-8; 14,90 Euro

Mit dem Buch »Neues Sehen – Neue Sachlichkeit« publiziert das LWL Museumsamt einen wichtigen Baustein zur Einordnung der stilistischen Entwicklung der Photographie in Bezug auf „100 jahre bauhaus im westen“ und die besondere Bedeutung der `Neuen Sachlichkeit´ für die Region Westfalen-Lippe und das Ruhrgebiet.
Durch die Impulse von A. Renger-Patzsch – und die revolutionären Bauhaus-Ideen, die das Neue Sehen propagierten - entwickelte sich auch in dieser Region die Photographie zu einem eigenständigen künstlerischen Medium. Diese Entwicklung und die Rezeptionsgeschichte der photographisch-künstlerischen Ideen werden in einem Textbeitrag zur Photographie am Bauhaus (Agnes Matthias) und einer Darstellung des photographischen Werdegangs von Albert Renger-Patzsch (Simone Förster) und seiner Ausstrahlung auf die Steinert- und die Becher-Schule dargestellt. Vanessa Sondermann gibt in ihrem Beitrag interessante Einblicke in den Werdegang des Ehepaars Becher, deren Arbeitsweise und die gestalterischen Grundlagen ihrer Lehre. Das `Neue Sehen´ befragt Steffen Siegel (DGPh) aus der Gegenwartsperspektive heraus zu Kontinuitäten und Brüchen, und spiegelt damit die Rezeption der Ästhetik und Programmatik der Neuen Sachlichkeit auf die photographischen Positionen der Schüler von Otto Steinert, Heinrich Riebesehl und Bernd und Hilla Becher.
Hervorzuheben ist, dass der Textteil durch alle Photographien der Ausstellung (Katalogteil) ergänzt wird, so kann der Leser die Texte mit den Bildmotiven vergleichen und sich optimal mit den Informationen auseinandersetzen. Lediglich die Reihenfolge der Photographen*innen im Katalogteil ist etwas konfus und für den Betrachter ist nicht nachvollziehbar, warum bei den zeitgenössischen Künstlern plötzlich eine alphabetische Reihenfolge erfolgt.
Das Buch besticht durch die klare konzeptuelle Gestaltung von Anne Kettler, die gekonnt stilistische Elemente aus Büchern der Neuen Sachlichkeit übernimmt und mit der exzellenten Druckqualität von Kettler (Bönen) wird es der präsentierten künstlerischen Photographie gerecht. Diese wichtige Neuerscheinung, die stilistisch zwei bedeutende Entwicklungen in der Photographie vorstellt, regt zu gleich dazu an, technischer Verfahren - Bildgestaltung und Bildaussage - als eine Einheit zu erkennen. Mit dieser Ausrichtung ergänzt das Buch Neues Sehen – Neue Sachlichkeit Photographische Positionen in Westfalen vom Bauhaus bis heute die Reihe der Bücher Werkstatt für Photographie (Ausstellung „Das rebellische Bild“ Dezember 2016 – Februar 2017 in Essen) Und plötzlich diese Weite (Dezember 2016 – Februar 2017 in Hannover) und Fotografien werden Bilder (April – August 2017 in Frankfurt), die mit vergleichbaren Themenaspekten für Essen, Hannover und Düsseldorf diese Entwicklung darstellten. Ein empfehlenswertes Buch zur zeitgenössischen künstlerischen Photographie, das sicher Anregungen für einen stilistischen Diskurs in der Photographie geben wird. (Ausstellung vom 21 Juni bis 18 August im Osthaus Museum, Hagen) db

 

Axel Haubrok
FAHRBEREITSCHAFT
Gebundene Ausgabe: 304 Seiten
Kerber Verlag, 2019
Texte in Deutsch und Englisch
ISBN: 978-3735605924; 45,- Euro

2013 gründeten Barbara und Axel Haubrok auf dem Gelände des ehemaligen Fuhrparks der SED die FAHRBEREITSCHAFT für ihre herausragende Sammlung internationaler Konzeptkunst. Genau ein Jahr nach Untersagung der weiteren Ausstellungstätigkeit in der FAHRBEREITSCHAFT stellt die Haubrok Foundation ihren Katalog über das Gelände und die zwanzig Ausstellungen vor, die dort zwischen 2013 und 2018 stattfanden. Fünf Jahre lang zeigte die Haubrok Foundation Arbeiten aus der auf Konzeptkunst ausgerichteten Sammlung Haubrok auf dem fünfziger Jahre Gewerbehof in Berlin Lichtenberg in den unterschiedlichsten, teils unrenovierten Räumen: im Pförtnerhaus, der ehemaligen Einsatzleitung, dem Teile-und Reifenlager, der ehemaligen Kantine, im Weinkeller sowie auf dem Außengelände. Die Ausstellungen und das Gesamtkonzept mit dem Zusammenspiel von Menschen, Architektur und Geschichte zogen ein breites,auch internationales Publikum an. So hat sich die FAHRBEREITSCHAFT mit ihrer bewegten Geschichte zu einem Synonym für den bewussten Umgang mit Historie und die gleichzeitige Öffnung kreativer Freiräumeentwickelt. die FAHRBEREITSCHAFT mit seinen 50 produzierenden Gewerbemietern und ca.30 Künstlern steht damit nicht nur für das, was Berlin in der zeitnach dem Mauerfall so interessant gemacht hat. sie ist gleichzeitig auch eine Blaupause dafür, wie sich Berlin ohne Immobilien-Spekulation und Raubtierkapitalismus entwickeln könnte. Im april 2018 untersagte das Bezirksamt Berlin Lichtenberg weitere Ausstellungen, um das Gewerbe vor der Verdrängung durch die Kultur zu schützen.die Stadtplanung Lichtenberg hält das Ausstellungsverbot auch ein Jahr nach Untersagung trotz zahlreicher Gespräche und auch politischer Interventionen unverändert aufrecht. Damit wurde die weitere Entwicklung der FAHRBEREITSCHAFT gestoppt.
  
 

Christian Lutz
The Pearl River

Festeinband, 152 Seiten, 75 Farbabbildungen
Edition Patrick Frey, 2019
ISBN: 978-3-906803-89-0; 52,- Euro

Vom Post-Imperium zum neuen Reich der Mitte: was einst Amerika, ist heute China. Der Schweizer Fotograf Christian Lutz begibt sich nach seinem Projekt Insert Coins (2016), das sich dem Verfall von Las Vegas widmete, in die chinesische Sonderwirtschaftszone Macao. Auch in The Pearl River dreht sich wieder alles um Geld, Luxus, Oberflächen. Die Liberalisierung des Glückspiels zu Beginn der 2000er-Jahre markierte den Aufstieg der einstigen portugiesischen Kolonie. Es folgten: generisch-algorithmisch entworfene Monumentalbauten nach dem Vorbild von Venedig und Paris, ausgekleidet mit Marmor und Gold, sowie jährlich 30 Millionen – mehrheitlich chinesische – Touristen. Im regulierten Mikroklima der Spielhallen, Boutiquen und Bars bewegen sich die üblichen Geschäftsmänner und Politiker in schlecht sitzenden Anzügen und chinesische Aufsteigerfamilien in Sweatpants und Flip Flops. Alles ist aseptisch, staubfrei. Alles verweist auf Europa und auf Amerika. Ausgehöhlter als in Las Vegas sind die architektonischen Versatzstücke – Simulation der Simulation. Lutz’ photographischer Blick tastet lakonisch und insistierend zugleich die glatten Oberflächen dieser schönen neuen Welt ab. Dabei machen sich erste Risse bemerkbar.

 

Dale Grant
Fading Beauty

mit Texten von Jörn Jacob Rohwer in Englisch
Hardcover, 120 Seiten
Kerber Verlag, 2019
ISBN 978-3-7356-0542-9; 35,- Euro

In seiner Photoserie Fading Beauty fängt Dale Grant die unverwechselbaren Züge ein, die Blumen während ihres Lebenszyklus’ zeigen. Alle Arten von Blumen scheinen sich zu Beginn ihres Lebens zu ähneln. Erst ab jenem Augenblick, in dem sie welken und vergehen, die Lebhaftigkeit ihrer Farben zurücktritt und ihre Blüten transparent werden, offenbaren sie ihre individuelle Schönheit. Dale Grant versteht seine "Blumenbilder" als Porträts und regelrechte Charakterstudien, in denen er der Einzigartigkeit und dem beständigen Wandel des Lebens nachspürt.
 

 

Karianne BUENO
Doug's Cabin

Herausgeberin: Ellen Sanders
Buchgestaltung: René Put & Brigitte Gootink
Paperback, 19 x 30 cm., 192 Seiten, Farb & S.W. Abbildungen
Text in  Englisch, limitiert auf 700 Exemplare
Eriskay 2019
ISBN 9789492051431; 42,00 Euro

Doug's Cabin ist ein Photobuch, das uns auf die Spuren von Doug führt, einem Mann, der seit 47 Jahren in den Wäldern von Vancouver Island (CA) lebt. Die niederländische Photographin Karianne Bueno traf ihn 2010 auf seinem Campingplatz und war fasziniert von seinem Leben an einem so entlegenen Rand der Welt. Sie träumte immer von einem Leben abseits der Gesellschaft und beschloss, Doug zwei Jahre später wieder mit ihrer Kamera zu besuchen. Doug baute sein Haus auf den Fundamenten eines Pionierhauses und arbeitete als Zimmermann auf einer Militärbasis. Die Soldaten und ihre Familien bildeten eine enge Gemeinschaft und Doug hatte dort seine besten Jahre. Als die Basis nach dem Kalten Krieg geschlossen wurde, beschloss er, zu retten, was zu retten war, und tiefer in den Wald zu ziehen. Aber andere Camper kommen selten und der Wald erobert langsam den offenen Raum zurück. Doug wird alt, er verliert den Kampf gegen die Elemente. Im Laufe der Jahre entwickelte sich das greifbare Fotoprojekt von Bueno über das Leben abseits der Gesellschaft zu einem Labyrinth von Geschichten und Legenden über mehrere Zeitebenen hinweg, wie der Dschungel selbst. In ruhigen, eindringlichen Photos, Tagebuchfragmenten und gefundenem Filmmaterial führt sie uns tiefer in den Wald, weg von unserer hektischen Gesellschaft, um uns zu fragen: Haben wir tatsächlich die Kontrolle über unser Leben?" (freie Übersetzung des Verlagstextes, © Eriskay, 2019) Richard G. Sporleder

 

Volker Frenzel (DGPh), Karl Röser
Meeting Tokyo

Softcover, 21x21 cm
Eigenverlag; 19,90 Euro, plus p 3,- Euro für Porto und Verpackung
zu bestellen über: vsfrenzel@aol.com

Volker Frenzel war als Flugkapitän häufig in Tokio und hat im Laufe vieler Jahre und zahlreicher Aufenthalte einen guten Eindruck von Menschen und Land bekommen. Karl Röser hat als Geschäftsführer einer deutschen Firma acht Jahre lang in Tokio gelebt, spricht japanisch und hat eine intensive Beziehung zu Japan entwickelt. Während eines achttägigen Aufenthaltes haben die beiden nun die Stadt photographisch erkundet. Hier sind sie die Exoten und treffen auf Menschen in ihrem Alltag. Man begegnet ihnen freundlich und lässt sie gewähren. Die Japaner haben eine entspannte Beziehung zur Kamera und lassen sich gerne photographieren. Dieses Buch präsentiert seine Aufnahmen im klassischen Stil der Straßenphotographie. Der Bildband zeigt 140 Fotos auf 160 Seiten und ist thematisch mit einer Einführung in Deutsch, Englisch und teilweise in Japanisch gegliedert. Freunde der Straßenphotographie und an Japan Interessierte finden eine Fülle von Bildbeispielen.

 

Miguel Rio Branco
Maldicidade

Mit einem Text von Paulo Herkenhoff
Text in Englisch, Portugiesisch, Deutsch, Französisch
Hardcover, 464 Seiten
Taschen-Verlag, 2019
ISBN: 978-3-8365-7233-0; 60,- Euro

Seit Ende des 20. Jahrhunderts leben zum ersten Mal in der Geschichte mehr Menschen in Städten und wild wuchernden, stadtähnlichen Ballungsräumen als auf dem Land, ein Drittel von ihnen in Slums. Diesem globalen Trend scheint eine sich vereinheitlichende Architektursprache zu entsprechen, die Metropolen und Megacitys einander immer ähnlicher werden lässt. Ähnlich auch die Anblicke, die sich jenseits historischer Wahrzeichen, imponierender Skylines und großer architektonischer Gesten in den austauschbaren urbanen Leerstellen und aufgegebenen Vierteln, auf den Abseiten und an den Peripherien bieten. Hier findet sich all das, was die Stadt ausgeschieden hat: Gescheiterte Menschen, Müll, ungeregelte Existenzen, Rost, Verfall, Improvisiertes und Provisorisches, überlagert vom Miasma der Perspektivlosigkeit aus Fäulnis, Schweiß, Urin, Blut, Abgasen und verdorbenem Frittierfett. Eine Duftmarke, die sich nicht nur auf Schwellen- und Entwicklungsländer beschränkt. Dazu sagt der Kurator und Kritiker Paulo Herkenhoff in seiner Einführung in den im Taschen-Verlag, Köln, erschienenen Bildband: „Es geht darum, den Blick zu öffnen, tief in die Seele hineinzuschauen, Augenblicke einzufangen, die vergehen und bleiben.“ In „Maldicidade“, deutsch etwa „auf der Schattenseite der Stadt“, richtet Miguel Rio Branco, der in Rio de Janeiro ansässige Photograph, Maler, Filmemacher und Multimediakünstler, die Kamera auf diese Nebenschauplätze im urbanen Raum: Auf Obdachlose, Bettler, Prostituierte, streunende Hunde, zertrümmerte Autos, Einschusslöcher, Straßenverkäuferinnen, fliegende Händler, Hinterhöfe und eingeschlagene Scheiben – Sujets, die Stadt nicht als Möglichkeitsraum für Mannigfaltigkeit und komplexe Erfahrungen zeigen, sondern als Ort des Scheiterns und der Gleichgültigkeit. Ob er diese Szenen in New York, Havanna, Salvador de Bahia, Tokio oder anderswo gefunden hat, bleibt dabei ohne Belang: Die Photographien, die nur spärlich kommentiert oder in einen erklärenden Kontext gerückt werden, sind auf leichtem Papier zumeist doppelseitig im Format 47x33 cm sorgfältig zu einer einzigen Sequenz angeordnet, in der eine universelle Stadt wiederzuerkennen ist. Ähnlich der Arbeit eines Cutters arrangiert Rio Branco die Abfolge der Bilder nach rhythmischen Kriterien und gruppiert einzelne Motive - verfallene Gebäude, einsame Gestalten, demolierte Karosserien - , Farben - satte Rottöne, staubiges Rosa, kräftiges Weiß und Blau - und Formen - ein am Boden liegender Obdachloser neben der Skulptur eines Heiligen in ekstatisch-verzücktem Zustand - zu sinnträchtigen Mustern. Nur gelegentlich unterbricht er diesen Fluss mit Aufnahmen, die dem Betrachter eine Atempause zwischen all dem Elend und Unglück zu versprechen scheinen, Bilder von lachenden Menschen oder tanzenden Paaren.
Der großformatige Band „Maldicidade“ – zugleich eindringlich in seiner Botschaft und lyrisch in seinem Arrangement – zeigt in eindringlichen Bildern einen radikal zersetzten, verelendeten urbanen Raum: Eine Welt, die sich anstrengt, alle Dystopien einzuholen und zu übertrumpfen, und in der dennoch Momente von Lebenswillen und Lebensfreude aufscheinen. (vZ)

 

Clemens Trautmann - Lois Lammerhuber
Christian Thielemann – Dirigieren

Texte in Deutsch und Englisch
Hardcover mit Schutzumschlag, Leinen gebunden, 318 Seiten mit 258 Fotos
Edition Lammerhuber, 2019
ISBN: 978-3-903101-09-8;  99,- Euro

Christian Thielemann war Generalmusikdirektor in Nürnberg, an der Deutschen Oper Berlin und bei den Münchner Philharmonikern, bevor er 2012 als Chefdirigent zur Sächsischen Staatskapelle, Dresden, kam. Ein Jahr später übernahm er die Künstlerische Leitung der Osterfestspiele Salzburg. Eine enge Zusammenarbeit verbindet ihn mit den Bayreuther Festspielen, die ihn 2015 zu ihrem Musikdirektor ernannt haben, sowie mit den Wiener und den Berliner Philharmonikern. Anlässlich seines 60. Geburtstages sind mit dem bei der Edition Lammerhuber, Baden (A), erschienenen Bildband „Christian Thielemann – Dirigieren“ Zeitzeugnisse dokumentiert, die voller Wahrhaftigkeit und intimer Intensität sind und die sowohl die Akribie als auch die Spontanität und Leidenschaft bei der Probenarbeit vermitteln.
In seinem Vorwort schildert Thielemann seinen Werdegang als Dirigent und nennt Herbert von Karajan als denjenigen, der ihm am meisten beeinflusst hat: „Bei Karajan beeindruckt mich besonders, was er mit seinen Armen und Händen erreicht hat.“ In Bild und Wort wird in vier Kapiteln die Probenarbeit zu Verdis und zu Mozarts ‚Requiem‘ sowie zum Silvesterkonzert, alle mit der Sächsischen Staatskapelle Dresden, und die Generalprobe zu Richard Wagners ‚Tristan und Isolde‘ mit dem Orchester der Bayreuther Festspiele dargestellt und gezeigt, wie der Dirigent im Zusammenwirken mit dem Orchester ein komplexes Klanggebilde entstehen lässt. Kurze Bemerkungen zu den einzelnen, streng chronologisch angeordneten und mit minutiösen Zeitangaben versehenen Photographien erläutern die Akribie, mit der Thielemann vorgeht. Noch nie hat ein Dirigent eine solche Nähe an zentralen Orten seines Schaffens zugelassen. So konnte der Photograph Lois Lammerhuber in seinen in höchstem Maße authentischen, schonungslos nahen Aufnahmen, die voller Wahrhaftigkeit und intimer Intensität sind, die Gestik, das Prozesshafte des Probendirigats, die kleinen Triumphe und Enttäuschungen, zeigen, die dem Betrachter gleichzeitig einen Blick auf die packende Schule des Dirigierens eröffnen.
Vor den vier Kapiteln führt Thielemann in sehr persönlichen Worten in seine Gedanken und Überlegungen, in die Stimmungen der mit den Orchestermusikern zu erzeugenden Atmosphäre der Stücke ein. Dazwischen geschaltet ist ein aufschlussreiches Gespräch zwischen Clemens Trautmann, Präsident der Deutschen Grammophon, und Christian Thielemann „Über das Dirigieren“. Der Bildband ist somit ein einzigartiges Dokument, das einen ungeahnten Zugang zum Wesenskern des Dirigierens gibt.  (vZ)

 

Warhol on Basquiat.
The Iconic Relationship told in Andy Warhol’s Words and Pictures

Hrsg.: Michael Dayton Hermann
Texte in Englisch, Deutsch, Französisch und Spanisch
Hardcover mit Schutzumschlag, 312 Seiten, reich bebildert
Taschen-Verlag, 2019
ISBN:  978-3-8365-2523-7; 50,- Euro

Der in Zusammenarbeit mit der ‚Andy Warhol Foundation for Visual Arts‘ und dem ‚Estate of Jean Michel Basquiat‘ entstandene Band „Warhol on Basquiat“ spürt der komplexen persönlichen und beruflichen Beziehung der beiden Künstler nach – anhand von Hunderten noch nie gezeigter Photographien, die Warhol von Basquiat machte, anhand von Auszügen aus den legendären ‚Andy Warhol Diaries‘ sowie selten veröffentlichtem Archivmaterial und mit Beispielen ihrer gemeinsam geschaffenen Kunstwerke. Die vielschichtige Beziehung der beiden einflussreichsten Künstler des späten 20. Jahrhunderts hat die Kunstwelt damals wie heute fasziniert. Während Andy Warhol (1928 – 1987) bereits als Übervater des Pop und Altmeister der New Yorker Kunstszene galt, machte Jean-Michel Basquiat (1960 – 1988) als Shootingstar der Graffiti-Szene von sich reden. Zusammen bildeten sie ein spannungsgeladenes persönliches und künstlerisches Team. In seinen Anmerkungen schildert Michael Dayton Hermann, seit 2005  Lizenzmanager bei der Andy Warhol Foundation und Herausgeber des im Taschen-Verlag, Köln, erschienenen Bildbandes, wie Warhol seine Freundschaft mit Basquiat in zahlreichen, zwischen Montag, den 4. Oktober 1982, dem Tag, als beide einander erstmals trafen (was auf dem Titelbild verewigt ist), und Sonntag, den 11. Januar 1987, entstandenen Photographien und Texten festhielt. Denn Warhol war ein gewohnheitsmäßiger Sammler, der obsessiv nahezu jede Facette seines Lebens und damit auch die Beziehung mit Basquiat detailliert in Tagebüchern, den ‚Andy Warhol Diaries‘, und mit Photographien, den insgesamt 610 ‚Time Capsules (Zeitkapseln)‘, dokumentiert hat. Ständig diktierte er seinem Freund und Gefährten Pat Hackett für die Tagebücher, ständig photographierte er und belichtete fast jeden Tag einen ganzen Kleinbildfilm. Er warf nichts weg sondern vertraute alles seinen ‚Zeitkapseln‘ an. Warhols gesamter Nachlass – ungefähr 130.000 Negative und 3.600 Kontaktbögen – wurden nach seinem Tod dem Cantor Arts Center der Stanford University zum Archivieren, Digitalisieren und Katalogisieren übergeben. Daher kann das großformatige Buch auf viele bisher unveröffentlichte Photographien, die, exakt datiert, neben Basquiat so schillernde Persönlichkeiten wie Madonna, Boy George oder Grace Jones, Keith Haring oder Fela Kuti zeigen, auch auf Kunstwerke und Objekte von Warhol zusammen mit Auszügen aus seinen ‚Diaries‘ zurückgreifen. Aus diesem Universum stammen die unzähligen Schwarzweiß-Aufnahmen und die unerwartet offenen, klugen Beobachtungen Warhols, die nicht nur Zeuge der emotionalen Verbundenheit der beiden epochemachenden Künstler, sondern auch Ausdruck ihrer vielschichtigen, komplexen und zuweilen angespannten Beziehung sind. Berührend, persönlich und gelegentlich sarkastisch, bietet der Bildband „Warhol on Basquiat“ somit einen intimen Einblick in das Leben zweier Superstars der modernen Kunst.  (vZ)

 

HERE WE ARE TODAY
Das Bild der Welt in Foto- & Videokunst

Hrsg.: Kathrin Baumstark, Andreas Hoffmann, Franz Wilhelm Kaiser und Bernhard Maaz  
Hardcover, 184 Seiten, 120 Abbildungen in Farbe und Schwarzweiß
Hirmer Verlag, 2019
ISBN: 978-3-7774-3228-1;  39,90 Euro

Kaum eine andere Gattung der bildenden Kunst greift so unmittelbar aktuelle Themen auf wie Videokunst und Photographie. Der Band „Here we are Today - das Bild der Welt in Foto- & Videokunst“ zeigt Arbeiten namhafter Künstler und ihre jeweilige Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Fragen und Problemstellungen. Dabei offenbaren sich Facetten unserer Welt, die unter die Haut gehen. Mal sachlich-dokumentarisch, mal emotional und hochexplosiv – gezeigt werden charakteristische Positionen der künstlerischen Auseinandersetzung mit den zentralen Fragen unserer globalisierten Gesellschaft. Diese sind in dem im Hirmer Verlag, München, erschienenen Katalogband in fünf Kapitel unterteilt, die mit fundierten einführenden Texten und mit aktuellen Bildserien versehen sind.
Kathrin Baumstark greift das Thema ‚Identität‘ auf und stellt dies anhand der Bildserien African Spirits (2008) von Samuel Fosso, Roja (2016) von Shirin Neshat und Maskirovka (2017) von Tobias Zielony dar. Jutta Allmendinger und Jan Wetzel  stellen zunächst fest, dass hinter dem Begriff ‚Heimat‘ immer ein Konzept der Seinsgewissheit steht und erhärten dies durch Deutsche Bilder – eine Spurensuche (1992-1994) von Eva Leitolf, Zungen (2002-2004) von Peter Piller, Carrara (2007) von Bertram Kober sowie Porträts aus Turkmenistan (2017) von Herlinde Koelbl (DGPh). Dem Kapitel ‚Vergangenheit‘ widmet sich Annette Tietenberg mit Hilfe der Bildserien Ein ruhiger Tag (1936-2009), von Johanna Diehl,  Beweis zu nichts (2016) von Marcel Odenbach und Jangbar (2015) von Zarina Bhimji. Gewalt und Grauen, Terror und Tod vereint Stefan Koldehoff in dem Kapitel ‚Verbrechen‘, geht darauf zunächst in seiner sechsfach unterteilten Einführung ausführlich am Beispiel aktuellen Geschehens ein und hat dazu die Bildserien Wonderland (2016) von Erkan Özgen und Untitled - Rapper Drone – (2010-2015) von  Trevor Paglen ausgewählt. Das wachsende Maß an Ungleichheit nimmt Bernhard Maaz in seinem Text zu ‚Kapital‘ auf und hat dazu die Bildserien Is the Museum a Battlefield? (2013) von Hito Steyerl, Permanent Error (2009/10) von Pieter Hugo, Amazon (2016) von Andreas Gursky, Goldbach (2017/18) von Bertram Kober und Goldmund (2005) von Herlinde Koelbl zusammengestellt. Bei allen Textbeiträgen und Bildserien geht es in dem bildmächtigen Band letztlich um die brandaktuellen Themen Identität, Verbrechen an Völkern, Kapital, Heimat und Fremde sowie die Reflexion über und den Umgang mit Geschichte. (vZ)

 

Benjamin Katz
Berlin Havelhöhe 1960/1961

Hrsg.: Barbara Engelbach
Beiträge von Y. Dziewior, B. Engelbach, B. Katz in Deutsch und Englisch
Festeinband, 160 Seiten, 78 Abbildungen in Duplex
Hirmer Verlag, 2019
ISBN: 978-3-7774-3287-8; 24,90 Euro

Benjamin Katz’ Photographien in dem im Hirmer Verlag, München, erschienenen Band „Berlin Havelhöhe 1960/61“ sind gesellschaftliches und künstlerisches Dokument zugleich: Katz’ Anfänge als Photograph und sein großes Interesse an der Photographie der Moderne sind hier ebenso zu entdecken wie der Ort selbst. Der 1939 in Antwerpen geborene Benjamin Katz verlor schon im Alter von zwei Jahren seinen Vater, kaufte sich 1953 von seinem Taschengeld seine erste Kamera und übersiedelte 1956 mit seiner Mutter nach West-Berlin. Dort begann er ein Studium an der Hochschule der bildenden Künste. Katz,  1959 nach dem Tod der Mutter Vollwaise, erkrankte an Tuberkulose und verbrachte 1960 zu deren Behandlung einen 18-monatigen Aufenthalt im Sanatorium Berlin-Havelhöhe, heute Klinik für Anthroposophische Medizin. Dabei entstand eine große Zahl von Photographien. 48 Vergrößerungen dokumentieren zusammen mit 380 Arbeitsabzügen der Negative auf 30 faksimilierten DIN-A4-Seiten zum einen den Alltag der Patienten, zum anderen die Architektur und die Spuren des Nationalsozialismus.
Yilmaz Dziewior, der Direktor des Museum Ludwig in Köln, freut sich in seinem Vorwort zu der Veröffentlichung, das sich in seinem Haus mittlerweile eine Sammlung von Künstlerporträts, eine umfangreiche Dokumentation der Ausstellung ‚Westkunst‘ sowie Photographien aus der Aufbauphase vieler dort gezeigter Ausstellungen von Benjamin Katz befinden, vor allem aber, dass jetzt mit Werken aus „Berlin Havelhöhe“ eine weitere bedeutende, frühe Bildserie des Photographen erworben und mit der Publikation aufgearbeitet wurde. Herausgeberin Barbara Engelbach stellt in ihrem Essay mit Genugtuung fest, dass die bisher weitgehend unbekannte Arbeit des Photographen nun mit Erscheinen des Buchs öffentlich gemacht wird, mit Bildern von Mitpatienten, Krankenhauspersonal, die im Nationalsozialismus als Luftkriegsakademie errichteten Gebäude und die angrenzende Gegend. Denn mit diesen Aufnahmen legte Katz Anfang der 1960er Jahre letztlich das Fundament zu seinem späteren photographischen Werk, dem er sich ab 1976 vollends verschrieb. In seinen Bildern ist zu erkennen, dass ihn schon früh seine Unbekümmertheit und seine wie selbstverständlich wirkende Leichtigkeit auszeichnen. Benjamin Katz sagt dazu: „Andere schreiben, meine Schreibform ist die Photographie.“ (vZ)

 

 

Thomas Bachler
IM KASTEN

Mit Texten u.a. von Agnes Matthias, Regina Bärthel, Floris Neusüss (DGPh), Thomas Niemeyer, Ursula Panhans-Bühler, Christoph Schaden (DGPh), Katja Schumann          
Broschur, 128 Seiten mit 100 Abbildungen
hesperus print* Verlag, 2019, Auflage: 400
ISBN: 978-3-946339-21-2; 24,- Euro

Diese Publikation erscheint anlässlich der gleichnamigen Ausstellung in der Dresdner Galerie bautzner69. Es handelt von Bachlers diversen Ideen und photographischen Geräten. Elf verschiedene seiner Arbeiten werden hier ausführlich  vorgestellt  und  von  Texten  verschiedener  Kunsthisto-riker*innen  begleitet.  Die Bandbreite  der  Themen  ist  groß:  Von  Portraitarbeiten  (die  beide  in  der  Ausstellung  gezeigt  werden)  über  Landschafts-  und Architekturbilder, Stillleben bis hin zu ungegenständlich anmutenden Langzeitbelichtungen und Photogrammen. Doch immer ist die Bildentstehung,  der  photographische  „Kasten“,  Teil  der  Arbeit  und  aus  Bachlers  künst-lerischen Konzepten nicht wegzudenken. Das Buch enthält seine tatsächlich „geschossenen“ Portraitphotos, die mit Hilfe einer Camera obscura sowie einer Luftpistole angefertigt wurden. Eine weitere Serie ist ebenfalls mit der Lochkamera entstanden. Für die Arbeit Das dritte Auge nutzte Thomas Bachler seinen Mundraum als Camera obscura, um sein eigenes Spiegelbild aufzunehmen. Diese völlige Reduktion der Technik, immerhin ist er gleichzeitig Photograph, Motiv und Kamera, sagt viel aus über die Arbeitsweise Bachlers, der oft mit sehr speziellen Aufnahmeapparaten arbeitet und sie immer in ein künstlerisches Konzept einbindet.

 

Sophia Hörmannsdorfer
Spuren der Berliner Mauer

Mit Texten von Leo Schmidt und Axel Klausmeier
Broschur, ca. 144 Seiten mit etwa 70 Photographien
Edition Braus, 2019
ISBN 9783862281893; 19,95 Euro

Achtundzwanzig Jahre lang verlief die Mauer mitten durch Berlin, sie war das Symbol der deutschen Teilung und des Kalten Krieges. Doch wo sie genau verlief, wissen heute noch die wenigstens. Direkt nach dem politischen Mauerfall am 9. November 1989 wurden die Grenzanlagen partiell zurückgebaut, bevor Ende Dezember die Entscheidung für den vollständigen Abriss der Mauer folgte. Nach der Wiederherstellung der Straßenübergänge verschwanden bis Mai 1990 die innerstädtischen Wachtürme und die ersten längeren Stücke der Mauer. Was ist heute von der innerstädtischen Mauer geblieben? Neben dem Touristenmagnet East-Side-Gallery gibt es noch zahlreiche materielle Zeugen, die aber nicht für jeden als solche zu erkennen sind. Grenzmauer, Wachtürme, Kolonnenwege und Lichttrassen, Hinterlandsicherungsmauer, Vorfeldsicherung, Grenzübergangsstellen und Kasernen – heute erhaltene Befunde der ausgefeilten Grenzsicherungsanlagen werden in diesem Buch dokumentiert und erläutert und historischen Photos gegenübergestellt. db

 

UNBEKANNTE MODERNE
Herausgegeben von Ulrike Kremeier
Texte von Amelie Schwarzer, Lars Scharnholz in Deutsch und Polnisch
128 Seiten, ca. 120 Abbildungen in Schwarz-Weiß
Eigenverlag Brandenburgisches Landesmuseum für moderne Kunst
ISBN 978-3-942798-06-8; Museumspreis: 5,- Euro

Mit dem Buch »UNBEKANNTE MODERNE.« und der gleichnamigen Ausstellung weist das BLMK darauf hin, dass es die ersten Zeugnisse des Bauhauses nicht in Weimar Dessau oder Berlin sondern in den Peripherien wie Alfeld (Leine) mit dem Faguswerk und in der Lausitz entstanden. Diese heute zu Unrecht weitgehend unbekannte Moderne wurde in einem quasi „Experimentierraum“ von Designern, Stadtplanern und Architekten geschaffen.
Bahnbrechende Entwicklungen und Architekturen kamen aus den Regionen gestaltet u.a. von den Bauhausprotagonisten Max und Bruno Taut, Ludwig Mies van der Rohe, Fritz Höger, Konrad Wachsmann, Hans Scharoun oder Lilly Reich. So ist an den Wirkungsstätten - Cottbus, Welzow, Senftenberg, Forst (Lausitz) oder Spremberg wie auch in Zielona Góra, Lubsko, Zary oder Trzebiechów in der Lausitz ein kulturelles heute mithin länderübergreifendes Kleinod vorhanden, das hiermit bekannt gemacht wird. An 30 verschiedenen Orten haben deutsche und polnische Photographen*innen ein gemeinsames Projekt mit eigenen Werkserien verwirklicht. Es ist eine dokumentarische konzeptuelle Photographie, die der gezeigten Architektur entspricht. Das Buch enthält neben den SW-Photographien zahlreiche Hintergrundinformationen, Anekdoten und auch Tipps, die es dem Leser erlauben eine persönliche Besichtigungstour zu planen. Für kulturhistorisch interessierte Photographen*innen eine Anregung eine eigene Werkserie der »UNBEKANNTEN MODERNE« zu erstellen.
Heute ist diese wichtige Spurensuche ein deutsch-polnischen Reisebuch - Von Cottbus nach Frankfurt (Oder) und verweist damit auch darauf, dass das BAUHAUS ein europäisches Erbe ist. Ausgehend von den zahlreichen Photographien im Buch ist die Publikation auch eine Anregung für das eigene konzeptuelle Arbeiten. Ein gelungenes Buch, das die bisherigen Werke zum BAUHAUS durch seinen interdisziplinären Ansatz ergänzt, und damit der zeitgenössischen Photographie neue Themengebiete aufzeigt, und zu gleich dazu anregt, über den nationalen Tellerrand zu schauen und europäische Photographie als eine Einheit zu erkennen. Ein für Architekten und Photographen gleichermaßen empfehlenswertes Buch, das übersichtlich gestaltetet ist und zur kritischen Reflexion beider Medien anregt. (Ausstellungen im Rahmen des Projekts UNBEKANNTE MODERNE vom 26. Oktober bis 12. Januar 2020) db

 

ZEIT - RÄUME RUHR
Herausgegeben von Stefan Berger, Ulrich Borsdorf, Ludger Claßen, Heinrich Theodor Grütter, Dieter Nellen
Texte in Deutsch,
Festeinband, 944 Seiten, zahlreiche Farbabbildungen
Klartext Verlag Essen
ISBN 978-3-8375-1928-0; 39,95 Euro

Mit dem Buch »ZEIT-RÄUME RUHR« wird das gleichnamige Projekt durch das Institut für soziale Bewegungen der Ruhr-Universität Bochum und dem Essener Ruhr Museum im Auftrag des Regionalverbands Ruhr und des Landes Nordrhein-Westfalen beendet. Auf fast 1000 Seiten werden die Ergebnisse einer internationalen Fachtagung, zweier mehrtägiger öffentlicher Kongresse und aus einem interaktiven Internetportal zusammengefasst. Diese Spurensuche zu den Erinnerungsorten des Ruhrgebiets wird sicher zu einem Standardwerk werden. Die unterschiedlichen Schichten der Veränderungen in der Region werden in den Kapiteln „Landschaft und Stadt“, „Kultur und Freizeit“, „Menschen und Typen,“ „Industrie und Arbeit“ sowie „Krisen und Konflikte“ skizziert. Die Einflüsse und Bezüge der Faktoren und Momente, des Strukturwandels werden reflektiert und auf eine neuen Identität projektiert.
Neben den klassischen Themen wie Zechen, Hütten und Stahl werden auch immaterielle Erinnerungsorte wie Streik, Migration oder Ruhrdeutsch und die kulturellen Besonderheiten `Fußball´ `Currywurst´ `Döner ´ und der `Kiosk/Bude´ in die Darstellung der Region mit einbezogen. An den Aspekten einer Erinnerungslandschaft wird die Vielfalt und Bedeutung der Orte und die vielschichtigen Zeit-Räume dargestellt und eine Beschäftigung unterschiedlicher Interessengruppen mit der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Region angeregt. Den stetigen Bedeutungswandel der Zeit-Räume sichtbar zu machen, zu lesen und kritisch zu diskutieren, regt zu einem verbalen und visuellen Dialog auf allen gesellschaftlichen Ebenen ein. Heute ist diese wichtige Spurensuche ein deutsches Regionalprojekt und verweist damit auch darauf, dass die Montanregion ein europäisches Erbe ist. Ausgehend von den zahlreichen Photographien im Buch ist die Publikation auch eine Anregung für das eigene konzeptuelle Arbeiten der Photographen*innen, die sich mit dem Ruhrgebiet auseinandersetzen. Ein für regional Interessierte und Photographen gleichermaßen empfehlenswertes Buch, das die bisherigen Werke zur Region durch seinen interdisziplinären Ansatz ergänzt, und damit der zeitgenössischen Photographie neue Themengebiete aufzeigt. db

 

Norman Mailer
Moonfire – die legendäre Reise der Apollo 11

Koautor: Colum McCann
Hardcover mit Schutzumschlag, 348 Seiten, reich bebildert
Taschen-Verlag, 2019
ISBN: 978-3-8365-7114-2; 40,- Euro

Er gilt als der wichtigste historische Augenblick des 20. Jahrhunderts: Am 20. Juli 1969 lösten Neil Armstrong, Buzz Aldrin und Michael Collins ein Versprechen ein, das John F. Kennedy 1961 vor dem Kongress in Washington abgegeben hatte: Noch vor dem Ende des Jahrzehnts einen Amerikaner auf dem Mond landen zu lassen. Jahre fieberhafter Arbeit, ein Stab von 400.000 Ingenieuren und Wissenschaftlern, ein Etat von 24 Milliarden Dollar und die gewaltigste Rakete, die je auf Erden gezündet worden war, ermöglichten schließlich ein noch nie da gewesenes Schauspiel, das von Millionen Menschen auf der ganzen Welt gebannt verfolgt wurde. Und niemand erzählte das bahnbrechende Abenteuer der Mission Apollo 11 besser als der Schriftsteller Norman Mailer, ein Großmeister der literarischen Reportage. Er war von der Zeitschrift ‚Life‘ beauftragt worden, in einer dreiteiligen Serie von Essays über den Flug zum Mond zu berichten. Mit ‚Auf dem Mond ein Feuer‘ gelang ihm ein echtes Meisterwerk, das brillante Porträt einer Epoche, ihrer Obsessionen und ihres größten Spektakels. Neben den brillanten Texten von Norman Mailer enthält die Jubiläumsausgabe zum 50. Jahrestag der Mondlandung, der im Taschen-Verlag, Köln, erschienene, großformatige Bildband „Moonfire – die legendäre Reise der Apollo 11“, teilweise auf riesigen Ausklappseiten Hunderte von Photographien und Plänen aus dem Fundus der NASA, aus Zeitschriftenarchiven und Privatsammlungen. Das Vorwort schrieb der Schriftsteller Colum McCann, führende Apollo-11-Experten steuerten die Bildlegenden bei, die die Geschichten hinter den Bildern erzählen und technische Details erläutern. Das Werk erinnert mit einzigartigen Aufnahmen an ein wahrhaft historisches Ereignis.  (vZ)

 

Fotogeschichte Heft 152
Fotografie und Design

Hrsg.: Linus Rapp und Steffen Siegel (DGPh)
Softcover, 80 Seiten mit zahlreichen Abbildungen
Jonas Verlag, 20,- Euro

Die Jahrzehnte zwischen 1920 und 1970 gelten als Zeitalter der Masse. Massenproduktion und Massenabsatz gingen – lange vor der Epoche der Digitalisierung – mit neuen Massenmedien und neuen Formen der Massenkommunikation einher. Dieses Themenheft untersucht anhand des Wechselspiels von Photographie und Design, wie sich industrielle und künstlerische Produktionsweisen miteinander verbanden. Gemeinsam ist den Texten ein doppelter Blick auf die Photogeschichte des Designs: Sie interessieren sich gleichermaßen für Photographien der Gestaltung wie auch für Photographien als Gestaltung.
BEITRÄGE: Pepper Stetler Finding Form. Photography and the Werkbund, Steffen Siegel Wohnungsgestaltung im Fotobuch der 1920er Jahre, Christopher Haaf Von Breuer zu Hitler? Stahlrohrmöbel, Fotografie und die domestizierte Moderne, Muriel Willi Konservative Moderne. Die Ausstellung Gebrauchsfotografie in Luzern 1943/1944, Linus Rapp Ordnung stiften. Otl Aicher und die Fotografie im Kommunikationsdesign
FORSCHUNG: Gisela Schäffer Der unschuldige Blick. Leni Riefenstahls Nuba-Fotografien, Harriet Scharnberg Vom „jüdischen Slum“ zum „jüdischen Staat“. Ghettobilder in der NS-Bildpresse

 

 

RUNDBRIEF FOTOGRAFIE
 Vol. 26 (2019)
 Hg. Bildarchiv Foto Marburg
 Verlag Dr. Wolfgang Seidel
 Inland € 29,75
 Ausland € 31,75
 JAHRESABO: 4 Hefte
 Inland € 94,00  (Studierende und DGPh-Mitglieder: € 75,20 / € 78,80)
                                                        Ausland € 98,50

Ein Schwerpunkt des vorliegenden Heftes – wie stets durch den Zufall der eingehenden Beiträge bestimmt – ist die Farbfotografie. Es ist ein großes Thema, das noch lange nicht erschöpfend erforscht ist, was nicht zuletzt an der Schwierigkeit liegt, dem Phänomen sprachlich und argumentativ gerecht zu werden, Worte und Begriffe für die Charakterisierung dessen zu finden, was die farbige Fotografie in pragmatischer und ästhetischer Hinsicht auszeichnet, welches ihre kommunikativen Möglichkeiten sind und was ihre Faszination ausmacht. Der Rundbrief Fotografie, herausgegeben vom Deutschen Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg (Prof. Dr. Hubert Locher (DGPh) und Dr. Christian Bracht), Redaktion (Leitung): Dr. Sonja Feßel (DGPh), erscheint vierteljährlich im Verlag Dr. Wolfgang Seidel (DGPh).