Anna Lehmann-Brauns
Hg. Matthias Harder (DGPh)

96 Seiten, 45 Farbabb.
Distanz Verlag
978-3-95476-112-8; 29,90 Euro

Der menschenleere Raum ist, was die Photographin Anna Lehmanns-Brauns (*1968, lebt und arbeitet in Berlin) interessiert – menschenleer, aber prall gefüllt mit Bildern des kollektiven und persönlichen Erinnerns. Nur scheinbar kühl und distanziert, verschafft die Schülerin von Joachim Brohm an der HBG Leipzig ihren Motiven, die sie ausschließlich analog und in vorgefundener Lichtsituation fertigt, eine Aura von Rätselhaftigkeit und Vereinsamung, manche Situation mutet geradezu surreal an. Lehmann-Brauns, die auf der ganzen Welt mit der Kamera unterwegs ist, stieß in Polen auf eine scheinbar verlassene Produktionsstätte für Kirmesgeräte und Figuren für Vergnügungsparks auf dem Areal einer ehemals deutschen Garnfabrik in Schlesien. Bis heute wird hier sogar noch produziert, ein großer Teil des Bestandes allerdings rottet vor sich hin. Unter einer hochgiftigen Schicht Fiberglasstaub gesellen sich "Dick und Doof" zu Zwergen, Engeln und wilden Tieren – sie alle bilden die bröckelnde Kulisse für ein spezielles Kapitel der jüngeren und jüngsten Geschichte Osteuropas. Das Buch präsentiert ausgewählte Arbeiten aus dieser und weiteren Serien der Photographin. Mit Texten von Matthias Harder DGPh) und Sabine Ziegenrücker.

 

Boris Becker
Staged Confusion

72 Seiten zahlreiche Abb.,
mit einem Essay von Gérard A. Goodrow (DGPh)
Sieveking Verlag
ISBN 978-3-944874-41-8; 29,90 Euro

Der Ausstellungsband zeigt eine Auswahl aktueller und früher Photographien aus der Photographischen Sammlung / SK Stiftung Kultur und dem LVR-LandesMuseum Bonn. Die Auswahl »Staged Confusion« (inszeniertes Durcheinander) enthält aus verschiedenen Werkgruppen und Entstehungszeiten „Einzelbilder“, die auf Grund ihrer formalen und inhaltlichen Divergenz für sich prägnant, aber als Serie sperrig für den Betrachter sind. Das ergibt sich auch daraus, dass manche Photographien das Gegenteil von „confusion“ zeigen. Die Photographien haben z.T. einen hohen ästhetischen Reiz, der die Frage griechischer Philosophen visualisiert: ist das Chaos eine Ordnung, die wir noch nicht verstehen? Das Buch zeigt vielmehr, dass die Photographie beeinflusst, wie wir die Welt wahrnehmen und ihre Erscheinungsformen reflektieren. Gerade in der digitalen Bilderflut werden die Bildsprache und Aussagekraft der aktuellen künstlerischen Photographie gut erkennbar. Dieses „mit anderen Augen sehen“ wird in dem hier präsentierten Grenzbereich zwischen Reportage-, Dokumentar- und künstlerischer Photographie besonders deutlich. Boris Becker zeigt Orte/Situationen, die der Betrachter selbst so nicht wahrgenommen hätte. Seine Photographien sind im wahrsten Sinne des Wortes eine „Erkenntnis der Welt.“ Es ist das Thema, das die Franzosen mit „Línfra-ordinaire“ bezeichnen und seit der »Neue Sachlichkeit« in der Photographie als „Ästhetik des Banalen“ bezeichnet wird. Die Quintessenz des Buches ist nicht die Auswahl, sondern die zum Teil sehr eindrucksvollen Photographien aus verschiedenen Werkgruppen, die eine Entwicklung in der Bildsprache eines bedeutenden Photographen widerspiegeln. Ein gut gestaltetes Buch mit klarer Struktur, einer angenehmen Typographie, guter Druckqualität und Verarbeitung. Eine angemessene Publikation für den Photographen, die gut in eine Reihe vergleichbarer Publikationen des LVR-LandesMuseum Bonn passt. (DB)
(Ausstellung: LVR-LandesMuseum Bonn, 27. Januar bis 20. März 2016)

 

Jessica Backhaus
Six Degrees of Freedom

132 Seiten
64 Farb- und S/W-Abb.
Kehrer Verlag
ISBN 978-3-86828-667-0; 39,90 Euro

Jessica Backhaus (*1970) untersucht mit ihrer neuesten photographischen Serie "Six degrees of freedom" universelle Fragen des menschlichen Seins. Basierend auf ihrer eigenen Biografie fragt sie nach der Bedeutung, die Wurzeln der eigenen Existenz zu kennen und inwieweit man sich diese - üblicherweise vorgegebenen - Wurzeln neu erarbeiten kann. Zunächst unbewusst, dann immer zielgerichteter machte sich die Photographin, die in einer Künstlerfamilie aufwuchs, ab einem bestimmten Zeitpunkt in ihrem Leben auf die Suche nach ihrer eigenen Herkunft. Auf dieser Reise besucht sie Plätze ihrer Kindheit und Jugend und füllt die Lücken ihrer Erinnerungen. Mit ihren Photographien hält sie die Essenz dieser Suche und ihrer Lebensstationen symbolisch fest. Gleichzeitig gelingt ihr der Balanceakt, die Bilder für den Betrachter offen zu halten. Ihre Photographien besitzen metaphorisches Potenzial und arbeiten gegen den Strich einer klassischen sozialen Dokumentarphotographie. Sie changieren zwischen Realismus und Abstraktion.

 

Tami Amit
Insomnia

116 Seiten, 74 Farbabb., Englisch/Französisch
Kehrer Verlag
ISBN 978-3-86828-637-3; 34,90 Euro

Tami Amit nimmt die konstruierten Bildwelten der inszenierten Photographie zum Anlass ihrer künstlerischen Arbeit. Dabei nutzt sie deren ganze Bandbreite, von Spielfilmen bis Modeproduktionen, als Ressource, um daraus spezifische Szenarien zu schaffen, denen ein diskretes Moment des Schreckens innewohnt. Amits Horror erscheint so diskret, weil ihre Bildwelten kaum Hinweise auf eine gewollte Inszenierung geben. Das Prinzip der scheinbar verborgenen Kamera, das in Fimproduktionen eingesetzt wird, wenn Schauspieler in ihren Rollenspielen bewusst die Präsenz der Kamera ignorieren, findet hier seine Anwendung – allerdings in der Umkehrung der Verhältnisse von Beobachter, Kamera und Darsteller. Tami Amits Photographien weisen damit auch eine Nähe zu Aspekten der post-konzeptuellen Kunst auf, beispielsweise zu den Untitled Film Stills Cindy Shermans, in denen sie sich selbst als Protagonistin nicht vorhandener Filme stilisiert hatte. Vor diesem Hintergrund erweisen sich Amits Photographien – sie zeigen zumeist nur eine Frau in einem Standbild aus einem Film, der nie gedreht wurde – als Fiktionen der Selbstdarstellung, insbesondere der weiblichen Selbstdarstellung im Kontext der ihr stets zugeschriebenen Verhaltensnormen.

 

Gosbert Gottmann
Spectators

Texte: Celina Lunsford (DGPh)
80 Seiten, 58 Farbabbildungen, Englisch
Kehrer Verlag
ISBN 978-3-86828-668-7; 29,90 Euro

Gosbert Gottmanns Photoserie Spectators ist dem Ruhm, dem Glück und der Stärke gewidmet. Das Zuschaueruniversum wird vom Einfluss der Medien gesteuert. Unterhaltung, Sport, Wirtschaft, Religion und Nationalität liefern die Events. Porträts von Persönlichkeiten des deutschen Kulturlebens, wie Goethe, Katharina Witt, Hape Kerkeling, Jogi Löw & Co., wechseln sich ab mit Photographien von Michael Jackson, gekrönten Häuptern und Feierstätten. Ironisch gebrochenen Spuren von Prominenten stehen Bilder von dramatischen Locations und betörende Stillleben von Orten gegenüber, an denen die Auftritte stattfanden oder die Aura der Berühmtheit noch in der Luft hängt. Die Showbühnen sind vielfältig und zahlreich: Theater, Messen, Arenen und andere »Sehenswürdigkeiten«. Gottmanns mehrdeutige Photographien lassen unseren Blick durch Schichten von ungewissen Maßstäben und Perspektiven wandern. Der in Vorhänge gehüllte Theatersaal erscheint merkwürdig, weil hier genau genommen die Bühne fehlt. Eine gigantische weiße Schlossfassade vor blauem Himmel wirkt zugleich kraftvoll und künstlich, kulturell austauschbar. Ikonische Bauwerke präsentieren sich beeindruckend dunkel oder überbelichtet, so als führten sie ein surreales Paralleldasein. In einer anderen Aufnahme zitieren gekrümmte farbige gekrümmte farbige Bänder einen flüchtigen Blick auf den laufenden Prozess.

 

Tom Jacobi
Grey Matter(s)

144 Seiten, 70 Abbildungen
Hirmer Verlag
ISBN: 978-3-7774-2590-0; 49,90 Euro

Um es gleich zu sagen: Mit „Grey Matter(s)“ ist dem Meisterphotographen ein Meisterwerk gelungen. Denn Tom Jacobi stellt in seinem neuen Bildband erhabene Landschaften im Überformat in atemberaubenden Photographien aus sechs Kontinenten vor – alle mehr oder weniger in grau. Denn Farben sind nur reflektiertes Licht, zusammengesetzt in unserem Gehirn, im Englischen auch „grey matter“ genannt. Zwei Jahre lang photographierte Tom Jacobi weltweit archaische Landschaften. Er fand mystische Orte, die über Jahrtausende von der Natur geschaffen wurden und dennoch zeitlos sind. Aufgenommen in der Welt des Zwielichts, vor Sonnenauf- oder nach Sonnenuntergang, entfalten sie ihre unvergängliche Kraft. Grau ist mystisch, grau ist Ruhe, grau ist zeitlos -  so lauten die Zwischenüberschriften in seinem einleitenden, die Gedanken zu seiner Arbeit beschreibenden Text. Die englische Zeitung ‚The Guardian‘ erklärte im Jahr 2014 grau zur ‚Farbe des Jahrzehnts‘.  In seinem aktuellen Werk reduziert Tom Jacobi, Bildautor des Bestsellers ‚Wo Gott wohnt‘ (2000), „unsere Welt auf das Wesentliche, unser blauer Planet ist in Wirklichkeit ein grauer. Kein Feuerwerk der Farben, keine Ablenkung, reine Einkehr und Meditation. Es ist ein Wunderwerk“, so Bryan Adams, Rocksänger und Photograph in seinem Vorwort. Von Europa und Island nach Afrika, von Australien über Neu Seeland in die Antarktis, von Nord- nach Südamerika folgen wir dem langjährigen Art Director des Stern auf seiner Reise zur überzeitlichen Schönheit der Natur. Monumental, ergreifend, zum Kern der Dinge vorstoßend, begegnen wir in dem neuen Werk Landschaften, die Staunen und Ehrfurcht lehren, in meisterhaften Photographien. (vZ)

 

Olaf Otto Becker-Set
Broken Line, Above Zero, Under the Nordic Light

488 Seiten, 244 Abb., Set aus 3 Bänden
Hatje Cantz
ISBN 978-3-7757-4117-0; 128 Euro

Seit über zehn Jahren bereist Olaf Otto Becker (*1959) den hohen Norden, um nach dem noch nie gesehenen Bild der Urlandschaft zu suchen, in der das Auge an die Grenzen des gewohnten Sehens stößt und die Natur zum Spiegel der Seele wird. Er beobachtet geografische Besonderheiten und wartet optimale Lichtverhältnisse ab, bis er Bilder erschaffen kann, die von großer Klarheit, Weite und Konzentration zeugen. Ob entlang der Küstenlinie und im Inlandeis Grönlands (Broken Line und Above Zero) oder bis in die entlegensten Regionen Islands, immer offenbaren seine Photostudien neben der überwältigenden Schönheit dieser Eislandschaften auch deren existenzielle Bedrohung. Selbst in vollkommen unbelebten Gegenden hat der menschliche Einfluss fatale Folgen: Staub und Ruß aus der Luft lagern sich als schwärzliche Krusten ab, was zusätzlich zur globalen Erwärmung das Abschmelzen des Eisschildes noch beschleunigt – mit wohl unabwendbar katastrophalen Folgen.


Normand Rajotte
Comme un Murmure / Like a Whisper

84 Seiten, 47 Farb- und S/W- Abb., Englisch/Französisch
Kehrer Verlag
ISBN 978-3-86828-658-8; 35 Euro

In der Nähe der kanadischen Gemeinde La Patrie im südöstlichen Quebec erkundete Normand Rajotte über Jahre hinweg ein mehrere Quadratkilometer umfassendes Gebiet am Fuße des Berges Mont Mégantic. Die so zwischen 2004 und 2010 entstandene Serie Comme un murmure (Like a whisper) lässt die enge, über die Jahre entstandene Verbindung zwischen Künstler und Natur erkennen. Ganz allmählich, Bild für Bild schlug Rajotte selbst immer tiefere Wurzeln in diesem mehrere Hektar umfassenden Waldgebiet, bis er eins mit der Natur wurde. Anhand der Beobachtung von Pflanzenwuchs und Tierspuren, hielt er die ständige Veränderung „seines“ Waldes fest. Comme un murmure ist Zeugnis für das starke Band, das Mensch und Tier verbinden kann, sobald der Mensch dieses erwidert und tief in die Natur eintaucht.


Daniel Traub
Little North Road. Africa in China

176 Seiten, 117 Farbabb., Englisch
Kehrer Verlag
ISBN 978-3-86828-629-8; 39,90 Euro

Little North Road ist eine photographische Erkundung von Menschen und Begebenheiten auf einer Fußgängerbrücke in einem multikulturellen Stadtteil von Guangzhou, China. Das Buch enthält Daniel Traubs zwischen 2010 und 2014 auf der Brücke und in ihrer Umgebung entstandenen Photographien sowie eine Auswahl von Aufnahmen zweier chinesischer Wanderphotographen, die Traub dort kennengelernt hatte. Diese verdienen ihren Lebensunterhalt mit Porträts von Passanten, vornehmlich Afrikanern, die sich ein Andenken an ihre Zeit in Guangzhou wünschen. Mit dem Wachstum von Chinas Macht und Einfluss ist Guangzhou zu einem Magneten für Menschen aus den entlegensten Gegenden geworden: chinesische Wanderarbeiter, Menschen aus dem Nahen Osten und Afrikaner, die sich hier neue Möglichkeiten erhoffen und mit den im Perlflussdelta – der »Weltfabrik« – hergestellten Gütern handeln möchten. Die Brücke stellt gewissermaßen ein symbolisches Tor für diesen Menschenstrom dar. Die jüngsten Entwicklungen lassen jedoch die Frage aufkommen, ob dieser Kosmopolitismus ein unvermeidlicher Teil der Zukunft Chinas ist oder ob er einen bereits vergangenen Augenblick darstellt.

 

Edson Chagas
Found Not Taken

116 Seiten, 46 Farbb., Englisch/Portugiesisch
Kehrer Verlag
ISBN 978-3-86828-672-4; 39,90 Euro

Für Found Not Taken spazierte Chagas durch die Straßen von Luanda, London und Newport um weggeworfene Objekte zu sammeln und manchmal entweder leicht oder komplett zu bewegen, bevor er sie ablichtete. Indem Chagas sie aus ihrem Kontext nimmt und in Relation zu einem sorgfältig ausgewählten Hintergrund photographiert, werden die alltäglichen Gegenstände zu abstrakten Bildzeichen, die die Stadt um sie herum beleben. Was auf den ersten Blick ein Symbol für eine Gesellschaft zu sein scheint, die durch ihren Abfall und den ständigen plötzlichen Wertverlust von Dingen charakterisiert wird, ist gleichzeitig eine Reflektion der Tatsache, dass alles was als Realität wahrgenommen wird, tatsächlich ein Konstrukt ist. Eine Auswahl der Serie repräsentierte Angola auf der 55. Biennale in Venedig und gewann den Goldenen Löwen in der Kategorie Best National Participation.

 

Paul Bulteel
Cycle & Recycle

176 Seiten, 101 Abb., Englisch
Hatje Cantz
ISBN 978-3-7757-4105-7; 45 Euro

Er gehört zum Leben wie die Luft zum Atmen: Die Rede ist von Müll. Wenn er nachlässig verwaltet wird, zerstört er Lebensräume an Land, in Flüssen und Meeren und verursacht gravierende Gesundheitsschäden. Müllvermeidung und Recycling sind daher von großer Bedeutung. Aber was versteht man überhaupt unter Wiederverwertung? Auch wenn der Begriff geläufig ist, hat kaum jemand Bilder von Wiederverwertungsanlagen vor Augen. Der belgische Photograph Paul Bulteel nimmt sich dieser Aufgabe an, fasziniert vom Massenausstoß der Konsumgüter und einem Prozess, der weggeworfenem Papier, Metall, Glas- und Kunststoffprodukten, komplexen Haushaltsgeräten und Maschinen immer neue Formen verleiht. Seine gut dokumentierten Aufnahmen faszinieren, machen aber auch nachdenklich.

 

Ji Hyun Kwon
The Guilty

168 Seiten, 42 Farbabb., Englisch
Kehrer Verlag
ISBN 978-3-86828-642-7; 29,90 Euro

Schuld ist Ausgangspunkt und zugleich Inhalt dieser konzeptionellen Bildserie – und, wenn man so will, auch dieses Stücks. Objektivierbar ist Schuld natürlich nicht, und so wird sie hier konsequenterweise höchst individuell ausgedrückt, gelegentlich sogar nachvollziehbar. In manchen Gesellschaften ist es kaum möglich, bestimmte Emotionen zu zeigen oder zu äußern. Wir müssen der Künstlerin eine große Empathie und Hartnäckigkeit konstatieren, wenn sie immer wieder neue Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen überzeugt, sich auf das intensive Rollenspiel einzulassen. Bei einem zweiten Treffen im Photostudio schreiben diese sich dann vor einem Spiegel ihre Schuldgefühle – je nach Hautfarbe – mit einem hellen oder dunklen Fettstift ins Gesicht. Mal ist es nur ein Wort, mal ein kurzer Satz, selten eine ganze Geschichte. Durch die jeweilige Muttersprache internationalisiert und verlebendigt Ji Hyun Kwon die Sequenz. Denn das Bildergebnis entlarvt letztlich etwas, was ansonsten wie unter einer Maske verborgen bleibt: Ängste und Schuldgefühle in den tieferen Seelenschichten. (Matthias Harder, DGPh)

 

Berlinische Galerie – Museum für moderne Kunst
280 Seiten, 347 Abbildungen
Hirmer Verlag
ISBN: 978-3-7774-2460-6; 49,90 Euro

Anlässlich des 40jährigen Jubiläums der Berlinischen Galerie, das diese im November 2015 feiern konnte, hat deren Förderverein eine umfangreiche Publikation herausgegeben. Thomas Köhler, der Direktor der Institution, schildert in seinem Vorwort den Werdegang der Galerie seit ihrer Gründung und geht auch auf die aktuelle Ausstellungspolitik ein, die einen engen Dialog zwischen Sammlungsbeständen und Wechselausstellungen anstrebt. Der Jubiläumsband beschreibt die Kunstszene Berlins von 1870 bis in die Gegenwart und zeigt die Highlights aus den Sammlungen Bildende Kunst mit Malerei und Skulptur, Graphik, Photographie, Architektur und Künstlerarchive, wirft aber auch einen Blick hinter die Kulissen des Landesmuseums. Präsentiert werden zentrale Werke der national und international renommierten interdisziplinären Sammlung. Alle fünf Sammlungsleiter bieten in der Publikation einen individuellen Zugang zu ihren Beständen. Der Bogen spannt sich von impressionistischen Positionen über die Klassische Moderne bis zu zeitgenössischen Arbeiten - mit lokalem Fokus und internationalem Anspruch zugleich: von Max Beckmann und Hannah Höch bis Nan Goldin und Daniel Libeskind. Beispielsweise erläutert Ulrich Domröse, der Leiter der Photographischen Sammlung, unter dem Titel „Natürlich mangelhaft. Zufall und Makel in der Photographie“ am Beispiel verschiedener, in der Berlinischen Galerie vorhandener Photographien, wie die mittlerweile 84.000 Bilder umfassende Sammlung den Kurator täglich vor neue Herausforderungen und Entscheidungen stellt. Des Weiteren werden die zwischen 2011 und 2015 in der Berlinischen Galerie gezeigten Sonderausstellungen in einem eigenen Kapitel jeweils doppelseitig präsentiert. Schließlich widmet sich eine opulente Bildstrecke der Museumsarbeit. Diese wird begleitet von Texten zu den Aufgaben, denen sich ein Museum im 21. Jahrhundert zu stellen hat: Wie wird heute konkret mit der Kunst umgegangen, welchen Aufwand erfordert die restauratorische Betreuung, wie werden Werke durch kuratorische Konzepte immer wieder neu interpretiert und wie wird Kunst  Kindern nahe gebracht. All dies vermittelt dieser ungewöhnliche Jubiläumsband über eine wichtige kulturelle Institution der deutschen Hauptstadt. (vZ)

 

Gottfried Jäger (DGPh)
Abstrakte, konkrete und generative Fotografie

Hg.: Bernd Stiegler (DGPh)
450 Seiten, 100 s/w Abb.
Wilhelm Fink Verlag
ISBN: 978-3-7705-5978-7; 49,90 Euro

Gottfried Jägers Arbeiten und Schriften markieren eine der wichtigsten und nachhaltigsten Neubestimmungen der Photographie der letzten fünfzig Jahre. Konsequent verwandelte er bereits existierende Formen der Abstraktion in eine radikale Befragung des medialen Charakters der Photographie und führte diese zur konkreten und zur generativen Photographie. Die Photographie wird zu ihrem eigenen Gegenstand, die von ihr erzeugten Bilder sind Erkundungen ihrer eigenen Grenzen und Möglichkeiten: Sie wird Photographie der Photographie. Jäger ergänzte seine Arbeiten dabei durchweg um ebenso scharfsinnige und materialreiche wie programmatische Texte. 2014 wurde Gottfried Jäger mit dem renommierten Kulturpreis der Deutschen Gesellschaft für Photographie ausgezeichnet. Seine Schriften zur Photographie erscheinen nun in der Reihe photogramme in ihrer ganzen Breite zusammen mit zahlreichen Dokumenten aus der Werkstatt.