AUFBRÜCHE
Bilder aus Deutschland

Fotografien aus der Sammlung Fricke (DGPh)
Herausgegeben von Sylvia Böhmer (DGPh)
120 Seiten mit zahlreichen schwarz/weiß Abbildungen
Aachen, Suermondt-Ludwig Museum
ISBN 978.3.929203776; 22.- Euro

Mit etwa 110 Photographien aus der Privatsammlung Fricke, allesamt dem Thema Deutschland gewidmet, umfasst die Ausstellung und der begleitende Katalog "Aufbrüche – Bilder aus Deutschland" die Zeit des Neuanfangs in den Ruinen, des Wirtschaftswunders, das Leben im zweigeteilten Berlin und den Alltag in der jungen bundesdeutschen Republik. Auch das aufkeimende politische Bewusstsein der Endsechziger und 1980er Jahre findet seinen Widerhall in den Exponaten, die mit dem historischen Moment der Wiedervereinigung abschließen. Neben berühmten photographischen Wegbegleitern dieser Zeit wie Robert Lebeck oder Barbara Klemm ist René Burri als Beobachter von außen vertreten. Sibylle Bergemann und Arno Fischer waren nicht nur Vorbereiter der DDR-Photographie, sondern zählen ebenso zu den großen deutschen Photographen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Ausstellung präsentiert zudem Vertreter der jüngeren Photographie, deren frische Sujets einen zusätzlichen Blick auf das große Thema werfen. Als Meilensteine des Photojournalismus sind einige der gezeigten Werke mittlerweile fest im Bildgedächtnis vieler Menschen verankert.Es ist eine sehr persönliche Zusammenschau des Sammlerehepaars Christiane und Karsten Fricke (beide DGPh) und der  Kuratorin Sylvia Böhmer, die 30 Photographen und ihre Werke aus dem umfangreichen Sammlungskonvolut ausgewählt haben. Auch wenn die Photographien ihren dokumentarischen Charakter nicht verleugnen, steht immer das authentische Einzelphoto im Fokus der Präsentation: das inhaltlich wie formal überzeugende Bild. (Ausstellung AUFBRÜCHE läuft bis zum 06. Oktober im SUERMONDT-LUDWIG MUSEUM in AACHEN)

 

Harald Hauswald
Vor Zeiten

248 Seiten mit 200 Duotone-Abbildungen
Lehmstedt Verlag
ISBN 978-3-942473-66-8; 29,90 Euro

Für viele mag die DDR inzwischen ein Land aus grauer Vorzeit sein – für andere ist sie ein immer noch naher Ort der Erinnerung, weil sie »vor Zeiten« hier aufgewachsen sind oder hier prägende Jahre ihres Lebens verbracht haben. Harald Hauswald hat mit seinen markanten Schwarz­weiß-Photographien diese Erinnerung bereits nachhaltig mitgeprägt. Der Band verknüpft nun rund 100 der schönsten und eindrücklichsten Aufnahmen aus seinem publizierten Œuvre mit ebenso vielen Photographien aus seinem Archiv, die zuvor noch nie zu sehen waren. Gemeinsam zeichnen sie ein dichtes Bild des Lebens in der DDR, jenseits aller Parolen, voller Anteilnahme und Sympathie mit den Leuten, die ihr Leben unter oft schwierigen Verhältnissen bewältigten, zugleich aber voller Ironie gegenüber ­einem Staatwesen, dem er von Anfang an kritisch gegenüber stand.

 

Brassaï
Flaneur durch das nächtliche Paris

312 Seiten, 300 Abbildungen in Duotone
Schirmer/Mosel
ISBN: 978-3-8296-0630-1; 68 Euro

Brassaï (1899–1984) war der erste und ist bis heute der berühmteste Chronist des nächtlichen Paris. Als der vielseitig begabte gebürtige Ungar 1924 nach Frankreich kam, stürzte er sich nicht nur mit Begeisterung in das Pariser Nachtleben, sondern begann auch bald, auf seinen nächtlichen Streifzügen durch die Stadt zu photographieren. Kaum zehn Jahre später, 1932, erschien sein Buch Paris de Nuit, das ihn schlagartig berühmt machte – ein Klassiker der Photoliteratur und phototechnisch gesehen eine damals unerhörte Meisterleistung. Das Licht, die Existenzbedingung jeder Photographie, reduziert sich in Brassaïs Bildern auf ein paar Bühnenscheinwerfer oder Lampen in den einschlägigen Etablissements, auf spärlich erleuchtete Fenster, eine Straßenlaterne im Nebel, Reflexe auf regennassem Asphalt …
Die großzügige Schenkung von Brassaïs Witwe 2002 an den französischen Staat und die Versteigerung seiner Werkstatt 2006 förderten weiteres Bildmaterial zu Tage und riefen Spezialisten und Photohistoriker auf den Plan. Ergebnis ihrer Arbeit ist dieses große Brassaï-Buch, das sich auf seine Nachtbilder der 30er Jahre konzentriert. Angesiedelt zwischen Reportage, Sozialdokumentation und poetischer Vision, ist Brassaïs nächtliches Paris der Zwischenkriegszeit vor allem auch ein Meilenstein in der Geschichte der Photographie des 20. Jahrhunderts.

 

Carlos Crespo
Badain Jaran

156 Seiten, 102 Triplex-Abbildungen
Scheidegger & Spiess
ISBN 978-3-85881-382-4; 68 Euro

Badain Jaran ist eine der entlegensten und unbekanntesten Gegenden der Welt: 50 000 Quadratkilometer endloser Weite im Grenzgebiet zwischen China und der Mongolei, unzählige Salzseen und über 500 Meter hohe Sandberge zeichnen die Teilwüste der Gobi aus. Zwischen 2009 und 2012 photographierte Carlos Crespo in mehreren strapaziösen Expeditionen diese einzigartige Ödnis und lernte dabei die am Rand der Wüste lebenden Hirten kennen. Dieser Bildband versammelt seine ausdrucksstarken Landschaftsphotographien und die Porträts der mongolischen Wüstennomaden. In ihrer visuell reduzierten Form entführen Crespos Schwarzweissaufnahmen die Betrachtenden in die mystische Welt dieser fernen Wüste und lassen erahnen, wie wichtig die Erhaltung solcher menschenleerer Gebiete ist.

 

Grand Tour   
Mit Goethe durch das alte Italien

144 Seiten, 64 Abb., 33,80 x 48,80 cm
Hatje Cantz Verlag
ISBN 978-3-7757-3618-3; 98 Euro

»Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn, im dunkeln Laub die Goldorangen glühn …« Eine Reise nach Italien galt im 17. und 18. Jahrhundert als unverzichtbarer Bestandteil der Erziehung junger Männer aus gutem Hause. Beschwerliche Kutschfahrten führten sie nach Florenz, Venedig, Rom und Neapel. Künstler folgten ihnen bald, und so führte 1786 bis 1788 auch Johann Wolfgang von Goethe die Sehnsucht gen Süden. Goethes Italienische Reise vermittelt sehr lebendig seine tiefe Begeisterung, schildert aber auch einen bereits gut organisierten frühen Tourismus. Nur siebzig Jahre später hielten erste Photographen Stationen der Grand Tour auf silberbeschichteten Platten fest. Carlo Naya (1816–1882) oder dem, wie Goethe, aus Frankfurt am Main stammenden Giorgio Sommer (1834–1914) gelangen ungemein poetische Ansichten von Markusplatz, Kolosseum, Rauch spuckendem Vesuv und schönen Fischerinnen auf Capri. – Zeigen die träumerischen Bilder uns, was Goethe sah?
Der Band im XL-Format stellt Goethe-Zitate den entsprechenden Photographien gegenüber.

 

Isabella Berr
Walking Dreams

128 Seiten mit 62 farbigen Abbildungen
Hirmer Verlag
ISBN 978-3-7774-2083-7; 49,90 Euro

Die Photographien von Isabella Berr muten an wie Traumsequenzen in einem Zustand der Erstarrung. Entstanden im öffentlichen Raum, fast wie im Vorübergehen, sind ihre Bildräume jedoch sorgfältig ausgewählt und die zufällig anwesenden Personen werden wie auf ihrer Bühne unbewusst zu Akteuren. Durch Unschärfe entfaltet Isabella Berr in ihren geheimnisvoll wirkenden Arbeiten gezielt eine unaufdringliche Intensität, die im Betrachter Erinnerungen an vertraute Orte und Menschen hervorruft. Sie rückt ab von der Photographie als einer technischen Reproduktion der Realität und nähert sich teilweise der Malerei. So halten die in dem neuen Bildband versammelten Werke im Blick nach außen ihre inneren Gefühle und Empfindungen fest. 1963 in Schongau geboren verschrieb sich Isabella Berr 2002 nach ihrer Ausbildung und Tätigkeit als Photographin vollständig einer eher künstlerischen Sichtweise. Seitdem ist sie mit ihren photographischen Arbeiten regelmäßig in Einzel- und Gruppenausstellungen, in Museen und auf Kunstmessen vertreten. (vZ)

 

Pixelprojekt_Ruhrgebiet
Neuaufnahmen 2012/2013

126 Seiten, ca.180 Photographien
Verlag Pixelprojekt; 14,50 Euro

Der Katalog zur diesjährigen Ausstellung zeigt die Neuaufnahmen und ist zugleich ein Resümee zum zehnjährigen Bestehen dieses von Peter Liedtke (DGPh) initiierten Projektes mit Autorenphotographie. Die Textbeiträge von Florian Ebner (DGPh, Folkwang Museum) und Peter Liedtke (DGPh, Bildsprachen) machen deutlich, wie aus unterschiedlichen Themen und Herangehensweisen ein komplexes Gesamtbild der Region entsteht, das zugleich aktuelle künstlerische Entwicklungen widerspiegelt. Die regelmäßig auch aufgenommenen Serien der 50er und 60er Jahre in klassischer SW-Photographie machen im Gesamtzusammenhang deutlich, dass der Photographie mit künstlerischer Konzeption eine neue Bedeutung zuwächst, die im gewissen Sinne in der Tradition der FSA (Walker Evans, Dorothea Lange) und dem Deutschland Projekt von Otl Aicher steht. Letzteres hatte auch zwei bemerkenswerte Bände (Text und Photographie) zum Ruhrgebiet.
Florian Ebner betont in seinem Beitrag die Qualität und Anzahl der gezeigten Portfolios, die wie bereits Albert Renger-Patzsch und Anton Stankowski in den 1920er Jahren das Interesse an der Übersetzung der Industrielandschaft in strukturierte konzeptuelle Bilder (Milieustudien, Nicht Orte [Marc Augé]) zeigen.
Peter Liedtke (DGPh) legt in seinem Text dar, dass wenn die Autorenphotographie in die konzeptuelle Serie mündet, dann ist es folgerichtig, die tiefgründigen und relevanten photographierten Serien in einem Archiv (Pixelprojekt) zusammenzufassen, sozusagen dem kollektiven Gedächtnis des RUHRgebietes. Eindrucksvoll beschreibt er, wie aus seiner Idee ein Projekt entstand, das nicht nur künstlerische Photographen zeigt, sondern auch die Bedeutung photographischer Sichtweisen für stadtplanerische Prozesse (z.B. Strukturwandel, Emscher Umbau). Dabei hat er bei Vorträgen festgestellt, dass die Adaption des Pixelprojekt in anderen Regionen schwierig ist. Dies ist sicher dem Tatbestand geschuldet, dass das Ruhrgebiet eine besondere photographische Tradition hat, deren Eckpunkte Albert Renger-Patzsch und Otto Steinert sind. Sein Engagement zeigt sich auch in der Konzeption des Katalogs, der für PhotographenInnen gemacht ist. Texte ordnen sich dem Bildteil unter, ausführlich werden die Serien vorgestellt mit Kontaktdaten der PhotographenInnen. Insgesamt ein wichtiger Beitrag zur Photographie, nicht nur im Ruhrgebiet. (DB)
(Ausstellung: Wissenschaftspark, Gelsenkirchen bis zum 31.08.2013)

 

Ullrich Wallenburg (DGPh)
Die andere Sicht

128 Seiten, 96 ganzseitige Abb.
Edition Kunst+Medien
ISBN: 978-3-00-041864-8; 26 Euro

Der Kunstwissenschaftler Ullrich Wallenburg, der sich auf den Gebieten Plakat und Photographie als Theoretiker mit internationalem Renommee einen Namen gemacht hat, begibt sich seit nunmehr sieben Jahren als einst gelernter Photograph auf alte Pfade. In kurzer Zeit hat er mit dem analogen als auch digitalen Medium ein beachtliches Werk geschaffen, das der Konkreten Kunst sehr nah steht. Die Wurzeln dafür sind wohl in sehr frühen Begegnungen mit dem Konstruktivismus eines El Lissitzky zu suchen. Nun drängt es ihn, seine eigenen Bilder zu schaffen. Allerdings komponiert oder konstruiert er nicht seine Spannungsfelder von Linie und Form, sondern er findet und erfindet sie im realen Umfeld des Lebens. Er bedient sich der Natur und der vom Menschen erzeugten Kultur, der er Ausschnitte, Segmente entnimmt, wie wir sie im pulsierenden Alltag selbst kaum wahrnehmen. Ullrich Wallenburg spürt so die versteckte Ästhetik des Details auf. Vor allem ist es die Architektur, der er aus ganz besonderem Blickwinkel und ungewöhnlichen Perspektiven entgegentritt. Struktur und Textur des im Ausschnitt photographierten Materials spielen dabei eine wesentliche Rolle. (Jörg-Heiko Bruns)
(Ausstellung: Hallescher Kunstverein, 22.09.-20.10.2013)

 

Le grand bordel
Photographie Gerd George
Rezepte Stephan Hippe/Boris Krivec
Text Judith Stoletzky
232 Seiten, Großformat 24,5 x 31 cm,
ca. 120 Fotos
Becker, Joest, Volk Verlag
ISBN: 978-3-938100-84-4; 37 EUR

Ein Ausstellungsbuchprojekt über das Essen, die Freundschaft und die Mafia, über Maler, Dichter und Monsieur Nicolas Polverino, selbstbewusste Haushälterinnen, den Kommunismus und Sartre, Monsieur Dior, das Klempnerhandwerk, die Schönheit der Frauen und die des Lichts, über Steilkurven und Savoir survivre und die höchst bemerkenswerten Wogen, auf denen die Rezepte von Picassos Haushälterin von der Côte d`Azur an die Elbe schwappten. Anlässlich des Erscheinens des Buchs „Le Grand Bordel“ wurden erstmalig die Aufnahmen aus dem Werk von Gerd George präsentiert. Zu sehen sind szenische Stillleben, die in großen Tableaux Geschichten erzählen, etwa wie es dazu kam, dass heute in Hamburg genau das gekocht wird, was Picasso 30 Jahre lang vorgesetzt bekam. Sie zeigen, wie es gewesen sein könnte, damals, in den 50ern und 60ern an der französischen Riviera. Und erzählen fabelhafte Geschichten von gemeinsamem Essen und Trinken, von Freundschaften, von Südfrankreich und Hamburg-Ottensen – aufwendig, liebevoll und fantastisch inszeniert.
Die verspielten Sujets servieren nicht die historische Wahrheit, sie inszenieren eine Phantasie, die der Photograph und seine Komplizen, die Autorin Judith Stoletzky und die Art Direktorin Ursula Ritter gemeinsam ausgeheckt und mit der Stylistin Elke Rüss in Szene gesetzt haben. Die Geschichten, die Georges Photographien erzählen, entstanden entlang der kleinen Anekdoten, die Stephan Hippe und Boris Krivec von der Brasserie La Provence zu erzählen hatten und auf Basis von Recherchen der Autorin – und gar nicht mal so selten sind die Szenen frecherweise frei erfunden.

 

Wahlverwandtschaften
Papier und Fotografie

80 Seiten, ca. 50 Photographien
Verlag Kettler (Bünen)
ISBN 978-3-939227-34-2; 16 Euro

Mit der Präsentation der Ausstellung »Wahlverwandtschaften Papier und Fotografie« knüpft die Städtische Galerie Villa Zander an die eigene Sammlung an. Goethe übertrug die Anziehung und Verwandtschaft zwischen chemischen Elementen auf das Spannungsfeld gesellschaftlicher Beziehungen. Und die Ausstellung zeigt die unerwarteten Beziehungen/Verwandtschaften zwischen Photographie und Papier - das in der aktuellen Photographie ein geschätztes Sujet ist.
Ausgestellt und im Katalog gezeigt werden Positionen und Werke, in denen Papier Motiv oder Ausgangspunkt künstlerischen Gestaltens ist. Dabei übernimmt die kulturelle Prägung des Betrachters eine wichtige Rolle.
Von besonderem Interesse im Katalog sind dabei die Gespräche, die die Kuratorinnen mit den KünstlerInnen geführt haben, da sich hierbei der Leser/Betrachter sehr gut in die Intentionen des Photographen hineindenken kann. Herauszuheben ist das Gespräch, das Dr. Petra Oelschlägel mit Klaus Hansen führt, und in dem Photographie als „Abbild einer klar definierten Wirklichkeit“ in der eine Geschichte definiert wird, damit wird der Dialog von Photographie und Papierobjekt klar herausgearbeitet. Der Katalog entspricht in Druck- und Papierqualität dem Anspruch des Hauses Zander, ist sehr gut typografisch gestaltet, und somit auch eine Anerkennung für den Druckverlag Kettler (Bünen). (DB)
(Ausstellung: Museum Villa Zander, Bergisch Gladbach bis zum 15.09.2013)