Thomas Struth (DGPh)
New Pictures from Paradise

Texte: Englisch, Deutsch
96 Seiten mit 36 Farbtafeln
Format: 25x33 cm, gebunden
München, Schirmer/Mosel Verlag
ISBN: 978-3-8296-0759-9; 44.- Euro

Thomas Struths „Paradiese“ haben Zuwachs bekommen: In Peru und Florida und auf den Hawaii-Inseln entdeckte der 1956 in Geldern am Niederrhein geborene Künstler, einer der prominentesten Vertreter der Düsseldorfer Photoschule, neue atemberaubende Motive für seine Serie von Naturbildern, die 2002 erstmals veröffentlicht wurden. Elf zusätzliche Photographien ergänzen in der Neuauflage seinen Werkzyklus ‚New Pictures from Paradise‘ - langsam schließt sich der Kreis rund um den Globus. Ob in China oder Australien, in Japan, Südamerika, den USA oder sogar Deutschland: Intensives Grün, nur unterbrochen von einem einzigen Schwarzweiß-Bild sowie einem mit einem rosaroten Schwall eines über die gesamte Bildfläche blühenden Bourgainvillea-Busches , das erwartet den Betrachter beim Blättern durch das im Schirmer/Mosel-Verlag neu erschienene Buch eines der bedeutendsten Photokünstler der Gegenwart. Sie offenbaren einen Farb- und Formenreichtum, der im wahrsten Sinne des Wortes „unbeschreiblich“ ist. Die großformatig wiedergegebenen Bilder zeigen scheinbar unberührte, vorzeitliche Gefilde, deren Existenz unsere zivilisierte Welt meist übersieht, wenn nicht ignoriert: Magische Halbdunkel von Wäldern und Urwäldern, undurchdringliches oder auch lichtes Grün von Bäumen, Buschwerk und Unterholz, tropische Blütenpracht, wuchernde Dschungelvegetation und bemooste Bachläufe. Struth begab sich mitten hinein in die manchmal unheimliche, oft tief romantische Stille dieser Reservate „reiner“ Natur und brachte faszinierende Bilder von den – letzten? – Paradiesen dieser Erde mit. So gesehen ist die erweiterte Ausgabe von „New Pictures from Paradise“ eine wahre Hymne des Photographen an die schwelgerische Schönheit der Erde. Beiträge des Kunsthistorikers Hans-Rudolf Reust, des Umweltforschers Nigel Pitman und von Jana-Maria Hartmann, Struths Assistentin auf seinen Reisen, führen durch die Urwälder unseres Planeten mit ihrer reichen Welt an pflanzlicher Natur, die spätestens seit Tacitus die Gemüter fasziniert und denen heute eine besondere Aktualität innewohnt. (vZ)

 

Magnum Manifesto
416 Seiten, über 450 Bilder, davon 190 in Farbe
Schirmer/Mosel Verlag
ISBN: 978-3-8296-0789-6; 49,80 Euro

‚Magnum Manifesto‘ feiert den 70. Geburtstag der Agentur mit berühmten Bildern, die das Magnum-Archiv in sieben Jahrzehnten zu einem „unerschöpflichen Reservoir an Erinnerungen“ haben anwachsen lassen. Reich illustriert wird in dem Band die Geschichte einer institutionalisierten Idee dargestellt, die längst zum Mythos geworden ist. Die elitäre Agentur Magnum wurde 1947 mit dem Ziel gegründet, eine Kooperative der weltbesten Photojournalisten zu sein, die sich für einen unabhängigen Status ihrer redaktionellen Bildbeiträge einsetzt, wobei die Unabhängigkeit sowohl die finanziellen Belange als auch die Themen und die Inhalte betraf. Eine weitere Zielsetzung war es, Verantwortungsgefühl der Welt und den abgebildeten Menschen gegenüber zu fördern. Schließlich setzte Magnum von Anfang an neue Maßstäbe in Sachen Persönlichkeitsrecht der Photographen: Der Name des Photographen sollte bei jeder Veröffentlichung seiner Aufnahmen in der Bildunterschrift genannt sowie die Bilder als schöpferische Einheit respektiert und folglich nicht beschnitten werden. Der Jubiläumsband ist in drei Hauptteile gegliedert, die jeweils mit einem kurzen Text eingeleitet werden. Beispielhaft werden teilweise weltbekannte Aufnahmen gezeigt sowie Reportagen einiger maßgebender Photographen der jeweiligen Epoche in Wort und Bild vorgestellt. Der Epilog steht unter dem Titel „Magnum ist ...“. Darin wird versucht, mit einer Sammlung von Texten die Agentur, die unterschiedlichen von ihren Mitgliedern vertretenen Auffassungen von Photographie sowie deren Wertvorstellungen zu definieren. Mit ihren Memos, Glaubensbekenntnissen und brieflichen Diskussionen ist dies letztlich wie eine Art ‚Manifest‘. Der Geburtstagsband ‚Magnum Manifesto‘ vereint somit 70 Jahre internationalen Photojournalismus der höchsten Qualität und lässt in über 450 Abbildungen nicht nur die Geschichte der legendären Photographen-Kooperative lebendig werden – es zeigt darüber hinaus Zeitgeschichte von 1947 bis heute. (vZ)

 

Peter Braunholz
Fotografische Wirklichkeiten

Texte: Gérard A. Goodrow (DGPh)
140 Seiten, 114 Farb- und S/W-Abbildungen
Kehrer Verlag
ISBN 978-3-86828-768-4; 39,90 Euro

Peter Braunholz ist ein Reisender in die vielfältigen Ebenen der Wirklichkeit, die wir mit bloßem Auge nicht wahrnehmen können. Von dort liefert er faszinierend-irritierende Bilder und setzt uns als Betrachter auf die Spur von Schein und Sein, Realität und Illusion. Was auf den ersten Blick inszeniert oder manipuliert scheint, ist bei Braunholz reine Photographie: er ist den Irritationen auf der Spur, die die Wirklichkeit selbst ausbrütet. Dabei geht es ihm weniger um das "Was", sondern vor allem um das "Wie" – die kontinuierliche Weiterentwicklung eines photographischen Blicks, der in das Wesen von Objekten und Räumen eindringt und ihre geheimen Zusammenhänge und Verbindungen enthüllt.

 

Horst Hahn (DGPh)
Grenzland

mit Texten von Dr. Olga Zoller und Dr. Adelheid Komenda (DGPh)
95 Seiten mit 68 S.W. Abbildungen
Verlag: Eigenverlag
Preisauskunft und Bezug über Horst Hahn unter: bjhahn@arcor.de

Die Photos von Horst Hahn (DGPh) sind Ausdruck des Staunens. Weder Farbe noch Lichtstimmung werden vermisst. Der Photograph und Restaurator empfand 1991 das Erleben der Reisenden nach, die seit dem 17. Jahrhundert nach Palmyra kamen. Mit den Photos stellte er sich in die Tradition graphischer Ansichten von antiken Stätten und der Reisefotografie des 19. Jahrhunderts. Seitdem war in Palmyra vieles freigelegt, ausgegraben, ergänzt und touristisch erschlossen worden. Die Zerstörungen in Palmyra sind Anlass, seine bisher nicht gezeigten Aufnahmen der Öffentlichkeit vorzustellen. Vor Ort wird der Besucher künftig seine damalige Begeisterung voraussichtlich erst in ferner Zukunft wieder nachempfinden können. Seit den 1980er Jahren zeigt Horst Hahn seine Photographien archaischer Charaktertypen, exotischer Lebensumstände und des jähen Vordringens banaler Zeugnisse westlicher Zivilisation in davon bisher unberührten Kulturen in vielen Ausstellungen. Die Photographien verweisen auf unsere kulturellen Wurzeln in Syrien und schlagen eine Brücke zwischen Okzident und Orient. Sie geben eine Vorstellung von dem, was für die Menschheit bereits verloren ist oder noch in der Gefahr schwebt, dauerhaft verloren zu gehen. Die Folge der Zerstörungen in Syrien sind Identitätsverlust für die eigene Bevölkerung. Sie betreffen auch unsere eigenen kulturellen Wurzeln.
(Ausstellung: Freiraum Köln, bis 29. August 2017)

 

Eusebius Wirdeier (DGPh)
Severin renoviert

Verlag: Katholische Kirchengemeinde St. Severin
ISBN-13: 978-3000565892; 24 Euro

Anderthalb Jahre begleitete Eusebius Wirdeier die Renovierung der romanischen Kirche St. Severin in Köln mit der Kamera. 65 schwarzweiße Aufnahmen wählte er für dieses Buch aus, in dem St. Severin als außen und innen eingerüstete Baustelle, aber auch die Messfeiern und Kunstwerke an ungewohnten Orten, Prozessionen, Karneval und Feste der Gemeinde zu sehen sind. Was schnell vergessen würde, hält Eusebius Wirdeier in ruhigen, dokumentarischen Bildern fest: Mörtel, Steinstaub, harte Arbeit. Gerüstbauer, Steinmetze, Handwerker, Restauratoren und Restauratorinnen – und überhaupt zahlreiche Frauen, die wesentlich zum Gelingen der Renovierung beigetragen haben: die Dachdeckerin auf der Spitze des nördlichen Chorflankenturms, drei Metallrestauratorinnen mit Stirnlampen und Wollmützen, die in den kalten Wintermonaten am Schreinsgehäuse arbeiten, eine couragierte Küsterin beim Auftritt anlässlich der täglichen Kaffeeausgabe im Hauptschiff. Der hl. Severin auf der Domplatte und die Goldschmiedin in der Werkstatt der Domgoldschmiede, in der am Schrein gearbeitet wurde. Zwischendurch immer wieder leise Alltagsszenen aus dem Vringsveedel, der Markt auf dem Severinskirchplatz, ein kurzes Gespräch auf dem Labyrinth vor dem Westturm … Wie schön und interessant das romanische Bauwerk St. Severin sich auch während der Renovierung der Kamera darbot, wie intensiv Gemeindemitglieder alle Details und das große Ganze der Restaurierung begleiteten, lässt Eusebius Wirdeier uns in seiner ganz eigenen Bildsprache nacherleben in diesem Werk, das in der Tradition großer Kölner Photobücher steht.

 

Ferdinand Ullrich
Bunker

64 Seiten, 6 farbige Abb., 54 s/w Abb.
Wienand Verlag
ISBN 978-3-86832-398-6; 29,80 Euro

Der ehemalige Hochbunker am Hauptbahnhof Recklinghausen, im Zweiten Weltkrieg zum Schutz der Bahnreisenden errichtet, wurde schon bald danach aufgesprengt, entkernt und 1950 mit der spektakulären Schau Deutsche und französische Kunst der Gegenwart – eine Begegnung als Kunsthalle eingeweiht. Im Rahmen der Ruhrfestspiele der 1990er-Jahre widmete sich der „Bunker“ bedeutenden Künstlern wie Jannis Kounellis, Henry Moore und Konrad Klapheck und wandelte sich endgültig zum Kunsttempel. Ferdinand Ullrich, fast 30 Jahre lang Direktor der Kunsthalle, war mit seinem Objektiv immer dabei und photographierte unermüdlich für die eigenen Dokumentationen und Kataloge. Dabei faszinierte ihn vor allem das außergewöhnliche Bauwerk. Zu seinem Abschied aus dem Museum legt er einen Photoband vor, der die wichtigsten Ansichten und Veränderungen anhand von zahlreichen großformatigen Abbildungen dokumentiert.

 

Parcal Maitre
Baobab – der Zauberbaum

112 Seiten mit 50 Photographien; Deutsch, Französisch, Englisch
Edition Lammerhuber
ISBN: 978-3-903101-26-5; 49,90 Euro

Der Baobab gilt den Menschen in Madagaskar als „Mutter des Waldes“. Er ist der magische Baum des Lebens: Die korkähnliche Rinde und der große Stamm sind feuerbeständig und werden für die Herstellung von Tuch und Seil, die Blätter als Würzmittel und für Medikamente verwendet. Die Frucht, „Affenbrot“  genannt, ist essbar und voll von Vitamin C. Bejahrte Exemplare sind in der Regel hohl und bieten Tieren wie Menschen Lebensraum. Die Madegassen nennen den Baobab die ‚alte Großmutter‘, weil er ganz mit Furchen überzogen ist. Der Baum kann hunderte, ältere Exemplare gar tausende Liter Wasser speichern - eine Anpassung an die harten Bedingungen in der Savanne. In der besonders von Trockenheit betroffenen Mahafaly-Hochebene im Süden der Insel werden mittlerweile 800 Baobabs als natürliche Auffangbecken für Wasser genutzt, das sich bei den seltenen, aber sintflutartigen Regenfällen in deren Stamm ansammelt. Das Wasser bleibt dort frisch und wird nach Ansicht der Einheimischen durch den Kontakt mit dem Baum sogar gereinigt. Manche der gewaltigen Bäume werden bis zu 40 Meter hoch, sind bis zu 278 Tonnen schwer und können bis zu 1600 Jahre alt werden. Seit 1994 erkundet der Photograph Pascal Maitre Madagaskar, unternahm mittlerweile 27 Reisen zum zweitgrößten Inselstaat der Welt und hat dabei immer wieder die ungewöhnliche Beziehung zwischen den Baobabs und den Einheimischen, denen diese Bäume heilig sind, dokumentiert. Jacques Rocher, der Ehrenvorsitzende der französischen Umweltstiftung Fondation Yves Rocher, sagt zu dem Bildband über die Baobabs: „Die in diesem Buch versammelten Bilder von Pascal Maitre bringen in ihrer Schönheit die ganze Faszination dieser einzigartigen, mythischen Bäume zur Geltung.“ (vZ)

 

Christian Mader
The Missing Link

144 Seiten, 85 Farbabbildungen
Kehrer Verlag
ISBN 978-3-86828-770-7; 39,90 Euro

Die Photographien des Stuttgarter Photographen Christian Mader erzählen von der Unergründlichkeit einer Gesellschaft, die Europäern weitgehend fremd bleibt. Uns fehlt eine offenkundige Verknüpfung zwischen der sichtbaren und der imaginären Welt, der Missing Link. Die Japaner auf den Photographien wirken wie hineingestellt, in eine Welt, die sie eher hinnehmen als gestalten. Viele Ostasiaten leben ihr Leben in dem Bewusstsein, dass es einen freien Willen westlichen Zuschnitts letztlich nicht gibt, da ein zielgerichtetes Handeln im realen Leben keinen Einfluss auf den immer unwägbaren Gesamtkosmos hätte. Maders Arbeiten sind keinesfalls Reportagen, jedoch sind seine Sujets auch nicht inszeniert. Er arrangiert oder drapiert nicht. Obwohl die Photographien realsituativen Alltag zeigen, trauen wir dieser Alltäglichkeit nicht. Wir können die Narrative, die in diesen Situationen stecken, nicht weitererzählen, da unsere westlichen Konzepte und Routinen des intuitiven Erkennens und Deutens in diesem östlichen Land nicht greifen. Genau hierin gründet die Faszination von Maders Photographien.

 

Ulrike Crespo
Iceland

240 Seiten; 184 Farb- und 1 S/W-Abbildung
Kehrer Verlag
ISBN 978-3-86828-777-6; 48 Euro

Mit ihrer Serie Iceland nimmt sich Ulrike Crespo einer außergewöhnlichen Landschaft an, die schon seit dem 19. Jahrhundert unzählige Reise- und Kunstphotographen inspiriert hat. Und doch gelingen ihr Bilder, die den atemberaubenden Farben- und Formenreichtum dieser wilden Insel auf ganz neue Weise, häufig in beinahe abstrakten Details zeigen: türkisblaue Eisberge, schwarzer Vulkansand, weiß schäumende Wasserfälle, grün bemooste Felsen, schwefelgelbe Geröllwüsten.

 

 

Contemporary Korean Photography
2017. 600 pp., 500 ills., English
Hatje Cantz Verlag
ISBN 978-3-7757-4040-1; 49,80 Euro

In recent years, a generation of photographers from South Korea who can justifiably be referred to as pioneers has caused quite a sensation on the global photo scene. Since the late 1980s, the visual arts in South Korea have quantitatively expanded against the background of rapid economic growth. The seventy-seven photographic artists selected in this project observe and interpret social and cultural changes in Korea from their own perspectives. Korea is expressed through intense portraits, beautiful sceneries, strategic cityscapes, records of daily life, and digitally reconstructed time and space. It is marked by a fascinating variety that has been captured in the volume Contemporary Korean Photography: the meditative black-and-white nature studies by Bien-U BAE contrast strongly with the pseudo-American plastic world of Sungsoo KOO; the psychologizing, intense portraits by Soonchoel BYUN respond to Sanghyun LEE and his garish, ironizing quotes of Korean history.

 

Bettina Pousttchi
World Time Clock

2017. 96 Seiten, 50 Abb., Englisch
Hatje Cantz Verlag
ISBN 978-3-7757-4359-4; 35 Euro

Bettina Pousttchi (*1971) zählt zu den bedeutendsten deutschen Künstlerinnen ihrer Generation. World Time Clock ist ihr bisher umfangreichstes Photoprojekt, an dem sie acht Jahre lang arbeitete. Bettina Pousttchi reiste dafür in mehreren Etappen um die Welt und photographierte an ausgewählten Orten in 24 unterschiedlichen Zeitzonen jeweils eine öffentliche Uhr um fünf Minuten vor zwei. Zu den bereisten Städten gehören Kapstadt, Dubai, Tashkent, New York, Sydney und Mexico City. Dieses weltumspannende Werk zur politischen und sozialen Organisation von Zeit und Raum erhielt seine Ausstellungspremiere im Hirshhorn Museum and Sculpture Garden des Smithsonian Institutes in Washington DC. Während zehn Monaten wurde auf einer ganzen Etage des Museums die komplette 24 teilige großformatige Photoserie in einer 360 Grad Installation erlebbar. Der vorliegende Katalog dokumentiert diese bemerkenswerte Ausstellung in einem der führenden Museen der USA.

 

Evgeny Makarov
600 m² Glück - Die Datscha

96 Seiten, 61 Abb.
Sieveking Verlag
ISBN 978-3-944874-63-0; 39,90 Euro

Im Sommer 2015 reist der Photograph Evgeny Makarov nach Orekhovo, einer Siedlung in der Leningrader Oblast bei St. Petersburg. Es ist der Ort, an dem er die Sommer seiner Kindheit auf der Datscha seiner Großeltern verbrachte. »Nachdem ich irgendwann im Erwachsenenalter die Verbindung dahin verloren hatte, wollte ich immer zurückkehren und sehen, wie es dort nun ist und ob es sich noch mit dem Bild aus meiner Kindheit deckt«, so Makarov. In einfühlsamen und zugleich schonungslos ehrlichen Aufnahmen entführt er uns in die Welt der Sommer- und Wochenendhäuser der Russen und zeigt uns, dass die Datscha kein russischer Mythos ist, sondern gelebte Wirklichkeit. Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes Datscha stammt aus dem 18. Jahrhundert und war eine »vom Zaren zugeteilte Gabe an Grund und Boden«. Im Laufe der Zeit – nach der Oktoberrevolution und im Zuge der Verstädterung des 20. Jahrhunderts – avancierte die Datscha immer mehr zum Freiheitssymbol des kleinen Mannes, denn ein Grundstück mit Datscha bedeutete in den »Zeiten der Sowjetunion, als das Leben besonders streng durchnormiert war, einen informellen Rückzugsort, in dem andere Regeln galten«. Der Zuschnitt einer Datscha wurde in den 90er-Jahren einheitlich geregelt und betrug 600 m² Land. Bis heute entfliehen mehr als drei Viertel der russischen Großstädter an den Wochenenden von Mai bis Oktober in ihre kleinen Erholungsoasen am Stadtrand. Die Datscha ist »bis heute ein Ruhepol des gesellschaftlichen Lebens – und das wird auch so bleiben«, sagt Makarov. Und lädt uns mit seinen Photographien in diesen wesentlichen Bestandteil des russischen Lifestyles ein.

 

Piotr Uklanski
Real Nazis

271 Seiten, 250 Farbabbildungen, Englisch
Edition Patrick Frey
ISBN: 978-3-906803-52-4; 52 Euro

Glamouröse Fiktion des Bösen: Im Herbst 1999 erschien The Nazis, ein legendäres Kultbuch der Edition Patrick Frey, längst vergriffen, nach wie vor heiß begehrt. Während The Nazis noch eine Bildersammlung von Nazi-Darstellern im Film war, fügt der polnische Künstler Piotr Uklanski nun seiner Arbeit einen weiteren Bilderzyklus hinzu. Es ist ein radikaler Kommentar zur aktuellen politischen Stimmungslage, in der die Grenzen zwischen dem Populistischen und dem Faschistoiden zunehmend verschwimmen: Real Nazis versammelt Bilder «echter» Nazis – Parteigrössen, Kriegshelden und Verbrecher. Aus zahlreichen Archiven sorgfältig zusammengestellt, legt das Folgebuch nun die propagandistisch-inszenatorische Bilderwelt des Dritten Reichs wiederum folienhaft über die fiktionale Nazi-Ikonografie Hollywoods. Und die fiktiven und die realen Exponenten des Bösen sind sich auf gespenstische Weise zum Verwechseln ähnlich. Auch in der gleich gehaltenen Gestaltung und Materialität spiegelt der «hässliche reale Bruder» das «glamouröse» Künstlerbuch. Und wie 1999 könnten wir notieren: «Aber hinter all den Zeichen des Bösen lauert die Ikonographie des medialen Kitsches und der Lächerlichkeit. Es geht um die Macht der Verkleidung und die Verkleidung der Macht. Es geht um den Glamour des Bösen, um das Scheinen und Schimmern der falschen Orden aus falschem Gold.» Wer sind nun die «wirklichen» Nazis in diesem Vexierbild? Was qualifiziert einen zum Nazi? Welche der Bilder sind real und welche nicht? Alle? Keines?

 

Mario Testino
Undressed

144 Seiten mit zahlreichen Photographien; Englisch, Deutsch, Französisch
Taschen-Verlag
ISBN:  978-3-8365-6646-9; 24,99 Euro

Mario Testinos Katalogband „Undressed“ enthüllt mehrere Schichten. Denn dieser beschäftigt sich mit dem Ausziehen in der Photographie, erlaubt aber zugleich auch neue Einblicke in das Archiv des berühmten Modephotographen, weil er über dessen bekanntes Image hinaus ein profunderes Verständnis für seine Arbeiten ermöglicht. Die 50 in dem Bildband gezeigten Photographien widmen sich ganz dem nackten Körper, spüren Traditionen und Moden nach und loten die Grenzen zwischen den Geschlechteridentitäten aus. Ein besonderes Glanzlicht sind nie zuvor gesehene Aufnahmen aus Testinos Atelier, in denen sich eine ausgelassene Stimmung mit jener der Nacktheit innewohnenden Erregung und einer verspielt-amourösen Dynamik vermischt, die aber nie ins Obszöne abgleitet. Die Reihe der Photographierten reicht von Supermodels, wie Kate Moss und Amber Valletta, bis zu namenlosen androgynen Männern, von Einzelporträts bis zu Gruppenaufnahmen. Der Betrachter wird oft Zeuge intimer Augenblicke, einige von ihnen Schnappschüsse, andere sorgfältig inszeniert, wie jene von einem jungen Mann, der in einem luxuriösen Badezimmer einer Frau das Schamhaar rasiert. Auch tragen viele der Bilder zu einer Neudefinition von Männlichkeit bei. Mit der Verschmelzung von Gefühlen, Ästhetik und Körpern gewährt Mario Testino neue Einblicke in sein Werk, das Weltgeltung genießt. Der Band beginnt mit einer Einleitung des Kurators Matthias Harder (DGPh) sowie einem Essay des Psychiaters und Psychologen Manfred Spitzer, der die visuelle Wahrnehmung von Körpern und Schönheit aus Sicht des Neurowissenschaftlers erläutert. Nach dem opulenten Bildteil endet er mit einem offenherzigen Gespräch des Photographen mit der Modejournalistin Carine Roitfeld. Unter dem Titel „Absolute Verbundenheit“ wird dargelegt, dass es beiden bei ihrer langjährigen, künstlerischen Zusammenarbeit letztlich um die Darstellung von Verführung geht. Denn Verführung ist nach deren Erkenntnis „eine Art Energie, die man - im Vergleich zum Sex, der auf eine Person fokussiert ist - in unterschiedlichen atmosphärischen Situationen mit verschiedenen Leuten einsetzen kann“. Diese Auffassung belegt Mario Testino in diesem Bildband meisterhaft. (vZ)
(Ausstellung: Helmut Newton Stiftung, Berlin, bis 19. November 2017)

 

We Need to Talk
Künstler kritisieren Trump

40 Seiten, 40 Abb., Englisch
10 Plakate in Plastikhülle
Hatje Cantz Verlag
ISBN 978-3-7757-4339-6; 25 Euro

Besondere Themen bedürfen besonderer Buchformate: Die Publikation We Need to Talk bricht den gewohntgebundenen Buchblock auf und entfaltet seine Wirkung auf 10 Plakaten, die zweifachgefaltet gleich 80 Einzelseiten offenbaren. Ihr Inhalt dreht sich dabei ganz um den Mann, der seit Januar 2017 die Medien dominiert: Donald J. Trump. Als 45. Präsident der Vereinigen Staaten von Amerika hat er in kürzester Zeit mehr Unruhe gestiftet als es je einer seiner Vorgänger tat – ob durch abfällige Bemerkungen über Einwanderer und Frauen, ob durch die Veranlassung des Baus einer Mauer zu Mexiko oder das Ignorieren umweltpolitischer Themen. Noch bevor es zu Trumps Überraschungssieg überhaupt kam, hat sich die New Yorker Petzel Gallery seinen Wahlversprechungen und seiner -auftritte angenommen. Die Zusammenstellung der Werke bildet eine Plattform, bei der Künstler und Besucher miteinander ins Gespräch über Bürgerrechts-, Immigrations- und Umweltthemen kommen. Videos, Bilder, Zeichnungen und Installationen halten diesen historischen Moment fest, über den wir noch lange reden müssen.

 

Das Polaroid-Projekt
Die Eroberung durch die Kunst

288 Seiten, 318 Abbildungen in Farbe
Format: 23 x 27,5 cm, Leinen, Schutzumschlag
München, Hirmer-Verlag
ISBN: 978-3-7774-2873-4; 49.90 Euro

Polaroid ist magisch: Innerhalb von Minuten und wie von Zauberhand erscheint das gerade gemachte Photo. Wie Künstler sich diese Technik aneigneten, wie sie mit ihr experimentierten und neue Wege der Gestaltung entdeckten, zeigt der attraktiv bebilderte Band anhand von über 300 herausragenden Werken international renommierter Künstler aus der einzigartigen Polaroid Collection. Denn schon 1949, ein Jahr nach der Vorstellung des ersten Polaroid-Land-Modells 95, wurde der Photograph Ansel Adams beauftragt, den Polaroidfilm zu erproben. Er war fortan als Berater tätig, denn es gehörte von Anfang an zum Konzept des Unternehmens, bekannte Photokünstler mit einzubeziehen, ihnen Polaroid-Kameras zur Verfügung zu stellen und vor allem die neuen Filme auszuprobieren. Denn die entscheidende Erfindung bei der Sofortbildphotographie war nicht die Kamera, sondern der Film. Dazu holten die Produktentwickler sich immer wieder den Rat von bedeutenden Photographen, die Probefilme zum Testen und Bewerten erhielten, ein. Bald erkannten daher viele Künstler die neuen aufregenden Möglichkeiten, vor allem, als 1972 die SX-70 und nur ein Jahr später die Großformat-Polaroid für das 20x24-inch-Format auf den Markt gebracht wurde: Etwa wenn David Hockney ein Stillleben-Mosaik aus einzelnen Photos schuf, Charles Eames geometrische Muster festhielt, Dennis Hopper Farbstudien in LA betrieb oder Robert Mapplethorpe Akt-Selbstporträts machte. Und so prägten Tausende von renommierten Photokünstlern erstellte Polaroidphotographien die Kunstwelt im späten 20. Jahrhundert. Diese sind in dem im Hirmer-Verlag, München, erschienenen Bildband „Das Polaroid-Projekt – die Eroberung durch die Kunst“ ebenso enthalten, wie Werke von Ansel Adams, Nobuyoshi Araki, Peter Beard, Guy Bourdin, Philip-Lorca diCorcia, Harold Edgerton, Walker Evans, Arno Fischer, Joan Fontcuberta, Gisèle Freund, Philippe Halsman, André Kertesz, Sarah Moon, Andy Warhol, William Wegman und vielen anderen. Unter dem Titel „Polaroid: Geschichte einer Technik“ wird zudem in zwei Teilen, einem für die Zeit zwischen 1928/29 und 1972 sowie einem für die Periode zwischen 1973 und 2010, anhand von Abbildungen der Kameras und der Filmrollen sowie einem Zeitstrahl die technische Entwicklung detailliert dargestellt. Nach dem Vorwort von Todd Brandow und der unter der Überschrift „In der Frage steckt bereits die Antwort“ stehenden Einleitung von William A. Ewing beschreiben insgesamt neun Fachautoren in teilweise persönlichen Erinnerungen eindrucksvoll die Welt und die Geschichte der Sofortbildphotographie. (vZ)

 

Bauhaus-Beziehungen Oberösterreich
152 Seiten, ca. 170 Abbildungen, Vierfarbdruck,
Verlag Bibliothek der Provinz
ISBN: 978-3-902414-57-1; 28 Euro

Das vorliegende Buch greift ein Thema auf, das uns in den nächsten beiden Jahren noch öfters beschäftigen wird, da sich 2019 die Gründung des Bauhauses zum 100. Mal jährt. Die Landesgalerie Linz ist somit die erste Gratulantin, die mit dem Bauhaus Schüler/Lehrer Herbert Bayer auch einen profilierten Vertreter zeigt. Katalog und Ausstellung verdeutlichen gleichermaßen die Erkenntnis, dass eine solche bahnbrechende Entwicklung nicht nur von einigen prominenten Namen (wie u.a. Gropius, Moholy-Nagy, Klee, Albers), sondern von einer breiten Gruppe engagierter Positionen getragen wird. Der Linzer Katalog zeigt die ganze Breite künstlerischer Tätigkeiten (Architektur, Textildesign, Photographie, Produktdesign, Zeichnung), aber auch interessanterweise einen Schwerpunkt in der Photographie. Der Katalog geht in einem einleitenden Essay darauf ein, dass die aktuelle Rezeption des Bauhauses weit über die Positionen der tätigen Künstler/innen hinausgeht. Einer Auswahl von künstlerischen Positionen Oberösterreicher Schüler am Bauhaus werden zeitgenössischen Positionen gegenübergestellt, die aber eher eine Hommage sind. Herbert Bayer ist davon der weltweit bekannteste, der auch als Photograph eine eigenständige Position erarbeitet hat. Abgerundet wird der informative Katalog durch Ausstellungsansichten, Biografien, eine Literaturliste und ein Werkverzeichnis. Ein weiterer interessanter Aspekt sind die Künstlerinnen am Bauhaus, die in der wissenschaftlichen Forschung der letzten Jahre stärker in den Vordergrund gerückt sind. Ihre künstlerisch gleichwertigen Positionen stehen in der Photographie in einem gegenseitig anregenden Verhältnis zu den Werken ihrer Männer. Man kann sich nur wünschen, dass photographische Positionen der Bauhaus Künstler in Deutschland auch im Austausch mit dem zeitgleichen »Neuen Sehen« und der »Neuen Sachlichkeit« gezeigt werden und natürlich die darauf folgende stilistische Rezeption und Weiterentwicklung der künstlerischen Photographie von 1948 bis heute. Denn das Jubiläum 2019 lenkt sicher den Blick vieler darauf, dass auch aktuelle künstlerische photographische Positionen das Nachwirken des Bauhaus Gedankens repräsentieren.
(Ausstellung: Landesgalerie Linz, 18. Mai bis 27. August 2017)

 

 

Jürgen Gulbins / Andreas Zachmann
Monochrom

394 Seiten, komplett in Farbe,
dpunkt.verlag
ISBN Print: 978-3-86490-482-0; 39,90 Euro

Schwarzweißaufnahmen – oder generell monochrome Bilder – haben ihren eigenen Charme, eine spezielle Anmutung. Solche Aufnahmen arbeiten mit reduzierten Mitteln, verzichten sie doch auf die zuweilen ›geschwätzige‹ Farbe. Dafür treten Formen, Verläufe sowie Kontrast und Helligkeitsnuancen stärker in den Vordergrund. Es ist daher wichtig, bereits bei der Aufnahme auf diese Faktoren verstärkt zu achten. Da die meisten Kameras die digitalen Bilder zunächst als Farbbild aufnehmen – und es spricht einiges dafür, es dabei zu belassen – gilt es, in der digitalen Nachbearbeitung eine optimale Konvertierung nach Schwarzweiß vorzunehmen. Dafür gibt es zahlreiche Lösungen, die das Buch detailliert beschreibt, denn nicht jedes Verfahren passt für jedes Bild. Eine weitergehende Bearbeitung nach der erfolgten Umwandlung ist unerlässlich, etwa die Erhöhung des Kontrasts oder selektive Nachbearbeitungen wie ein regional beschränktes Absenken und Anheben von Tonwerten. Einmal konvertiert erfordert schließlich ein optimaler Schwarzweiß- oder Monochrom-Druck ein differenziertes Know-how, das die Autoren umfassend vermitteln.