Peter Bialobrzeski
Nail Houses

116 Seiten, 63 Abb.
Hatje Cantz Verlag
ISBN 978-3-7757-3829-3; 35 Euro

Peter Bialobrzeski (*1961, Dr.-Erich-Salomon-Preisträger 2012) fielen auf seinen Reisen durch China immer wieder die "Nail Houses" auf: Nagelhäuser, so nennt man dort längst dem Abriss geweihte, häufig baufällige Häuser, um die herum bereits Neubauten in die Höhe wachsen, deren Besitzer sich jedoch partout weigern zu weichen.
In seiner nachdenklich stimmenden Photoserie erfasst der Künstler diese isolierten Bauten in den Abendstunden, wenn die hell erleuchteten Fenster auch dem Außenstehenden ein Gefühl der häuslichen Gemütlichkeit vermitteln, die sie für ihre Eigentümer trotz aller Risse in den Wänden haben. Mit den Mitteln der Photographie gibt Peter Bialobrzeski diesen hartnäckigen Widerständlern Rückendeckung: Auch mit Nail Houses, das zusammen mit den bereits erschienenen Bänden "Case Study Homes" und "Informal Arrangements" die Werktrilogie "Habitat" bildet, stellt er dem Betrachter wieder unbequeme Fragen und unterstreicht nachdrücklich das grundsätzliche Recht eines jeden Menschen auf Heimat und Geborgenheit.

 

Wolfgang Tillmans
Revised and expanded edition

240 Seiten, 240 Farbabb., Englisch
Phaidon Books
ISBN 9780714867045; 59,95 Euro

Known since the early 1990s for his photographs of young people in their social environment – clubs, gay pride parades, warehouse parties – Wolfgang Tillmans created an enigmatic, sexy and highly innovative photography while inventing new icons of beauty and style for gallery goers and magazine readers alike. This book is an updated and expanded edition of his 2002 monograph, featuring a new survey on his work from the past ten years and new artist's writings.

 

 

Julian Röder
World Wide Order

132 Seiten, 74 Abb.
Hatje Cantz Verlag
ISBN 978-3-7757-3855-2; 35 Euro

International bekannt wurde der Berliner Photograph Julian Röder (* 1981) mit seiner Serie The Summits über Proteste während diverser G8-Gipfel. So dokumentierte er 2001 die Ausschreitungen in Genua, als mehr als 300 000 Menschen auf die Straße gingen und ein Demonstrant von der Polizei erschossen wurde. Zusammenhängen von Macht und Ökonomie gilt das Hauptaugenmerk des Photographen. Was geschieht, wenn das System Markt sich – als Prinzip von Bedürfnisschöpfung und Wachstum – verselbstständigt hat? Röders Werkreihen finden zu einer klaren Sprache und bauen inhaltlich aufeinander auf. Er benutzt bewusst verschiedene Kompositionen, die zum Beispiel an klassische Schlachtengemälde oder ästhetisierende Werbephotos erinnern, um seine Arbeiten der alltäglichen Bilderflut zu entheben und den Betrachter zum Hinsehen zu bewegen. Auch für seine jüngste Serie Mission and Task zum Thema Außengrenze Europa findet Röder Bilder, die den Kern unseres Selbstverständnisses infrage stellen.
(Ausstellung: Kunsthalle Erfurt 18.7.– 28.9.2014)

 

Blow-Up
Antonionis Filmklassiker und die Photographie

Hrsg. Walter Moser, Klaus Albrecht Schröder
280 Seiten, 1020 Abb.
Hatje Cantz
ISBN 978-3-7757-3736-4; 35 Euro

Das Buch setzt sich vielschichtig mit der Photographie der 60er Jahre auseinander, die stilistisch eine ganze Photographengeneration geprägt hat. Ausstellung und Katalog präsentieren mit den photographischen Themen die zeitbezogenen künstlerischen Positionen der Photo- und Kunstgeschichte, die Michelangelo Antonionis in seinem Film „blow up“ behandelt.
In diesem Fall werden nicht Filmstills dokumentiert, sondern die Photographie und ihre Protagonisten sind das Filmthema. Damit hat der Film photographische Fragestellungen aufgeworfen, die bis heute diskutiert werden. Die Mehrdeutigkeit photographischer Bilder, das zentrale Filmthema beschäftigt seitdem die Werkserien der künstlerischen Photographie bis heute.
Folgerichtig enthält der Katalog auch Werke der wichtigen PhotographenInnen u.a. David Bailey, Terence Donovan, Richard Hamilton, John Hilliard, Don McCullin, Ian Stephenson, John Stezaker. Aber auch die im Film behandelten Themengruppen Britische Modephotographie der 1960er Jahre, Voyeurismus im der journalistischen Photographie, Reportagephotographie in England werden in eigenen Kapiteln diskutiert. So entsteht ein fundierter Rückblick auf eine stilistische Entwicklung, die eine ganze Photographengeneration geprägt hat, und sich in Deutschland in der Zeitschrift „twen“ und dem Werk Will McBrides zeigt. Mit einem Wort die „swinging sixties“ das Londoner Lebensgefühl der Zeit, sind der kulturelle und künstlerische Rahmen des Film „blow up“ und haben viele zeitgenössische Photographen inspiriert. Mit Texte von Roland Fischer-Briand, Philippe Garner, Anna Hanreich, Gabriele Jutz, Astrid Mahler, Walter Moser und Thomas Seelig(DB)
(Ausstellungen: Albertina, Wien 30.4.–24.8.2014 | Fotomuseum Winterthur 13.9.–30.11.2014 | C/O Berlin 13.12.2014–8.3.2015)

 

Maria Sewcz
Inter Esse Berlin

80 Seiten; Englisch
Steidl
ISBN 139783865217882; 38 Euro

So radikal photographierte niemand den Osten Berlins. Pariser Platz, Rathaus, Alexanderplatz, Thälmann Denkmal und Grenze markieren die Topographie. Es sind schnelle, präzise Blicke, die sich in die Spalten dazwischen, in verstellte Ansichten graben: Anschnitte und Diagonalen, harte Blicke, Schwarz gegen Weiß und ein Grau frei von pittoresker Poesie. Diese Bilder, entstanden 1987, formulieren eine kalte, unversöhnliche Wut. Die junge Photographin Maria Sewcz kündigte jene Verbindlichkeit gegenüber dem Sichtbaren auf, die den photographischen Konsens prägte: dass jedes Bild an seinen Rändern endet. Dass es da den einen Raum der Wahrnehmung gibt, den alles und jedes miteinander teilt. Dass Augenblicke entscheidend sind. Inter Esse Berlin ist eine Berlin-Erzählung, in der sich jüngere deutsche Geschichte niederschlägt. Sie artikuliert sich aus dynamischen Bewegungen heraus im ständigen Wechsel der Perspektiven und ohne jedes Interesse, die individuelle Wahrnehmung den sogenannten historischen Notwendigkeiten unterzuordnen.

 

Annäherungen. Eisenhüttenstadt
Frank Höhler, Thomas Kläber, Jürgen Matschie (alle DGPh) und Luc Saalfeld

Texte von Marcel Bayer und Andreas Krase (DGPh)
103 Seiten mit ; 80 Farb- und S.W. Abbildungen
Auflage: 500 Stück; 20,- Euro
Edition Leonhardi-Museum Dresden
zu beziehen über: dresden@leonhardi-museum.de

Der Untertitel "Ein fotografischer Essay zur Wahrnehmung" stellt den Ort Eisenhüttenstadt in einen größeren Zusammenhang. Von der Vorzeigestadt „Stalinstadt“ der 50er Jahre bis zur Randstadt für Hiergebliebene und hierher geschickte Flüchtlinge und Asylbewerber ist es strukturell und thematisch ein breites Spektrum. Im Grunde sind es 4 photographische Essays zu einer Stadt, die jeder Photograph ganz anders und aus einer persönlichen Position heraus wahrnimmt. Dabei begeistert besonders die Serie von Jürgen Matschie, die durch ihre strukturelle und thematische Prägnanz, die exakten Motivausschnitte besticht. Frank Höhler porträtiert die Menschen, die Hiergebliebenen und hierher geschickte Flüchtlinge und Asylbewerber in ihrer Arbeits- Wohn- und Freizeitumgebung. Luc Saalfeld zeigt im Stil klassischer Schwarzweiß-Fotografie Orte und Situationen in ihren zeitbedingten Brüchen und Verwerfungen. Thomas Kläber hat eindrucksvolle Stadtsituationen gegenübergestellt, die mehr über den Wandel an der Oder aussagen als 1000 Worte. Dies sind z.B. der Birkenwald und der stalinistische Prachtbau, vor dem wiederum ein Wahlplakat der Kanzlerin hängt, die Bundesflagge auf dem
ehemaligen Kulturhaus, die Rehidylle auf dem Transformatorenhaus. Eine weitere Porträtserie zeigt die Asylbewerber und ihr tägliches Lebensumfeld.
Die photographischen Serien, wie auch der Text von Andreas Krase stellen die Frage wie wir wahrnehmen und ob dies objektiv wahr ist? Welche Ebenen und Zeichen nehmen wir wahr, reflektieren wir die Orte oder suchen wir nur uns Bekanntes, ist es im Ergebnis nur ein Bild von Eisenhüttenstadt oder ein Diskurs zur Urbanität?
(Ausstellung bis zum 24. August im Leonhardi-Museum Dresden)

 

Mack -Ruhrgebiet 1959
mit einem Essay von Hans-Michael Koetzle (DGPh)
87 Seiten mit 38 SW Photographien in Skia Photography
Limitierte Auflage: 400 Exemplare mit Schuber
Moser Verlag
ISBN: 978-3-9812344-2-8; 500 Euro

Das Buch setzt sich mit dem Begriff Ruhrgebiet auseinander und erscheint im Rahmen einer Retrospektive zum 80sten Geburtstag von Ulrich Mack, der als Bildjournalist für Quick und Stern hervorgetreten ist. Während seiner Lehrtätigkeit in Dortmund und Boston erschien der photographische Essay "Pellworm / Harkers Island". Das Buch ist in das Umfeld verschiedener Publikationen zum Ruhrgebiet einzuordnen, die zurzeit präsent sind u.a. die Chargesheimer Ausstellung auf dem Welkulturerbe Zollverein (Essen).
Zu der photographischen Stilgeschichte des Ruhrgebietes ist zu sagen, dass Albert Renger-Patzsch ab 1927 die erste photographische Serie zu dieser Region erarbeitet hat. Es folgen Heinrich Hausers Reportage das "Schwarzes Revier" 1930, 1957 Chargesheimer "Im Ruhrgebiet", 1959 Mack und in den 60er Jahren Bernd und Hilla Becher mit den "Typologien".
Die Photographien von Ulrich Mack sind weniger bildjournalistisch als Chargesheimer und nicht so klar analytisch wie Renger-Patzsch. Obwohl sich Mack klar zu dessen „Betonung des Strukturellen“ in Motivwahl und Ausschnitt bekennt. Eine künstlerische Ästhetik, die in den 60er Jahren nicht beachtet wird und daher von Mack auch nicht publiziert wurde. Heute in der digitalen Bilderflut werden diese frühen Meisterleistungen in Ausstellungen und Büchern erst richtig geschätzt. Interesssant im Zusammenhang mit dem Chargesheimer Buch ist das Böll Zitat in dem Essay von H.M. Koetzle, in dem die junge Frau das Ruhrgebiet definiert. In beiden Büchern wird einer vergleichbaren Bildästhetik, das gleiche von Heinrich Böll formulierte Heimatgefühl als Begründung gegenübergestellt. 1957 und 1959 kurz vor und nach der ersten Kohlekrise entstehen so mit künstlerischem Formgefühl zwei emotionale Dokumentationen der gleichen Region.
Das Buch "Mack -Ruhrgebiet 1959" ist in der Skia Photography Technik gedruckt. Diese verbindet eine an den entwicklungs-relevanten Gammakurven orientierte Digitalisierung und einen Druck mit speziellen Farben wie wir ihn aus dem Duotonverfahren kennen. So ist es dem Photographen möglich auch im Druck für jedes Bildmotiv eine individuelle Papiergradation einzustellen, und mit den Druckfarben die Wirkung unterschiedliche Entwicklungschemikalien nachzuempfinden. Die einfühlsamen SW-Photographien erinnern uns stilistisch an die vielfach gesehenen „Ruhrgebietslandschaften unter Einbeziehung der Architektur und Industrie- Landschaft, erzeugen ein nachhaltiges Bild und wecken das Interesse auf weitere Werkserien des Photographen Ulrich Mack.
Das Buch ist für alle aktiven Photographen interessant, da es einen wichtigen Einblick gibt, wie man in photographischen Serien arbeitet und welche Möglichkeiten die „skia photography“ heute bietet. (DB)

 

Joachim Schumacher
Das Gebiet - Fotografien 1976-94
Nachwort von Christoph Schaden (DGPh)

136 Seiten, 76 Abbildungen
Verlag Kettler
ISBN 978-3-86206-226-3; 38 Euro

Joachim Schumacher studierte in den 1970er-Jahren an der Essener Folkwangschule Photographie bei Otto Steinert. Schon während seines Studiums entwickelte er eine sachliche, dokumentarische Darstellungsweise, die sich deutlich vom journalistischen Stil seines Lehrers unterschied und ihn in die Nähe der amerikanischen Photographen rückte, die zu jener Zeit unter dem Etikett "New Topographics" bekannt wurden. Schwerpunkt von Schumachers Arbeit ist sein eigener Lebensraum: Das Ruhrgebiet mit all seinen Facetten ermöglicht es dem Photographen, intensiv an seinen Motiven zu arbeiten und ihre Weiterentwicklung zu beobachten. Vor allem die ungeheure Dimension des menschlichen Eingriffs in die Landschaft und die Dramatik dieser Ära des Ab- und Umbruchs ist es, was Schumacher interessierte und bis heute fasziniert. Die im Buch gezeigten Aufnahmen sind nicht nur historische Zeugnisse des Strukturwandels einer Industrielandschaft. Es sind mit Leidenschaft und Präzision konzipierte Photographien, die den Blick auf überraschende Details lenken ohne das große Ganze aus den Augen zu verlieren.

 

Wirtschaft! Wunder!
Krupp in der Fotografie 1949–196
7
96 Seiten, zahlr. teils farb. Abb.
Klartext Verlag
ISBN: 978-3-8375-1221-2; 12,95 Euro

Das Buch bestätigt die These von Frau Dr. Schneider, dass in den Firmenarchiven des Ruhrgebietes wichtige Aspekte zur Photographiegeschichte lagern. Wie in der Monographie "Licht über Hamborn" zum Werk von Herbert List werden bedeutende Photographen wie Rene Burri, Fritz Frenzl, Fritz Henle, Robert Lebeck, Erich Lessing, Hilmar Pabel und Albert Renger-Patzsch mit ihren Arbeiten für Krupp von1949-1967 vorgestellt. Das Historischen Archivs Krupp besitzt ca. 300.000 Aufnahmen aus dem Zeitraum von 1950 bis 1970. Diese bisher kaum ausgestellten Photographien sind eine bedeutende photographische und historische Quelle. Daraus werden jetzt 114 Motive bedeutender externer Photographen ausgestellt und 50 im Katalog abgebildet. Sie prägten eine neue Bildsprache, ein „Neues Sehen“ in Bezug auf die Motivwahl indem sie neben der  Produktion auch Werkssiedlungen und vor allem vom Lehrling, den Messebesuchern bis hin zu Alfried Krupp v. B.u.H. die Menschen in den Vordergrund stellten und damit ein anderes Bild vom „Kanonenkönig“ der Firma Krupp schufen. Das Buch ist nicht nur für die „Kruppianer“ interessant, da es einen wichtigen Einblick in die Industriephotographie gibt, und in Bezug auf die Stilentwicklung der Photographie zeigt, dass „Neues Sehen“ nicht nur formal sondern auch thematisch genutzt wurde! (DB)
(Ausstellung: Villa Hügel, Essen 05.07. - 23.11.2014)

 

Nadav Kander
Dust

120 Seiten, 48 Abb., Englisch
Hatje Cantz Verlag
ISBN 978-3-7757-3843-9; 65 Euro

Als Nadav Kander (* 1961), Träger des renommierten Prix Pictet und einer der international erfolgreichsten Photographen, von der Existenz zweier "geschlossener" Städte an der kasachisch-russischen Grenze erfuhr, stand für ihn fest, dass er sie besuchen würde: Für den Band Dust dokumentierte er neben verwüsteten Landstrichen am Aralsee in faszinierenden Bildern die militärischen Sperrbezirke von Priosersk und Kurtschatow – Produkte des Kalten Krieges und bis in die jüngste Vergangenheit auf keiner Landkarte verzeichnet. Unter größter Geheimhaltung wurden in Priosersk Langstreckenraketen getestet, im sogenannten Polygon bei Kurtschatow explodierten bis 1989 Hunderte von Atombomben. Man zündete die atomaren Sprengkörper in unmittelbarer Nähe der ahnungslosen Bevölkerung und studierte heimlich die entsetzlichen Folgen der radioaktiven Strahlung. Nadav Kander beschreibt, wie ihn beim Shooting das Ticken des Geigerzählers an seinem Gürtel daran erinnerte, nicht dem ästhetischen Reiz malerisch bröckelnder Ruinen zu verfallen.

 

Christine Turnauer
Presence

188 Seiten, 182 Abb. in Duplex
Hatje Cantz Verlag
ISBN 978-3-7757-3748-7; 58 Euro

Christine Turnauer ist eine Suchende, eine Wanderin zwischen den Welten. Von klein auf hat sie sich für die Einzigartigkeit und Verschiedenheit der Menschen begeistert, die für sie »wie Schneeflocken« sind. Wir alle kennen das intuitive Erfassen einer Person, das Erkennen auf einen Blick, wie Verliebte es erfahren. Christine Turnauer versucht auf ihren ausgedehnten Reisen, diesen Moment vollkommener Anwesenheit in Photographien festzuhalten. Ohne künstliche Beleuchtung und vor neutralem, vorgefundenem Hintergrund erfasst, stellt jedes ihrer berührenden Schwarz-Weiß-Porträts einen einzigartigen Moment der Begegnung dar. Bisweilen kommt zu Gesicht und Blick der Nacken eines Menschen, eine Körperpartie, die Verletzlichkeit signalisiert. Großes Vertrauen und unbedingter gegenseitiger Respekt bilden sowohl die Grundlage für Turnauers künstlerische Arbeit als auch den Kern der unvergleichlichen Ausstrahlung ihrer Porträts von Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturen.

 

Lichtbilder
Felix Krämer und Max Hollein
Texte von Felicity Grobien, Felix Krämer, Eberhard Mayer-Wegelin und Wilfried Wiegand (DGPh)
192 Seiten mit ca. 180 Abbildungen
Eigenverlag, Deutsch/Englisch
ISBN 978-3-941399-39-6; 24,90 Euro

Die fotografische Sammlung und deren Ausstellungen im Städel Museum verlaufen parallel zur Geschichte der Photographie als künstlerischem Medium. 1839 wird die Erfindung der Photographie in Paris bekanntgegeben. 1845 zeigt das Frankfurter Städel Museum als erstes Kunstmuseum weltweit eine Ausstellung von Porträtphotographien.
David Passavant, begann die Sammlung neben den üblichen Kunstreproduktionen mit Landschaften und Stadtveduten von Maxime Du Camp, Wilhelm Hammerschmidt, Carl Friedrich Mylius oder Giorgio Sommer (Italien). So war Venedig 1852 die erste Photographieausstellung dieser Sammlung. In 160 Jahren entsteht eine fundierte Sammlung zu der auch die klassische Moderne mit Photographfien von August Sander und Albert Renger-Patzsch gehören.
So zeigt das Buch "Lichtbilder" und die gleichnamige Ausstellung konsequent die wichtigen Stile und Photographen von den Anfängen künstlerischer Photographie bis in die 1960er Jahre. Dazu gehören im 19. Jht Nadar, Gustave Le Gray, Roger Fenton und Julia Margaret Cameron und im 20. Jht. August Sander, Albert Renger-Patzsch, Man Ray, Dora Maar oder Otto Steinert, mit diesem Sammlungsbereich wird gleichzeitig die Stilgeschichte des künstlerischen Mediums Photographie vorgestellt.
Angeregt durch die erworbenen Konvolute von Uta und Wilfried Wiegand (2011) sowie Annette und Rudolf Kicken (2013) wird der Bogen über die tschechische Avantgarde bis zur „Subjektiven Fotografie“ gespannt. Der Kunsthistoriker Wilfried Wiegand schreibt einen Essay über die Präsentation von
Photographie als Kunst. Eberhard Mayer-Wegelin präsentiert seine neuesten Forschungsergebnisse zur frühen Frankfurter Photographie. Weitere Beiträge behandeln die Themen „Sehnsuchtsbilder,“ „Kunstfotografie,“ „Albert Renger-Patzsch,“ die „tschechische Avantgarde“ und den subjektiven Blick.“
Ein Buch, das jeder an Photographie Interessierte haben sollte und das Studenten in qualitätsvoller weise ermöglicht sich mit ihrem Studiengegenstand auseinanderzusetzen! (DB)
(Ausstellung im Städel Museum in Frankfurt vom 9. Juli bis 5. Oktober 2014)

 

Heinrich Kühn
Das bedrohte Paradies

Südtiroler Landesmuseum für Kultur- und Landesgeschichte
ISBN: 9-788895-523057; 24 Euro 
zu beziehen über: M_info@schlosstirol.it

Die gleichnamige Photoausstellung schlug 1896 – so konstatierten Zeitgenossen – „wie eine Bombe“ ein. Heinrich Kühn aus Berlin zeigte auf der Internationalen Ausstellung für Amateur-Photographie seine Werke, die sich durch eine radikale Reduktion auszeichneten und in den feinen Abstufungen der Tonwerte von Hell und Dunkel herausragend waren. Man spürte, dass für die Photographie eine neue Zeit angebrochen war.
(Ausstellung: Südtiroler Landesmuseum für Kultur- und Landesgeschichte Bozen, 30.05. - 30.11.2014)


Austrian Fashion Design
271 Seiten
Christian Brandstätter Verlag
ISBN 978-3-85033-757-1; 39,90 Euro

Mode transportiert Lebensgefühl, ist Ausdruck von gesellschaftlichen Strömungen und bringt Zeitgeist sichtbar auf den Punkt. Wien war nie Modestadt im klassischen Sinn wie Paris, London oder New York, doch in den letzten Jahren hat sich Wien mehr und mehr einen eigenständigen Platz in der Modewelt geschaffen. Eine Reihe Wiener Mode-Persönlichkeiten, unter ihnen Emilie Flöge oder Rudi Gernreich, errangen weltweite Modebedeutung, andere sind bis heute unbeleuchtet oder namenlos geblieben. In den 1980er Jahren entwickelte sich in Wien erstmals wieder eine Modeszene, die sich international messen wollte und der regionalen Verstaubtheit den Kampf ansagte. Helmut Lang eroberte Anfang der 1990er die Modepresse in Paris und die Modeindustrie Mailands zugleich.
Austrian Fashion Design bietet einen Streifzug durch die außergewöhnliche Geschichte der österreichischen Modeszene, von der Historie bis hin zu den heutigen Shooting Stars wie Peter Pilotto, Marios Schwab oder Lena Hoschek. Ein Buch über die Hintergründe der österreichischen Mode, ihre Entwicklung, ihre Trends, ihre Chancen.

 

Peter Walther
Der Erste Weltkrieg in Farbe

384 Seiten, mit etwa 320 Farbbildern
Taschen Verlag
ISBN 978-3-8365-5417-6; 39,99 Euro

Die verheerenden Ereignisse des Ersten Weltkriegs wurden an allen Fronten in unzähligen Photographien festgehalten. Seither sind Tausende von Büchern mit Schwarz-Weiß-Photos über die „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ erschienen. Weit weniger bekannt sind jedoch die seltenen Farbaufnahmen, die eine kleine Gruppe von Photographen mit dem erst kurz zuvor erfundenen Autochrom-Verfahren vom Ersten Weltkrieg anfertigte.
Anlässlich des 100. Jahrestages des Kriegsausbruchs werden in dem neuen, im Taschen-Verlag, Köln, erschienenen Band zum ersten Mal die eindrucksvollen, durchgehend farbigen Aufnahmen vom Geschehen an der Front und im Hinterland gezeigt. Zusammengetragen aus Archiven in Europa, den Vereinigten Staaten und Australien vermitteln mehr als 320 Farbphotographien ein neues Bild der wichtigsten Ereignisse dieser Epoche – von der Mobilmachung im Jahr 1914 bis zu den Siegesfeiern in Paris, London und New York 1919. Die Kriegsjahre sind untergliedert in die Kapitel „1914 – Am Abgrund“, „1915 – Erstarrte Fronten“, „1916 – Das große Morden“, „1917 – Das Entscheidungsjahr“ und „1918 – Frieden ohne Dauer“. Da das Autochrom-Verfahren relativ lange Belichtungszeiten erforderte, zeigen die Bilder zumeist sorgfältig komponierte Szenen, die in Frontnähe aufgenommen wurden. Zu sehen sind ergreifende Gruppenporträts, Soldaten, die sich auf ihren Einsatz in der Schlacht vorbereiten, und vom Geschützfeuer verwüstete Städte und Landschaften. Zugleich geben die Bilder einen Einblick in den Alltag der Menschen und die Schrecken, denen sie ausgesetzt waren. Die Aufnahmen lassen die schicksalhaften Momente, die ein Jahrhundert zurückliegen, in authentischen Farben lebendig werden.
Für an der Geschichte der Photographie Interessierte hat der Autor Peter Walther unter dem Titel „Zum ersten Mal in Farbe“ außerdem die Farbphotographie von ihren Anfängen durch den schottischen Physiker James Clerk Maxwell im Mai 1861 über die Interferenzmethode, die Dreifarbenphotographie und das Photochrom-Verfahren bis hin zur Photographie mit Autochrom-Platten der Brüder Lumière ausführlich beschrieben. (vZ)

 

Volker Jakob und Stephan Sagurna,
Front 14/18

Der Erste Weltkrieg in 3D
240 Seiten, 242 Abbildungen
Tecklenborg Verlag
ISBN 13: 978-3-944327-18-1; 24,80 Euro

Die Alltagsrealität in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs steht im Zentrum dieses Bildbandes, der anhand bisher unveröffentlichter Photographien neue Einsichten in eine kollektive Katastrophe vermittelt, deren ganzes Ausmaß sich uns erst jetzt, 100 Jahre danach, voll erschließt. Es sind sehr seltene, verstörende, von zwei jungen deutschen Frontoffizieren, Karl Bußhoff und Otto Mötje, aufgenommene stereoskopische Bildfolgen, die uns, den Nachgeborenen, dieses Inferno in besonderer Weise unverstellt und in räumlicher Tiefe dreidimensional nahe bringen.

 

Felix Axster
Koloniales Spektakel in 9 x 14

Bildpostkarten im Deutschen Kaiserreich
248 Seiten, farb. Abb.
transcript Verlag
ISBN 978-3-8376-2209-6; 29,99 Euro

Um 1900 wurde die Bildpostkarte zum Massenmedium. Ihre Beliebtheit verdankte sie insbesondere ihrem Charakter als Gegenstand des alltäglichen Gebrauchs; die meist bunten Bilder wurden beschriftet, verschickt, gesammelt und getauscht. Auch koloniale Motive zirkulierten in bis dahin ungekannten Ausmaßen und trugen wesentlich zur Etablierung und Popularisierung kolonialen Wissens sowie zur kolonialen Formierung des Alltags bei. Felix Axsters anschauliche Untersuchung beleuchtet das Verhältnis zwischen Bildpostkarten der Kolonialzeit und ihrer spezifischen Nutzung und fragt nach den Konsequenzen, die heute zu ziehen sind: Wie ist gegenwärtig mit dem historischen Bildmaterial umzugehen, das in einer Geschichte von Gewalt und Zwang wirkmächtig wurde?

 

(Mis)Understanding Photography
mit einem Einleitung von Florian Ebner (DGPh)

288 Seiten
Folkwang/Steidl
ISBN 978-3-86930-765-7; 18 Euro

Das Buch ist ein wichtiger, informativer und kontroverser Beitrag zu der Frage was ist “künstlerische” Photographie? Würde ein Kunsthistoriker Dürers Hasen als weniger oder gar nicht künstlerisch einstufen, nur weil der Hase realistisch dokumentarisch dargestellt ist?? Warum also die Klassifizierung “Dokumentarisch in der Photographie als Abgrenzung zu „künstlerischen Photographie“?
Die Autoren im Buch stellen folgende interessante Thesen auf: Was ist in der Photographie der künstlerische Akt? Das Negativ, der positive Papierabzug oder gar die digitale Datei? Nicht klar wird dabei die Abgrenzung zu der medialen Art der Photographie (Stil) und der technischen Umsetzung (Handwerk). Ein dritter Aspekt betrifft das Bild der Vorstellungskraft, das im Moment des Sehens nicht medial realisiert wird. Herbert List sprach dabei für sich von den nicht belichteten Motiven! Künstlerische Photographie ist ganz sicher ein besonderer Akt des Sehens/der Wahrnehmung (der Welt) und dessen mediale Umsetzung um diese Wahrnehmung auch anderen (Betrachter) zu ermöglichen. Dieser kreative Akt ist von der konkreten Photographie siehe oben unabhängig.
Das Folkwang Museum wird mit dieser Publikation seinem besonderen Stellenwert (Otto Steinert, Ute Eskildsen) gerecht, indem es sich mit stilistischen und photogeschichtlichen Fragen auseinanderzusetzt. Zudem besteht für dieses Projekt im Bereich „Manifeste“ eine Kooperation mit dem Fotomuseum Winterthur, die Ausstellung wird gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes und die Kunststiftung NRW. Ob die abgebildeten Beispiele nicht zu sehr verkopft sind, muss jeder Leser für sich entscheiden. Es gibt andere prägnantere Beispiele, denn es wird eine Abbildung nicht zur „Kunst“ weil sie keiner versteht! Was die Publikation nicht leistet, ist die klare stilistische Abgrenzung von der künstlerischen Photographie zur Photographie „Bildender Künstler,“ die mit Photographie ihre Projekte umsetzen, dies aber auch mit Zeichnung oder Video realisieren könnten. Gerade diese Diskussion wäre aber wichtig gewesen, da die Ausstellungskonzeption für sich in Anspruch nimmt, einen Blick auf das Medium (Photographie) aus der Wahrnehmung der Künstler zu werfen. Daraus ergibt sich folgerichtig die künstlerische Aktivität aus dem anderen Sehen und dessen Umsetzung für die Rezeption durch Andere (Besucher)! So wie Karl Marx es einmal für die Philosophie definiert hat: “Die Philosophen haben die Welt nicht neu erfunden, sonder nur immer anders interpretiert.“ Das gilt auch ohne Abstriche für den Künstler (Maler, Photographen, Bildhauer) gemäß seiner Zeit und Positionierung. Thomas Ruff hat dies in einem Interview zu seiner neuesten Werkgruppe klargestellt: „Ich bin nicht Photograph, sondern Künstler und muss mich nicht an photographische Regeln halten.“ Ergo sind seine Werke auch keine künstlerischen Photographien! Kunst statt Photographie, ein Dogma, dass wir glaubten vor 100 Jahren bereits überwunden zu haben. (DB)
(Ausstellung: Museum Folkwang, Essen, 14.06. - 17.08.2014)